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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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in mein Quartier
zurück. Es war ein langer, schwerer Tag, und morgen beginnt
meine Orientierungstour.«
    Du könntest hierbleiben, dachte David. Doch er sagte:
»In Ordnung, ich bringe Sie nach Hause.«
    Er ging ins Bad, um frische Shorts und ein frisches Sporthemd
anzuziehen. Als er herauskam, fragte Evelyn plötzlich: »Wir
werden wohl nicht den ganzen Weg zu Fuß zurücklegen
müssen?«
    Er bemerkte den fast ängstlichen Ausdruck in ihrem Gesicht
und erwiderte lachend: »Nein… nein. Ich habe ein Motorrad.
Machen Sie sich keine Sorgen.«
    Sie stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus, dann
nahm sie ihren Beutel und hängte ihn über die Schulter,
während David die Haustür öffnete und für sie
offenhielt.
    Draußen war es Nacht. Die Spiegel vor den Solarfenstern der
Kolonie waren in eine andere Richtung geschwenkt. Als David die
Haustür ins Schloß fallen ließ, standen sie in
völliger Finsternis.
    »Keine Sterne«, hörte er Evelyn murmeln. »Ich
kann überhaupt nichts sehen.«
    Er nahm ihren Arm. »Ist schon gut. In wenigen Minuten werden
sich Ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben.«
    Sie standen schweigend da. Schließlich sagte David:
»Sehen Sie? Dort links über Ihnen und etwas weiter
oben… die Lichter einer Siedlung. Und direkt über Ihnen,
das ist eine Einkaufs arkade. Dort unten liegt Ihr
Apartment-Komplex.«
    »Das ist… ja. Ich kann es sehen.« Ihre Stimme klang
körperlos schattenhaft, bebend und nervös.
    David versuchte sie zu beruhigen. »Manche Leute haben aus den
Lichtern über ihren Köpfen Konstellationen gemacht…
Sie wissen, da werden die Lichtpunkte zu Bildern
zusammengefaßt, wie man das bei diesen Zeichnungen tut, wo man
einzelne Punkte miteinander verbindet. Irgend so ein Heini hat sogar
versucht, aufgrund solcher Bilder Horoskope aufzustellen.«
    Sie blieb ernst.
    »Jetzt bleiben Sie hübsch hier stehen und rühren
sich nicht vom Fleck. Ich gehe und hole das Motorrad. Es steht nur
ein paar Schritte weiter.«
    »In Ordnung.« Aber es hörte sich nicht sehr
zuversichtlich an.
    David ging halb um seinen ›Felsen‹ herum und streckte
die Hand nach dem Schalter der Garagentür aus. Ist es
möglich, daß es auf der Erde niemals stockfinster wird?
Ich dachte, die Städte wären stets so dicht in Smog
eingehüllt, daß man die Sterne nicht sehen kann. Das
Garagentor glitt zurück, und das fluoreszierende Licht der
Wände erhellte den Raum. Evelyn lief zu ihm und stand im blassen
Licht, während er das Motorrad aus dem engen,
schrankgroßen Raum hinausschob.
    »Es ist kein Zweisitzer«, sagte er. »Sie
müssen hinten aufsitzen und sich festhalten.«
    »Besser als laufen«, meinte sie.
    David schwang ein Bein über den Sattel, setzte sich und half
dann Evelyn aufs Motorrad. Sie mußte ihren knielangen Rock
raffen, um rittlings aufzusitzen.
    »Fertig?«
    Sie legte beide Arme fest um ihn. Es gab nichts, wo sie sich sonst
hätte festhalten können. »Fertig«, sagte sie. Ihr
Atem streifte seinen Nacken.
    David betätigte den Anlasser, und der Elektromotor begann zu
surren. Er stützte sich auf die Lenkstange, schaltete, und nun
rollten sie den gleichen Weg bergab, über den sie am Nachmittag
heraufgekommen waren.
    »Wollen Sie die Garagentür nicht
schließen?«
    »Nicht nötig«, sagte er und hob die Stimme, um den
Fahrtwind zu übertönen, der ihm ins Gesicht blies.
»Sie wissen doch, hier gibt es keine Diebe.«
    »Warum auch?« gab Evelyn zurück.
    Das Motorrad fuhr nicht schnell, aber die Bewegung tat gut, es war
gut, den Wind zu spüren, ihre Arme, die sie um ihn gelegt hatte,
die Wange an seinem Rücken. Sie fuhren schweigend dahin, der
Motor summte, der Scheinwerfer streute eine Handvoll Licht in die
sonst finstere Landschaft.
    Einem plötzlichen Impuls folgend bog David von der
Hauptstraße ab und holperte über eine Nebenstraße.
»Da ist etwas, was Sie sehen müssen«, rief er
über die Schulter. »Sie schienen enttäuscht zu sein,
daß Sie aus dem Innern der Kolonie keine Sterne sehen
konnten.«
    »Ich muß nach Hause«, sagte sie.
    »Das sind höchstens ein paar Minuten.« Sie befanden
sich jetzt auf einer leichten Steigung, einem Weg, der in mehreren
Spitzkehren entlangführte und den steilen Abhang mehrfach
kreuzte. David wußte, daß er den Weg über die
Steigung abschneiden konnte, wenn er die Reservebatterie
einschaltete. Doch niemals bei Nacht, und schon gar nicht mit einem
Sozius, der leicht aus dem Sattel geschleudert werden konnte.
    Schließlich

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