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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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ich hätte mich verirrt?«
    »Ich habe Sie noch nie hier gesehen. Sie sind weder Astronaut
noch Fluglotse. An jemanden, der so hübsch ist, würde ich
mich bestimmt erinnern.«
    Evelyn lächelte ihn an, mit jener Art Lächeln, das einen
Mann glauben machte, daß er ihr gefiel.
    »Und Sie sehen auch nicht wie jene Frauen aus, die beim
Bautrupp arbeiten.« Er winkelte die Arme an und schob die Brust
raus, um gewichtiger zu erscheinen.
    Evelyn lachte. »Ich bin neu hier«, sagte sie,
während sie aus dem Zug stieg und auf die Rolltreppe zuging, die
nach oben führte. »Ich arbeite für die
Kommunikationsmedien – Fernsehen und Nachrichten, wissen
Sie.«
    »O ja?« Er lächelte. »Sie wollen eine Story
über uns abenteuerliche Raketenjockeys schreiben?«
    »Ich bin soeben dabei, mir meine Sporen zu verdienen. Doch
sobald meine Orientierungszeit abgelaufen ist…«
    Sie überließ es ihm, den Satz, der eine Art Versprechen
enthielt, zu vollenden.
    »Großartig. Ich heiße Daniel Duvic.« Er
tippte mit dem Zeigefinger auf seine Ausweiskarte.
    Die Rolltreppe schien endlos, eine Ewigkeit aus beweglichen
Metallstufen, die in eine Art unsichtbares Gefängnis zu
führen schienen.
    »Wie reagieren Sie auf Schwerelosigkeit?« fragte Duvic.
»Wir müssen fast bei 0 ge sein, wenn diese Treppe oben
ankommt.«
    »Oh«, meinte Evelyn schwach. »Ich hoffe, ich werde
es schaffen.«
    Sie fühlte, wie ihr Magen wieder wegsackte. Instinktiv hielt
sie sich am gleitenden Handlauf fest.
    »O ja«, lächelte ihr Duvic zu. »Sie werden es
großartig hinkriegen.«
    Natürlich hatte er sich vorgenommen, ihr großer,
starker Beschützer zu sein und faßte sie am Arm. Die
Pille, die ihr der Fremdenführer verabreicht hatte, mußte
gewirkt haben, da es in ihrem Inneren weniger rebellierte. Dennoch
ging sie immer noch wie auf Gummibeinen, als sie schließlich
die Rolltreppe verließen und die Luftschleuse mit ihren
Metallwänden betraten. Ich habe keinen festen Boden unter den
Füßen, meinte Evelyn, obwohl sie den abschüssigen
Boden und die farbigen Velcro-Streifen deutlich erkennen konnte, auf
denen die Schuhsohlen hafteten und das Gehen erleichterten. Immer
noch hatte sie das Gefühl, ins Bodenlose zu stürzen, so wie
einer, der aus einem Fenster fällt.
    Alle paar Meter waren schwere Stahlluken in die Metallwand des
Korridors eingelassen.
    »Der ganze Bereich hier ist nichts weiter als eine Reihe von
Luftschleusen«, erklärte Duvic. »Die Raumschiffe
docken nur wenige Meter außerhalb dieser Wände an, laden
Passagiere und Fracht aus, nehmen Fracht an Bord. All diese Schleusen
schließen automatisch, sobald der Luftdruck fällt.
Andernfalls geht uns hier die Luft aus… pffft! Einfach
so.«
    »Doch wo sind all die Leute?« fragte Evelyn. »Ich
dachte, das hier wäre eine der am meisten frequentierten Stellen
in der ganzen Kolonie.«
    »Das stimmt«, sagte Duvic. »Aber das soll nicht
heißen, daß wir jede Menge Leute brauchen. Die meiste
Arbeit wird von Computern und Maschinen erledigt.«
    Die Hand immer noch fest an ihrem Arm führte Duvic Evelyn ins
Weltraum-Kontrollzentrum, ein düsteres, heißes und
vollgestopftes Loch, von einem halben Dutzend Technikern besetzt, die
Kopfhörer trugen und an Konsolen saßen, ihre
Kommunikationsschirme beobachteten, in ihre Mikrofone sprachen und
Befehle über ihre Tastenfelder vermittelten. Der Raum war nur
durch die grünen und roten Anzeigen erleuchtet, die auf den
Bildschirmen auftauchten.
    Einer der Hauptschirme nahm eine ganze Wand ein. Er zeigte eine
der Fabrikplattformen in Farbe, die einige Dutzend Kilometer von der
Kolonie entfernt im leeren Raum hing. Zwei Hälften hatten sich
aufgetan und teilten sich säuberlich entlang einer geraden
Nahtstelle, die wie eine Muschel auseinanderklaffte. Soeben wurde ein
komplett montierter Sonnenkraftwerk-Satellit ausgestoßen, ein
Wust von Metallarmen und glänzend schwarzen Solarzellen, die an
kantige Flügel erinnerten und mit Mikrowellenantennen, die
Evelyn wie die Stielaugen eines grotesken Käfers anmuteten.
    » Mon enfant«, sagte Duvic, und seine Stimme
schwebte über der summenden Kakophonie der Fluglotsen. »Ich
bin gerade dran, dieses häßliche Ding zur Erde zu lotsen
und es auf einen 24stündigen Clarke-Orbit zu setzen.«
    Obwohl Evelyn wußte, daß die Zeit verrann und
daß sie in den Zylinder B der Kolonie schlüpfen
mußte, starrte sie wie gebannt auf den Satelliten, der sich
langsam aus dem Schlund der Plattform löste. Es war, als
würde sie

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