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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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kam nie am selben Ort zusammen. Die fünf
Mitglieder trafen sich nie unter einem Dach. Doch sie sahen sich
regelmäßig und sie hielten ihre Sitzungen mindestens
einmal im Monat ab, selbst wenn sie durch Kontinente getrennt
waren.
    Es war die Elektronik, die sie verband. Dreidimensionale
Bildübertragung machte es möglich, daß sie sich von
Angesicht zu Angesicht trafen, als ob sie im gleichen Raum
säßen. Die drei reichsten Männer der Welt sandten
ihre holmgrafischen Bilder über Laserstrahlen an
Relaissatelliten, die ihr Privateigentum waren und
ausschließlich von ihnen benutzt wurden. Es war zwar eine etwas
kostspielige Angelegenheit, aber sie bot absolute Verschwiegenheit
und absolute Sicherheit. Doch selbst unter diesen Umständen war
es noch tausendmal billiger als jede Reise, und unendlich
schneller.
    T. Hunter Garrison saß in seinem Thronsessel in einer Ecke
seines Penthouse über dem Garrison-Hochhaus in Houston.
Früher einmal, vor sechzig Jahren, hatte er in einer
Schulaufführung die Rolle des Ebenezer Scrooge gespielt. Nun sah
er wirklich so aus wie in seiner ehemaligen Rolle; schütterer
weißer Haarkranz um eine mächtige Glatze, ein
Raubvogelgesicht mit schmalen Augen und eine Haut, die aussah wie
zerknittertes Pergament, Hände mit Leberflecken, die von
arthritischen Knoten verunstaltet gewesen wären, hätte er
nicht soviel Geld und soviel Macht besessen.
    Im obersten Stockwerk des Hochhauses befand sich Garrisons
Büro, sein Tummelplatz, sein Heim, das er nur selten
verließ und was er auch selten nötig hatte. Die Welt kam
zu ihm.
    Jetzt saß er in seinem Sessel gegenüber einer
Spiegelwand, die sein schiefes, wissendes Lächeln
zurückwarf. Er berührte ein Tastenfeld, das in die Armlehne
seines Sessels eingelassen war, und die Wände schienen
zurückzuweichen, sich in andere Räume und Orte
aufzulösen und zu verwandeln.
    Hideki Tanaka befand sich offensichtlich in seiner Sommerresidenz
weitab von der überfüllten Stadt Tokio. Er war ein
freundlicher, offenherziger Mann, der gern lächelte und lachte.
Doch seine Augen waren so kalt wie die eines berufsmäßigen
Killers. Tanaka saß im Freien auf einer fein geschnitzten
Holzbank. Garrison konnte hinter dem Industriellen graziöse,
schlanke Bäume und einen peinlich genau gerechten Sandgarten
erblicken. Weit im Hintergrund schwebte der schneebedeckte Bergkegel
des Fudschijama, der im blauen Dunst flimmerte.
    Tanaka neigte höflich das Haupt und machte einige poetische
Bemerkungen über die Schönheit des Sommers. Garrison
ließ ihn reden, während die übrigen Spiegel sich in
dreidimensionale Szenen verwandelten. Drei Spiegel brachten das
erwartete Bild, doch der dritte blieb flach und unverändert.
    »Nun gut«, sagte Garrison, indem er Tanakas Geplauder
unterbrach, »wie steht’s mit diesem Coup in Argentinien?
Wieso haben wir vorher nichts darüber erfahren?«
    »El Libertador ist zu einem Machtfaktor geworden, mit
dem wir früher rechnen müssen als erwartet«, sagte
Tanaka. »Er hat unsere Hilfe zu seinem Vorteil
genutzt.«
    »Aber er wird lästig wie eine Mücke«, meinte
Wilbur St. George, das australische Mitglied des Gremiums. Er
saß wie üblich an seinem Tisch in Sidney, einen
mürrischen Ausdruck im fleischigen Gesicht, die kalte Pfeife
zwischen den Zähnen. Das Fenster hinter seinem Rücken ging
auf den Hafen von Sidney mit dem atemberaubenden Opernhaus und der
hochgewölbten Stahlbrücke.
    »Eine recht nützliche Mücke«, gab Garrison
zurück.
    Kurt Morgenstern in Köln schüttelte den Kopf. Er war ein
kleiner Mann mit wachsamen Augen, teigigem Gesicht und schlaffem
Aussehen. Doch er kontrollierte den überwiegenden Teil der
industriellen Macht Europas.
    »Er will unsere Vorschläge nicht akzeptieren«,
sagte Morgenstern. »Meine Leute haben versucht…
äh… ihn zu leiten. Aber er will einfach nicht
hören.«
    »Mögen uns die Götter vor Menschen beschützen,
die glauben, im Recht zu sein«, meinte Tanaka lächelnd.
    »Dasselbe, was man mir auch gesagt hat«, sagte St.
George. »Er mimt den feuerfressenden Revolutionär. Man kann
nicht vernünftig mit ihm reden, man kann ihm nicht
trauen.«
    Jetzt trat auch der letzte Spiegel in Aktion und enthüllte
die Gestalt von Gamal Al-Hazimi, der in den Polstern eines
Privatabteils seines luxuriösen Salonwagens lehnte. Trotz seiner
gelockerten Haltung wirkte sein Gesicht bleich und angespannt.
    »Es tut mir leid, wenn ich zu spät erscheine«,
sagte er. »Ich hatte dringende

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