Die Kometenjäger: Roman (German Edition)
Tom leise. »Das verstehe ich.«
KAPITEL 8
U nser Abschied von der Tischgesellschaft fiel kurz aus. Whistler schien darüber nicht beunruhigt zu sein. Er ließ uns wissen, dass er früh am nächsten Morgen nach Mojave zurückkehren werde – und ermunterte uns ein weiteres Mal, die letzten Details des Geschäfts in Los Angeles zu klären. Ich nickte Tolwyn und Dreysen zu, wünschte ihnen viel Glück für ihre Weltraumeroberungspläne und verabschiedete mich mit einer kleinen Verbeugung von Mrs. Anand. Ob Tom nach dem Gespräch in der Bibliothek überhaupt noch etwas sagte, weiß ich nicht. Ich hatte das Gefühl, dass es ihm nicht schnell genug gehen konnte. Ein Lakai eskortierte uns durch das Labyrinth der Wege zum Parkplatz. Ohne zu zögern, startete Tom den Motor und schaltete die Scheinwerfer an.
»Hier ist nur Standlicht erlaubt«, sagte ich. Aber Tom hörte mir gar nicht zu. Wir rollten die oberen Serpentinen des Mars Hill hinab. Anstatt einen niedrigen Gang einzulegen, der uns gebremst hätte, ließ Tom den Wagen laufen.
»Gut dass wir so selten mit reichen Leuten verkehren, was?«, sagte ich.
»Wieso?«
»Ich finde sie anstrengend auf die Dauer.«
»Ja.«
»Du musst ihn trotzdem nicht vor den Kopf stoßen.«
»Ich habe niemand vor den Kopf gestoßen.«
»Was sollte dann der Satz mit der Pyramide? Ich denke, du willst mit ihm ins Geschäft kommen?«
Tom sagte nichts. Unten an der Kreuzung zur Hauptstraße von Flagstaff machte er Anstalten, rechts abzubiegen.
»Zum Motel müssen wir geradeaus«, sagte ich.
»Lass uns noch rumfahren. Ich will jetzt nicht ins Motel.«
»Na gut. Was hast du überhaupt?«
Er trat aufs Gas und fuhr über die Ampel, die gerade rot geworden war.
»Mach mal halblang«, sagte ich zu Tom. »Spinnst du jetzt wieder?«
»Du hattest die ganze Zeit Recht. Es war ein Fehler herzukommen.«
»Wieso?«
»Ich kann ihm mein Teleskop nicht verkaufen.«
»Spinn dich erst mal aus«, sagte ich.
»Nein, im Ernst, ich kann Whistler mein Teleskop nicht geben.«
»Was soll jetzt der Blödsinn?«, rief ich. »Whistler ist doch ganz in Ordnung.«
»Er braucht es ja gar nicht. Und das andere stellt er auch nur in sein Mausoleum. Was habe ich davon?«
»Zum Beispiel eine Menge Geld!«
Tom schniefte abfällig und trat abermals aufs Gas. Wir jagten aus der Stadt hinaus in die Berge hinein.
»Was soll eigentlich aus deinem Vater werden?«, rief ich. »Willst du lieber, dass er im Mausoleum landet? Glaubst du, sein Darmkrebs heilt von selbst? Du solltest mal aus der Umlaufbahn zurückkehren!«
»Mir wird was einfallen, um Geld aufzutreiben.«
»Bis du mal Geld verdienst, lebt dein Vater nicht mehr! Deinem Teleskop kann Schlimmeres passieren, als in einem Museum zu landen. Mein Gott Tom, es ist hundert Jahre alt!«
»Genau! Es ist alt! Bauen wir uns doch ein neues. In Chile!«
»Okay, Tom. Reg dich erst mal ab. Du klingst ein wenig neidisch wegen der Chile-Sache.«
»Oh ja. Wie stolz sie darauf sind!«
»Und warum sollten sie nicht stolz drauf sein?«
»Weil sie damit nichts finden werden. Weil sie nur Geschäftsleute sind! Amateure!«
»Tom«, sagte ich ruhig. »Du bist auch ein Amateur. Alle deine Helden sind Amateure. Sir William Herschel …«
»Hast du eine Ahnung!«, schrie Tom. »William Herschel hat jede Nacht seines Lebens im Freien verbracht! Er hat sich die Augen mit Zwiebeln eingerieben, damit sie feucht bleiben. Willst du das vergleichen mit unseren Jungmilliardären?«
»Dann stellt sich die Frage, wer verrückter ist«, sagte ich ruhig. »Die Jungmilliardäre oder Sir William.«
Ich spürte das Ausmaß des Verrats in meinen Worten. Es tat mir leid, ihm das sagen zu müssen. Aber zugleich wusste ich, dass es der einzige Weg war, Tom in die Realität zurückzuholen.
»Tolwyn und Whistler und die anderen, sie sind alle keine Astronomen«, rief er noch einmal verzweifelt.
»Tom«, sagte ich ruhig, »du bist auch kein Astronom.«
Tom bremste endlich herunter.
In sachlichem Ton sprach ich weiter: »Du kannst nicht ewig gegen die moderne Technik kämpfen. Sieh dir Whistler an. Er ist von der Entwicklung abgehängt worden. Und jetzt, mit sechzig, sitzt er in einem Vulkan und träumt immer noch davon, in den Weltraum zu gehen. Willst du so enden?«
»Wie kommst du darauf, dass ich wie Whistler enden könnte?«
»Du bist jetzt schon wie er, nur ohne das Bankkonto. Es ist nicht schwer zu sehen.«
»Wie kommst du darauf?«
»Er mit seinem Vulkan. Und du in deinem
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