Die Kolonie
meinst du, wo wir diese ganze Anlage
herhaben? Einfach vom Himmel gefallen, was? Wir haben Freunde, Mann, mächtige Freunde. Was uns fehlt, ist die Organisation,
die Zusammenarbeit. Wir können Whitey schlagen. Das hier ist
unser Land, wir brauchen nur zuzugreifen.«
Eine der Frauen meinte: »Ein Großteil der Armee besteht
aus Schwarzen… oder Braunen.«
»Aber nicht die verdammte Nationalgarde. Und die
unterstützen natürlich die weiße Polizei.«
»Wir können sie uns kaufen«, sagte Leo. »Wir
können sie schlagen, wenn wir nur zusammenarbeiten.«
T. Hunter Garrison saß auf seinem Thronsessel und
beobachtete, wie das Interesse und die Begeisterung auf den
Gesichtern der Männer und Frauen erlosch, die Leo
zuhörten.
Aus den Fenstern seines Penthouse hoch über dem Smog des von
Kohlenrauch verpesteten Houston konnte er bis hin zum Clare Lake und
dem schmutzigen Horizont sehen, hinter dem Galveston lag.
Sein zerfurchtes Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen,
während er die holografischen Miniaturbilder der zwölf
Untergrundführer beobachtete. Sie waren nicht größer
als Puppen, die in einem Puppenhaus am Tisch saßen, und ihr
dreidimensionales Bild schwebte vor Garrisons Augen in der Luft.
»Ziemlich mickrige Gesellschaft, nicht?« meinte
Garrison.
»Ich weiß nicht«, sagte Arlene Lee, die hinter
seinem Sessel stand. »Der da am Ende des Tisches mit dem
Apachen-Stirnband – der scheint ziemlich auf Draht zu
sein.«
Sie war ein hochgewachsener, üppiger Rotschopf mit dem
frisch-fröhlichen Aussehen eines Vorsängers. Sie war je
nach Bedarf Garrisons Privatsekretärin, Leibwache, Kurier,
Vertraute und rechte Hand.
»Gib mir noch ein Bier«, sagte Garrison, wobei er nach
wie vor die lebhafte Diskussion verfolgte, die an Leos Tisch im Gange
war.
Arlene verschwand für einen Augenblick hinter einer Reihe von
Topfpflanzen. Von außen sah das Garrison-Hochhaus nicht anders
aus als die übrigen Wolkenkratzer in Houston. Natürlich war
es um einige Stockwerke höher als die übrigen, mit
bedeutend mehr Sonnenzellen an den Außenwänden, die hoch
genug waren, um sich über das Smogniveau zu erheben und mit
weiteren Sonnenzellen am Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach. Doch
Garrisons Wohnräume im obersten Stockwerk stellten eine
komfortable Mischung aus Angenehmem und Nützlichem dar: die
Wände mit echtem Holz verkleidet, Bären- und Tierfelle auf
den gefliesten Böden, alle modernen Einrichtungen hinter
Spiegeln und Schranktüren versteckt.
Arlene brachte Garrison sein Bier, lehnte sich über die
Rückenlehne seines Sessels und wickelte eine seiner
spärlichen Haarsträhnen über ihren sorgfältig
manikürten Finger. Sein Blick glitt durch den Raum zum Spiegel
gegenüber und bewunderte das Bild, das sich ihm bot.
»Sie sind nicht besonders helle, nicht wahr?« meinte
sie.
»Wer denn?«
»All diese Burschen da, die sich Revolutionäre
nennen«, sagte Arlene. »Die können nicht weit denken.
Warum haben sie nicht früher an eine Zusammenarbeit
gedacht?«
Garrison schnaubte. »In der Gosse weiß man nicht viel
über Zusammenarbeit. Dieser fette Schwarze da – der sich
Leo nennt – hat mehr Grips im Kopf als alle zusammen. Er hat
bereits so manche der Straßenbanden New Yorks in der
Hand.«
»Er kommt mir irgendwie bekannt vor.«
»Sicher«, bestätigte Garrison. »Früher
war er mal Footballspieler in der Oberliga, drüben in
Dallas.«
»Wie in aller Welt ist er vom Sport auf die Straße
geraten?«
Garrison lächelte grimmig. »Das ist eine lange
Geschichte. Schau in seinen Unterlagen nach, wenn du magst. Ein
angesehener und gewissenhafter Mensch. Wollte die Welt für seine
schwarzen Brüder verbessern. Doch dann ist ihm die Macht zu
Kopfe gestiegen, die schlimmste aller Drogen, die es überhaupt
gibt.«
Arlene schüttelte den Kopf, und ihr rotes Haar streifte den
kahlen Schädel des alten Mannes. »Das müßtest du
am besten wissen, mein Lieber.«
Er grinste zu ihr hinauf. »Die Macht ist ein Aphrodisiakum,
nicht wahr?«
Und Arlene erwiderte mit ihrem aufmunternden Texas-Lächeln:
»Natürlich, Süßer. Natürlich ist sie
das.«
Cleveland wetterte: »Also was ist nun mit dieser ganzen
Scheißzusammenarbeit? Was sollen wir tun? Sollen wir dir
vielleicht alle Naselang ein Telegramm schicken?«
»Nein«, erwiderte Leo mit tiefer, gurrender Stimme.
»Ich will, daß wir das Machtgebäude der Weißen
bis in die Grundfesten erschüttern. Ich möchte etwas so
Gewaltiges, so
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