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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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eingerichtet. Schwere, dicke Teppiche mit
bunten Mustern aus Isfahan und Täbris bedeckten den Boden. Durch
die offenen hohen Fenster fiel der Blick auf schlanke, geriffelte
Säulen, dahinter die Dächer von Bagdad. Turmspitzen ragten
wie Finger in den Himmel, und das mit blauen Ziegeln bedeckte
Kuppeldach einer Moschee.
    Die Sonne war im Untergehen, bedeckte den Himmel mit Flammen und
warf purpurrote Strahlen über die Dächer.
    Denny versuchte sich aufzurichten, doch ein stechender Schmerz in
seiner Seite zwang ihn wieder auf die Ellenbogen, wobei er einen Laut
der Überraschung von sich gab. Er blickte an sich hinab und sah,
daß man ihn in ein silberschimmerndes Nachtgewand gekleidet
hatte. Er ließ sich zurücksinken und tastete nach seiner
Seite. Irgend jemand hatte seine Wunde verbunden.
    Unter der Tür tauchte eine Frauengestalt auf, schlank,
dunkelhäutig, aber mit strahlend blauen Augen. Sie trug ein
buntes Gewand, das sie vom Kinn bis zu den Zehenspitzen
einhüllte.
    Das ist nicht die Frau aus dem Wagen, dachte Denny. Sie
ist nicht schön genug.
    Die Frau verschwand, ohne ein Wort zu sagen, und schloß die
Tür leise hinter sich.
    Denny starrte auf den abschüssigen Flur. Das farbige Mosaik
zeigte ein fast hypnotisch wirkendes, verschlungenes geometrisches
Muster von atemberaubender Schönheit, das den muselmanischen
Vorschriften entgegenkam, die die Darstellung von Lebewesen
verbieten.
    Vielleicht habe ich sie mir nur eingebildet, sagte er zu
sich. Vielleicht habe ich sie nur in meinen Fieberträumen
gesehen.
    Wie bist du dann hierher gekommen? fragte er sich. Ist
dies vielleicht ein Zimmer in einem Krankenhaus?
    Er lachte, und dieses Lachen verursachte ihm Schmerzen in der
Seite. »Ziemlich unwahrscheinlich«, sagte er laut.
»Solche Krankenhäuser gibt es nirgendwo auf der
Welt.«
    Die Frau tauchte wieder auf, diesmal mit einem Tablett voller
Schüsseln, die mit Deckeln versehen waren. Ohne ein Wort zu
sagen, ohne auch nur den Blick zu Denny zu erheben, setzte sie das
Tablett auf den Fußboden neben das Bett, kniete sich auf den
Teppich und nahm den Deckel von einer Schüssel. Der Duft einer
heißen, gewürzten Brühe stieg ihm in die Nase, und
Denny merkte plötzlich, daß er Hunger hatte.
    Er versuchte sich aufzurichten, doch der Schmerz vereitelte auch
diesmal seinen Versuch. »Verdammt!« keuchte er, wütend
über seine Hilflosigkeit.
    Sie berührte seine Schulter, eine wortlose Geste, die ihm
gebot, sich wieder hinzulegen. Denny sah, das es ein Mädchen
war, fast noch ein Kind. Es begann, ihm die Suppe löffelweise
einzuflößen, wobei es mit der freien Hand seinen Kopf im
Nacken stützte.
    Eine schier unglaublich sinnliche Situation, wäre er nur
nicht so hungrig gewesen. Denny lag da und kam sich hilflos vor, aber
er kümmerte sich nicht darum, während die Kleine ihn Bissen
für Bissen fütterte, ihm eine ganze Mahlzeit verabreichte,
bestehend aus Suppe, Kebab und Obst. Zu trinken gab es freilich
nichts anderes als Wasser.
    Wenn dies wirklich der Himmel ist, so müßten sie
Bier haben, dachte Denny. Zumindest einen Humpen
Lagerbier.
    Als das Mädchen gerade die letzte leere Schüssel aufs
Tablett stellte, ging die Tür auf und ein grauhaariger alter
Mann betrat den Raum. Er blieb am Fußende des Bettes stehen und
schaute Denny unverwandt an. Das Mädchen nahm das Tablett und
verschwand.
    Als sich die Tür wieder schloß, verneigte sich der Mann
leicht und sagte: »Ich bin Scheich Gamal Al-Hazimi. Dies ist
mein Haus. Ich heiße Sie willkommen.«
    »Danke«, sagte Denny. »Ich heiße Dennis
McCor…«
    »Ich weiß, wer Sie sind«, meinte Al-Hazimi.
    Er war nicht sehr groß, doch ging ein Hauch von
Autorität und Selbstbewußtsein von ihm aus. Er hatte die
aristokratischen Züge eines Scheichs, mit den hohen
Backenknochen und der gekrümmten Nase. Seine Haut hatte die
Farbe leichten, feinen Tabaks. Er war nach westlicher Mode gekleidet,
trug einen weißen Anzug und ein feines, offenes Hemd.
    »Wir sind uns nie begegnet«, sagte Denny.
    »Meine Leute haben sich erlaubt, Ihre Kleider und Ihren
Umhang zu durchsuchen, als Sie hierher gebracht wurden.
Natürlich habe ich bereits von Ihnen gehört und habe manche
Abendstunde damit verbracht, über den Palast nachzudenken, den
Sie jenseits des Flusses bauen.«
    »Ich hoffe, er gefällt Ihnen.«
    Über Al-Hazimis Gesicht huschte der Schatten eines
Lächelns. »Ich habe Ihre Zeichnungen gesehen und die
Pläne der Künstler für den fertigen Palast. Er

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