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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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murmelte Evelyn.
    Sie standen beieinander, als der Mond langsam an ihnen
vorüberzog. David nannte einige Namen, die ihr so gut wie nichts
sagten, wie: ›Physikerwinkel‹, wo die Krater Einstein,
Röntgen, Lorentz und andere dicht beieinander lagen; die hellen
Strahlen von Tycho; die zerklüfteten Hochlandberge, die hell
glitzerten; das flache, dunkle Gebiet des Ozeans der Stürme, der
gegen das Hochland brandete.
    Schließlich entschwand der Mond ihrem Blick, und die Kuppel
war wieder in Finsternis getaucht, nur die Sterne wachten über
ihnen.
    David hielt Evelyn in seinen Armen und küßte sie.
Für einen atemlosen, stummen Augenblick schmolz sie in seiner
Umarmung dahin. Dann machte sie sich vorsichtig los.
    »Nun muß ich aber wirklich zurück.« Es klang
fast wie eine Entschuldigung.
    Einen Herzschlag lang glaubte David sie an sich drücken zu
müssen, doch dann hörte er sich sagen: »Schon gut.
Gehen wir wieder zum Motorrad.«
    »David, es war herrlich. Ich danke Ihnen.«
    Er zog die Luke auf. »Ich habe Ihnen zu danken«,
erwiderte er.
    »Wofür denn?« fragte sie überrascht.
    »Weil Sie es genossen haben.«
    Sie erschauderte, während sie zum Motorrad gingen.
    »Ist Ihnen kalt?«
    Evelyn nickte und schlug die Arme um sich. »Sie sagten doch,
daß es hier oben nie richtig kalt wird.«
    »Es ist nicht kalt. Aber da.« Er öffnete den
Reißverschluß der Satteltasche am Rad und zog einen
Poncho aus Ziegenhaar hervor. »Ziehen Sie das an. Ich
möchte nicht, daß Sie sich bereits in der ersten Nacht
erkälten.«
    »Insbesondere, nachdem ich eine Woche in Quarantäne
verbracht habe«, sagte Evelyn, »bevor man mich
rausließ.«
    Sie streifte den Poncho über den Kopf. »Was ist mit
Ihnen?«
    »Ich erkälte mich nie«, sagte David. »Ich bin
immun.«
    »Immun?«
    Er nickte, während er das Motorrad startete. »Man hat
mich gegen alle nur denkbaren Krankheiten von Grund auf immun
gemacht.«
    Das Motorrad begann zu rollen, und Evelyn klammerte sich an seinen
festen, muskulösen Körper. Sie verbarg ihr Gesicht an
seinem breiten Rücken und dachte: Er ist es, ohne Zweifel.
Alles, was ich jetzt zu tun habe, ist, ihn dazu zu bringen, daß
er aus sich rausgeht. Sie rieb ihre Wange an seinem Rücken. Das dürfte allerhand Spaß machen.
     
    Als sie die Siedlung erreichten, wo sich die Verwaltungsstellen
und die Apartments befanden, hielten sie unter einer der mild
scheinenden Straßenlampen an. Evelyn kramte in ihrer Handtasche
und holte ihren Ausweis heraus, auf dem die Adresse ihres Wohnsitzes
verzeichnet war.
    »Die haben mich heute morgen im Eiltempo abgefertigt«,
murmelte sie, während sie den Inhalt ihrer Tasche
durchwühlte. »Ich hatte nicht einmal Zeit, Luft zu holen,
bevor mich Cobb anrief… Ach, da ist er ja!«
    David prüfte die Adresse und die Nummer des Apartments, dann
fuhr er weiter durch stille Straßen bis zu einem schönen,
fünfstöckigen Gebäude mit flachem Dach und Baikonen,
das irgendwie in der Luft zu schweben schien. Die Fenster der
Siedlung waren hell erleuchtet, doch war kaum jemand auf den
Straßen zu sehen, obwohl es nach terranischen Begriffen noch
nicht spät war.
    Evelyn sagte nichts, als David sie durch die Halle des
Apartmenthauses zu dem einzigen Fahrstuhl führte.
    Sie gingen bis an ihre Tür, und sie öffnete sie, indem
sie kurz auf das Namensschild tippte.
    »Möchten Sie einen Tee oder sonstwas? Ich weiß
nicht, was in meiner Küche bereitsteht.«
    »Wahrscheinlich ist es echter Kaffee«, sagte David.
»Wir pflanzen unseren eigenen Kaffee, müssen Sie
wissen.«
    »Ich bin keineswegs überrascht.« Sie zog den Poncho
aus und ließ ihn auf die Wohnzimmercouch fallen. Dann wies sie
auf die Koffer, die direkt hinter der Schlafzimmertür standen:
»Ich habe noch nicht einmal Zeit zum Auspacken gehabt.«
    David sah, daß das Bett bereit gemacht war, um sofort
benutzt zu werden.
    »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick«, sagte Evelyn
und eilte ins Schlafzimmer. Einen Moment später kam sie
lächelnd heraus. »Sie haben recht. Im Bad ist zwar so ein
Schallgerät vorhanden, aber weder Wanne noch Dusche.«
    »Das muß man Ihnen doch bei den
Orientierungsvorträgen gesagt haben«, meinte David.
    »Ich glaube, ich habe nicht besonders
aufgepaßt.«
    David saß auf der Couch und faltete den Poncho zusammen,
während sich Evelyn an der Kaffeemaschine zu schaffen machte. Es
war ein kleines Apartment, typisch für einen Zugereisten:
Schlafzimmer, Wohnzimmer, Kochnische, Bad. Keine Extras.

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