Die Kolonie
erster, wobei sein rundes, flaches
Gesicht nichts von einer inneren Regung verriet. »Für uns
ist es unmöglich, Untersuchungen über unerlaubte
Wettermodifikationen durchzuführen, während mein Volk vom
Bürgerkrieg zerfleischt wird. Ich kann berichten, daß meine Regierung an solchen Manipulationen nicht beteiligt ist,
wenn wir auch ernsthaft darunter zu leiden haben. Unsere Reisernte
lag um vierzig Prozent unter der vorausgesagten Menge – vierzig
Prozent!«
»Glauben Sie, daß die Taiwaner Ihr Wetter
verändern?« fragte Viktor Andersen, der dänische
Delegierte. Die Brille, die er trug, diente nicht für bessere
Sicht, sondern dem Zwecke, sein Hörgerät zu kaschieren.
Chiu winkte ab. »Nein, nein, sie verfügen nicht
über die erforderliche Technologie. Unsere Wissenschaftler
bleiben gegenüber der Zentralregierung loyal. Taiwan wäre
nie in der Lage, jene geschulten Arbeitskräfte und die
Vorrichtungen auf die Beine zu stellen, die für eine
Wettermodifikation großen Stils erforderlich sind.«
»Wie wahr«, brummte Gamal Al-Hazimi. Er war der geborene
Aristokrat in der Gruppe: ein Scheich mit stolzem Gesicht, der seine
Ahnenreihe bis auf Mohammed zurückführte.
»Aber sie können sich kaufen, was sie brauchen«,
warf Malekoff ein. »Die multinationalen Konzerne haben keine
Bedenken, Militärtechnologie an den Meistbietenden zu verkaufen.
Vielleicht handeln sie auch mit
Wetter-Modifikationsprogrammen.«
»Das tun sie nicht«, bemerkte Al-Hazimi.
»Können Sie das von allen Multis mit Sicherheit
behaupten?« fragte Malekoff, und ein spöttisches
Lächeln spielte um seine Lippen.
»Von meinen eigenen Firmen kann ich das mit Sicherheit
behaupten, und ich habe auch die Operationen der anderen
Großfirmen unter die Lupe genommen. Die Direktoren dieser
Unternehmen wissen genau, daß Wetterveränderungen nicht
nur illegal, sondern als Waffe auch äußerst unpraktisch
sind. Sie sind nachteilig für das Geschäft und wirken sich
störend auf den Gewinn aus.«
Malekoff gab einen grunzenden Laut von sich, der auch ein Lachen
sein konnte. »Also verzichten die Kapitalisten auf
Wettermanipulationen aus moralischen Gründen. Für sie
bedeutet es eine Todsünde, den Profit zu stören.«
Al-Hazimi erwiderte gelassen: »Aber nicht für
Kommunisten. Es würde gut in die marxistisch-leninistische
Theorie passen, eine verheerende Wirkung auf das Wetter in der Welt
auszuüben, nicht wahr?«
»Aber ganz und gar nicht!« rief Malekoff und lief rot
an.
»Keinen Streit, wenn ich bitten darf«, sagte De Paolo.
Seine Stimme war sanft, doch sie reichte aus, um die Diskussion zu
beenden, bevor sie überhaupt in Schwung kam.
»Darf ich das so verstehen«, fuhr der Direktor fort,
»daß keiner von Ihnen den Nachweis für irgendwelche
illegalen Wettermanipulationen erbringen kann?«
Kowie Boweto, der afrikanische Delegierte, zog die massigen
Schultern hoch, während er sich über den Tisch vorbeugte
und sagte: »Es sind die Firmen – diese großen Multis.
Sie verkaufen keine Wettertechnologie an die einzelnen Nationen,
nein, sie machen selbst davon Gebrauch. Sie sind es, die
diesen Krieg führen – gegen uns! Gegen die
Weltregierung!«
Andersen blinzelte hinter seinen Brillengläsern und meinte:
»Dies ist eine Unterstellung, die jeder Grundlage
entbehrt.«
»Und eine äußerst gefährliche«, sagte
Al-Hazimi. »Wenn Sie damit andeuten wollen, ich hätte die
Unwahrheit gesagt…«
»Aber nicht doch!« konterte Boweto. »Doch die
Mitglieder Ihres Gremiums wissen nur zu gut, daß Sie dem
Exekutivrat der Weltregierung angehören. Glauben Sie, daß
sie Ihnen die volle Wahrheit sagen?«
»Ich habe eine gründliche Untersuchung angestellt«,
beharrte Al-Hazimi mit belegter Stimme.
»Aber sie haben die Möglichkeit, jede Untersuchung zu
unterlaufen. Eine Wetter-Modifikationsgruppe ließe sich in
irgendeinem entfernten Winkel verstecken. Alles, was man braucht,
sind ein paar Leute, ein bescheidenes Instrumentarium und etwas
Computerzeit.«
Jetzt schaltete sich De Paolo ein: »Doch warum sollten diese
Firmen so was tun? Es ist unwahrscheinlich…«
»Weil sie darauf aus sind, die Weltregierung zu
zerstören!« sagte Boweto. »Oder uns zumindest
handlungsunfähig zu machen. Sie wollen die Welt regieren,
und sie haben die Macht und das Geld dazu, wenn wir’s nur
zulassen.«
»Das kann ich einfach nicht glauben.«
Boweto stemmte seine schweren schwarzen Fäuste auf die
Tischplatte. »Warum lassen die Firmen unsere Vertreter
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