Die Kolonie
wenn er sich entschließt, den Helden zu spielen. Die anderen sahen aus wie eine Schafherde.
Die drei anderen Männer des Kommandos waren gerade daran,
ihre Sicherheitsgurte zu lösen. Ihr Tätigkeitsfeld lag im
Cockpit. Der Steward hatte ihnen den Rücken zugekehrt, doch eine
der Stewardessen, die immer noch über Reynauds bärtige
Witze lachten, merkte, daß sich einige Passagiere aus ihren
Sitzen erhoben und machte den Steward mit Gesten darauf
aufmerksam.
Er drehte sich um und meinte seufzend: »Sie werden es wohl
niemals begreifen.«
Bahjat trat vor ihn hin und verstellte ihm den Weg zum Gang.
»Bleiben Sie, wo Sie sind!« sagte sie leise, aber
eindeutig.
»Ich muß aber…« Doch dann schien ihm ein
Licht aufzugehen. »Was glauben Sie, was…«
Bahjat sprühte ihm eine Gaswolke ins Gesicht. Er krümmte
sich zusammen und verdrehte die Augen. Reynaud packte ihn und
stieß ihn in die Kombüse, wo ihn die Passagiere nicht
sehen konnten.
Die beiden Stewardessen wurden kalkweiß, aber sie gaben
keinen Ton von sich.
»Tun Sie, was man Ihnen sagt«, zischte Bahjat, »und
niemandem wird ein Leid geschehen. Seien Sie vor allem still und
verhalten Sie sich ruhig! Wenn Sie auch nur einen Ton riskieren,
werden wir alle umgebracht.«
Sie starrten Bahjat aus großen Augen an, dann Reynaud, der
freundlich lächelte und mit einer breiten gallischen Geste die
Achseln zuckte, und schließlich Marco, der sie scharf
beobachtete.
»Rufen Sie Ihren Captain über Bordfunk!« befahl
Bahjat. »Sagen Sie ihm, der Steward hätte einen Anfall
gehabt, und daß Sie dringend seine Hilfe brauchen.«
Die größere der beiden Stewardessen stand dem Telefon
am nächsten. Sie zögerte einen Augenblick lang, doch als
Marco drohend auf sie zutrat, nahm sie den Hörer ab und sprach
hastig in die Muschel.
Bahjat sah, daß ihre drei Kameraden jetzt an der Tür
zum Cockpit schwebten und den Eindruck zu vermitteln versuchten, als
wollten sie sich lediglich an der Schwerelosigkeit erfreuen. Sie
waren ebenfalls mit Spraydosen bewaffnet, die sie in ihren
Jackentaschen verbargen.
Die Cockpit-Tür ging auf, und der Kapitän trat heraus.
Einer der Entführer packte ihn am Kragen, während die
beiden anderen im Cockpit untertauchten.
David vernahm einen zornigen Ruf und blickte im gleichen
Augenblick hoch, als der Kapitän mit einem weitaus jüngeren
Mann in ein kurzes Handgemenge verwickelt war. Dann sprühte der
junge Mann aus einer Dose irgend etwas ins Gesicht des Kapitäns,
der daraufhin haltlos zusammensank.
»Was geht hier vor?« fragte David. Der japanische
Geschäftsmann neben ihm schlummerte weiter.
»Bitte behalten Sie Platz!« sagte eine Männerstimme
über den Bordlautsprecher. »Sie sind nicht in Gefahr,
solange Sie sitzenbleiben.«
David drehte sich auf seinem Sitz um und blickte zur Kombüse.
Dort standen drei Passagiere, die gespannt auf die Cockpittür
starrten. Der Steward und die Stewardessen waren nirgendwo zu
sehen.
Er wandte sich dem Cockpit zu und sah, wie ein grobknochiger
junger Mann grinsend den Raum verließ und mit dem Finger einen
Kreis in der Luft beschrieb. In der anderen Hand hielt er eine
Spraydose.
»Was ist los?« fragte eine Frauenstimme.
»Irgendwie ist es…«
Die Stimme, die aus dem Bordlautsprecher dröhnte, ließ
ihre Fragen untergehen. »Hier spricht der Zweite Offizier
Donaldson. Unser Schiff ist von der RUV gekapert worden. Uns wurde
gesagt, daß keinem etwas zustoßen wird, wenn wir tun, was
sie sagen. Wenn wir aber nicht mitmachen, werden sie uns
umbringen.«
In der Kabine wurden Rufe und Schreie laut. Alle redeten, riefen
und gestikulierten durcheinander – alle bis auf David und den
Japaner, der friedlich neben ihm schnarchte.
»Ruhe bitte!«
Es war die Stimme einer Frau, und sie bedurfte nicht der
Bordanlage. Sie kam den Gang entlang, zwei Spraydosen wie
Handgranaten schwenkend.
Vielleicht sind’s sogar welche, dachte er.
»Sie werden sich jetzt still verhalten und bleiben, wo Sie
sind!« sagte die Frau. »Dieser Shuttle wird zwar nicht in
Messina landen, aber Sie alle werden sicher zur Erde gebracht – wenn Sie tun, was man Ihnen sagt!«
David sah, daß sie jung und hübsch war, ein graziles,
kleines, dunkelhäutiges Geschöpf mit dem zarten Gesicht
einer Schmusekatze.
Aber irgendwie verrückt. Man kann doch nicht einfach eine
Raumfähre entführen. Das würde für alle an Bord
den Tod bedeuten. Der Kapitän ist bereits außer Gefecht,
entweder tot oder bewußtlos. In wenigen
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