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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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weitersagen.«
    David kannte alle Bewegungen Dr. Cobbs und die meisten seiner
Tricks. Er hatte mit Cobb bei Nullschwere von Kind auf gespielt, und
er hatte bereits früh erfahren, daß er, wenn er nur
kühl und konzentriert blieb, mit seinen jungen Reflexen und
seiner größeren Ausdauer dem alten Herrn überlegen
war. Zumindest in den meisten Fällen.
    Doch die Gedanken an Evelyn und an jene Mauer des Schweigens, die
der Computer um den Zugriff zu den Daten über Zylinder B gezogen
hatte, schwirrten ihm jetzt durch den Kopf.
    Der harte Gummiball pfiff an seinem Ohr vorbei, bevor er
überhaupt merkte, daß Cobb seinen Schuß pariert
hatte. David schätzte den Winkel, in dem der Ball ihm entwischt
war, ruderte wie ein Schwimmer und brachte es gerade noch fertig, ihn
an die gegenüberliegende Wand zu schleudern.
    Aus den Augenwinkeln sah er Cobb einige Meter weiter kopfunter
hängen. Der alte Mann liebte es, seine Gegner mit irgendwelchen
verrückten Manövern aus dem Konzept zu bringen. Cobb, eine
hochgewachsene, hagere Vogelscheuche von einem Mann, wurde in seiner
Erscheinung oft mit dem klassischen Yankee aus Neuengland verglichen.
Dünn wie eine Bohnenstange und zäh wie Leder. David kam er
stets vor wie die Abbildung des Uncle Sam aus den Schulbüchern
– ohne Spitzbart und wallenden weißen Haarschopf. Cobbs
Haar war weiß, aber so kurz geschnitten, daß er fast
glatzköpfig wirkte.
    Sein Gesicht war eine zerklüftete Landschaft, ohne den Anflug
eines Lächelns, und sein Blick folgte dem Ball. Wie Granit
aus Neuengland, dachte David oft, wenn er Cobbs Gesicht
betrachtete. Hart, streng und ausdruckslos.
    Der alte Herr bewegte die Beine wie ein Schwimmer, als der Ball
auf ihn zukam. Eine schnelle, blitzartige Handbewegung, und schon war
David wieder dran, den Ball zu erwischen und zurückzuschlagen.
Er verfehlte ihn und segelte gegen die Wand, wobei er sich die
Schulter an der dicken Polsterung stieß.
    »Das Spiel ist aus?« rief Cobb triumphierend.
    Dann, indem er auf David zuschwebte, fragte er mit seiner
schroffen Stimme: »Hast du dir weh getan?«
    »Nein«, sagte David und rieb seine Schulter. »Alles
in Ordnung.«
    Der Ball hüpfte immer noch über die Wände und wurde
bei jedem Aufprall langsamer.
    »Du hast seit Monaten nicht mehr so miserabel gespielt. Was
hast du eigentlich?«
    David wußte nur zu gut, daß er vor Dr. Cobb kaum etwas
verbergen konnte. »Warum ist der Zugang zu Zylinder B
gesperrt?« frage er geradeheraus.
    »Ach, das also.« Cobb seufzte schwer. »Sie
löchert dich wegen irgendwelcher Informationen über
B.« Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
    »Sie?«
    »Evelyn Hall – dieses Nachrichtenküken vom
Internationalen Syndikat. Sie hat sich gestern in Zylinder B
eingeschlichen. Wahrscheinlich meint sie, eine Meisterspionin zu
sein.«
    »Sie wissen Bescheid?«
    »Das wurde doch selbstverständlich registriert. Ich habe
sie bei ihrem Ausflug beobachtet«, sagte Cobb. »In dieser
Kolonie passiert nichts, was ich nicht erfahre, das weißt du
genau.«
    »Dann haben Sie auch über sie und mich Bescheid
gewußt«, meinte David und kam sich plötzlich albern
vor.
    Cobb streckte die Hand aus und strich David über das
schweißnasse Haar. »He, ich mische mich nicht in
Privatangelegenheiten. Ich behalte andere Dinge im Auge – etwa
Schnüffler, die Alarm auslösen, wenn sie in verbotene
Gebiete einbrechen.«
    »Warum haben Sie mich an ihrem ersten Tag zu ihrem
Führer gemacht?« fragte David.
    Cobb, in seinem verschwitzten Trainingsanzug, zuckte die Achseln.
»Ich meinte, es sei an der Zeit, daß du Menschen von
außerhalb der Kolonie kennenlernst, und daß du es lernst,
mit ihnen umzugehen.«
    »Aber sie war doch gekommen, um mein Geheimnis zu
lüften!«
    »Das dachte ich mir auch. Ich wollte ihr die Mühe
ersparen, dich aufzuspüren, und dir eine Gelegenheit bieten, mit
irgend jemandem fertigzuwerden, der versucht, dich zu manipulieren.
Ich dachte, du würdest sie durchschauen.«
    »Ich hab’ sie nicht durchschaut.«
    »Sie hat dich ganz schön manipuliert, was?«
    David grinste trotz der Röte, die ihm ins Gesicht stieg.
»Ja, das hat sie wirklich.«
    »Und wie denkst du jetzt darüber? Wie kommst du dir
vor?«
    »Verwirrt«, gab David zu. »Bestürzt. Sie will
wissen, was in Zylinder B los ist. Sie möchte eine Story daraus
machen, sobald sie wieder auf der Erde ist.«
    Cobb wandte sich um, stieß sich mit einem Fuß von der
Wand ab und, indem er auf den Ball losging, der jetzt

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