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Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Titel: Die Kometenjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Deckert
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ungläubig.
    »Und das alles für einen Zwergplaneten«, sagte Eric Tolwyn.
    Nach der Bibliothek ging unser Rundgang im Freien weiter. Der Park lag nun ganz im Dunkeln. Unter Führung des mit einer Laterne vorangehenden Direktors durchquerte unsere kleine Gruppe das bewaldete Gelände. Zwischen den Bäumen schimmerte manchmal das rote Licht hindurch, an dem man überall erkannte, dass Astronomen in der Nähe waren.
    Am Rande eines Abhangs wurden wir mit einem Blick über die Stadt belohnt. Der Direktor machte uns darauf aufmerksam, dass die Straßenbeleuchtung kaum blendete, sie war ganz auf die Bedürfnisse der Astronomen abgestimmt. Und dort, in der Nähe des Abhangs, tauchte auch ein großes weißes, rundes Gebäude auf, das erhöht auf einer kleinen Lichtung stand. Es war eine Sternwarte, natürlich, allerdings, wie man sofort sah, nicht die modernste Ausführung. Eine Kuppel gab es nicht, nur einen zylindrischen Deckel, der wie ein alter Damenhut auf dem Gebäude saß. Der großbürgerliche Eingang hätte besser zu einer Südstaatenvilla gepasst. Eine Treppe mit weißem Geländer führte unter einem Vordach zur Tür hinauf.
    Noch bevor wir eintreten konnten, warf Tom mir einen bedeutungsvollen Blick zu – dann folgten wir der Gruppe über die Schwelle, und was ich sah, kam mir seltsam vertraut vor. Wir standen in einem hohen, runden Raum, der an einen rustikalen Ballsaal auf dem Land erinnerte. Über uns war ein kunstvoll gezimmertes Holzdach aus vielen Balken und Verstrebungen, die Wände – der Raum war von innen nicht ganz rund, sondern ein Vieleck – bestanden aus Brettern in dem gleichen rötlichen Ton. Das eigentlich Vertraute aber stand in der Mitte, der einzige Gegenstand im Raum, der nicht aus Holz war. Es war eine hellgraue, mit Nähten und Bolzen übersäte Metallröhre, die Toms Teleskop glich wie ein Ei dem anderen.
    »Wusstest du das?«, fragte ich Tom.
    »Ja.«
    »Warum hast du nichts davon erwähnt?«
    »Ich wollte es erst selbst sehen. Ich wusste nicht, dass es so ähnlich ist.«
    »Das müsste Ihnen doch bekannt vorkommen«, sagte der Direktor, der unseren Dialog nicht verstanden hatte.
    »Natürlich, ja«, sagte Tom. »Ist das Lowells Teleskop?«
    »Dies hier war das letzte Teleskop, dessen Linse Mr. Clark senior persönlich geschliffen hat. Percival Lowell hat es eigens für die Marsopposition des Jahres 1896 in Auftrag gegeben.«
    »Und Sie benutzen es noch?«
    »Aber ja«, sagte der Direktor. »Es sehen jedes Jahr ein paar tausend Menschen hindurch. Die Besucher lieben das Teleskop. Auch wenn die Optik nicht mehr auf dem neuesten Stand ist.«
    »Wer war Mr. Lowell?«, wagte ich zu fragen.
    »Der Gründer unseres Observatoriums. Er war ein reicher Privatmann. Ein Amateur, wenn man so will. Aber immerhin verdanken wir ihm das erste Observatorium in Arizona. Und einige faszinierende Literatur über den Mars.«
    »Hat Percival Lowell nicht an Marsmenschen geglaubt?«, fragte Rhada Anand.
    »Vereinfacht gesagt, ja«, sagte der Direktor. »Aber es war nur ein Aspekt seiner Schriften, und Sie dürfen nicht vergessen, dass er ein Mann des 19. Jahrhunderts war. Die Möglichkeit einer Zivilisation auf unserem Nachbarplaneten erschien damals sehr real.«
    »Untertreiben Sie nicht«, sagte Whistler. »Das Teleskop wurde tatsächlich gebaut, um Zeugnisse einer außerirdischen Zivilisation aufzuspüren.«
    »Das ist richtig«, sagte der Direktor. »Wie wir heute wissen, hat ihn das Teleskop in einigen Irrtümern sogar bestärkt. Sie kennen ja sicher die Geschichte der Marskanäle …«
    »Nein«, sagte«, sagte Eric Tolwyn. »Was ist mit ihnen?«
    »Nun, es gibt sie nicht. Aber man muss zu Percys Ehrenrettung erwähnen, dass nicht nur er sie gesehen hat. Sie waren eine kollektive Illusion. Hunderte, vielleicht tausende von Beobachtern haben sie gesehen. Tatsächlich war die Existenz solcher Bauten auf dem Mars bis in die 1960er-Jahre umstritten. Erst die Marssonden haben den Gegenbeweis erbracht.«
    »Wie ist das möglich?«, fragte ich.
    »Haben Sie jemals den Mars durch ein Teleskop beobachtet?«, fragte der Direktor.
    »Nein, noch nicht.«
    »Mars ist der trügerischste Planet. Es gibt Canyons, Berge, normale Geografie, aber oft liegen sie unter Sandstürmen verdeckt. Sie sehen gerade genug auf seiner Oberfläche, um die Fantasie anzuregen.«
    »Und Percy war ein Mann mit einer großartigen Fantasie«, bemerkte Whistler.
    »Richtig«, sagte der Direktor. »Er hing der Theorie an, dass die Kanäle

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