Die Kometenjäger: Roman (German Edition)
lassen.«
Die Runde schmunzelte amüsiert, obwohl sie die wahre Pointe gar nicht kennen konnte. Offenbar hatte Tom im Jahr 1897 einen Geistesverwandten gehabt.
»Sein Reichtum war in gewisser Weise auch ein Fluch«, sagte der Direktor. »Die Eskapaden haben dazu beigetragen, dass er von den Astronomen seiner Zeit als unseriöser Amateur diskreditiert wurde. Aber seine Neugierde war vollkommen aufrichtig.«
»Jetzt wissen wir wenigstens, warum Sie ein altes Teleskop kaufen wollen«, sagte Tolwyn zu Whistler.
»Warum?«, fragte dieser erstaunt.
»Sie wollen damit den Mars betrachten und von Büffelherden träumen.«
Whistler lachte gutmütig über den Scherz auf seine Kosten. »Manchmal ist es besser, die Dinge nicht so klar zu sehen«, sagte er. »Das hilft gegen Enttäuschungen.«
»Aber was wollen Sie wirklich mit so einem großen alten Kasten?«, fragte Tolwyn. »Ist er für Ihre Bibliothek?«
»Wir haben bei unseren Nachtführungen einen großen Andrang auf die historischen Teleskope«, sagte der Direktor. »Etwas an diesen Instrumenten scheint den Leuten Ehrfurcht einzujagen. Sie sind Zeugen einer wunderbaren Ära, die immer mehr verblasst.«
»Sie meinen die Ära, in der alles verschwommen aussah?«, fragte Tolwyn.
»Nein, eine Ära der Möglichkeiten. Stellen Sie sich vor, eine neue Zivilisation wäre wirklich entdeckt worden. Mr. Lowell hat die Astronomen als direkte Nachfahren von Kolumbus angesehen.«
Das löste wiederum wohlwollendes Gelächter aus. Plötzlich begann Whistler leise zu sprechen, in einem Ton, der die anderen Gespräche am Tisch verstummen ließ.
»Ich bin seit langem daran interessiert, Lowells Teleskop für meine Sammlung zu kaufen«, sprach er. »Aber die Herren vom Observatorium zieren sich.« Whistler führte ein Glas Wein an seine Nase und prüfte das Bouquet. »Nun, mit einem adäquaten Ersatz …«
»Ein Ersatz?«, fragte Mrs. Anand erstaunt. »Das passt nicht zu Ihnen, oder? Sie sind nur an Originalen interessiert.«
»Genauso ist es. Das Observatorium bekommt das Exemplar aus Deutschland. Ich das Original.« Whistler genoss einen Schluck auf der Zunge, setzte das Glas zufrieden ab und ließ seinen Blick auf Tom ruhen.
»Wenn das, was ich gesehen habe, stimmt, ähneln sich die beiden Geräte wie ein Ei dem anderen, nicht?«
»Aber sie könnten ja auch mein Teleskop haben«, sagte Tom.
»Warum sollte ich das wollen?«
»Es funktioniert besser als das von Mr. Lowell.«
Whistler lachte. »Ich will keine Metallröhre mit Glaslinsen erwerben. Ich will ein Stück Geschichte.«
Tom senkte den Blick auf seinen Teller. »Dann können Sie ja eine Pyramide kaufen«, sagte er.
»Oh nein, kann ich nicht«, sagte Whistler sichtlich überrascht über die freche Erwiderung. »Eric und Bart könnten sich das leisten. Mrs. Anand wahrscheinlich auch. Ich nicht.«
Tom ließ den Dessertlöffel sinken. Er entschuldigte sich, indem er etwas von Toilette murmelte, stand auf und verließ geräuschlos den Raum.
Nach zehn Minuten entschuldigte ich mich auch und ging nach draußen, um ihn zu suchen. Der Mars Hill lag im Dunkeln. Kühle Luft blies mir um den Kopf, der vom Wein und dem anstrengenden Gespräch benebelt war. Die ganze Bande ging mir gehörig auf die Nerven. Der Weltraum ging mir allmählich auf die Nerven. Ich fragte mich, wie lange ich meine Zeit noch mit solchen Gesprächen verbringen konnte.
Tom zu finden war nicht schwer. Natürlich war er bei Lowells Teleskop. Aber er war nicht allein. Außer ihm standen noch ein paar Besucher in der Kuppel und fotografierten die Attraktion mit blitzenden kleinen Kameras. Es musste die Nachtführung sein. Ein Student mit Dreadlocks und Lowell-Shirt hielt gerade einen Vortrag über das Teleskop. Er erzählte natürlich die Geschichte von den Marskanälen. Die Menge lachte, und Kinder durften sich auf eine Leiter stellen, um Saturn zu betrachten. Tom sah der Prozedur wie versteinert zu. Ich hatte das Gefühl, er wollte die Menge am liebsten aus seinem Observatorium verjagen. Schließlich war das hier sein Zuhause. Aber die Leute hielten es für ein Museum oder einen Vergnügungspark. Und sie gingen einfach nicht weg.
Die Erwachsenen und Kinder überzeugten sich ungerührt von der Existenz des Saturn. Vielleicht wunderten sich manche, dass der Planet noch einen violetten Ring dazu bekommen hatte, aber es fragte niemand danach. Als alle an der Reihe gewesen waren, gingen auch wir nach draußen.
Ich wollte zu unseren Gastgebern
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