Die Kometenjäger: Roman (German Edition)
Turm. Du könntest gar keinen besseren Käufer finden.«
»Aber ich glaube nicht an Aliens. Und mein Observatorium ist nicht nur ein Kunstprojekt.«
»Doch Tom.«
Er wandte seine Augen von der Straße ab und blickte mich an. »Was?«
»Es ist immer ein Kunstprojekt gewesen«, sagte ich.
»Was?«
Ich zögerte, fragte mich eine Sekunde lang, ob ich ihm das wirklich sagen sollte, aber dann fuhr ich fort: »Die Kometenjagd und das Ganze. Du weißt doch selbst, dass es unmöglich ist.«
»Was weißt du denn plötzlich davon?«, sagte er, einen letzten Rest selbstsicherer Arroganz in der Stimme.
»Ich weiß genau Bescheid«, sagte ich. »Die Kometen werden heute alle von Computern gefunden. Du wusstest das die ganze Zeit. Du hast es mir nur nicht gesagt.«
Das nahm ihm den Wind aus den Segeln. Ich sah förmlich, wie ihm die Worte im Hals stecken blieben. Wir waren in der zerklüfteten Felslandschaft des Oak Creek Canyon angekommen und fuhren in großen Kurven talwärts in Richtung des Flussbetts. Unser Wagen zog jammernd durch eine Haarnadelkurve, direkt an der Felswand vorbei.
»Um Himmels willen, mach langsamer Tom.«
Vor uns zeigte sich eine lange abschüssige Gerade. Ich hatte das Gefühl, dass Tom wieder beschleunigte.
»Ich sagte, fahr langsamer!«
»Du hast keine Ahnung, was möglich ist«, sprach er wie in Trance. »Wenn ich will, dann finde ich auch einen Kometen.«
»Davon bin ich überzeugt«, sagte ich. »Dieser ganze Wunderquatsch. Leute, die nachts sehen. Du kannst gerne ewig weiter daran glauben …«
Am Ende der langen Gerade war eine scharfe Rechtskurve. Ich schätzte, es waren noch vierhundert Meter bis dahin, und Tom fuhr viel zu schnell.
»Brems mal, Tom!«
Er bremste nicht. Stattdessen flüsterte er: »Ich zeig dir was.« Und dann verschwand die Landstraße vor uns, und das Bild wurde schwarz. Auch die Lichter des Armaturenbretts waren erloschen. Sekundenbruchteile später begriff ich, dass wir immer noch in voller Fahrt waren. Und Tom hatte die Scheinwerfer ausgeschaltet.
Ich schrie nur seinen Namen. »Tom!« Aber er reagierte nicht. Er fuhr einfach weiter, obwohl vor uns keine Straße mehr war. Kein Mittelstreifen. Auch keine Leitplanke und keine Pfosten. Aus meinem Mund kam ein Stöhnlaut. Ich zuckte mit meiner Hand nach oben, wollte nach dem Lenkrad greifen, ließ es. Starrte mit nachtblinden Augen auf die stumpfe Folie der Windschutzscheibe. Und konnte nur noch einen einzigen Gedanken fassen. Ein einziges Mal in meinem Leben hatte ich bisher diesen Gedanken gehabt. Ich war nachts auf der Autobahn eingeschlafen. Meine Blechdose von einem Fiat war seitlich gegen die Leitplanke geraten, zurückgeschleudert worden und hatte sich dann mitten auf der Fahrbahn gedreht. In diesen ein oder zwei Sekunden nach dem Aufprall, mitten in der Schleuderpirouette, die mein Wagen vollführte, als das Lenkrad nichts mehr half und ich in Scheinwerfer blickte, die mir entgegenkamen, war mir bewusst gewesen, dass das das Ende sein konnte.
»Tom, mach das Licht an!«, schrie ich. Ich hatte meine Stimme wiedergefunden, vielleicht wollte ich sie auch ein letztes Mal hören.
Tom fuhr durch eine unsichtbare Kurve. Im Dunkeln sah ich nicht, dass er lenkte, aber ich spürte, wie ich nach links geworfen wurde und dass wir schließlich wieder geradeaus fuhren. Vor uns war immer noch keine Spur einer Straße zu sehen. Nur Schwarz wie eine Schlangengrube. Einmal hatten wir Glück gehabt, ein weiteres Mal würde es nicht geben, das wusste ich. An den Windgeräuschen hörte ich, dass Tom mit unverminderter Geschwindigkeit fuhr.
»Tom! Hör auf! Ich will nicht sterben!« Ich schrie laut.
Er reagierte immer noch nicht. Jetzt griff ich ihm ins Lenkrad.
»Scheiße«, rief Tom. »Lass das.« Aber ich ließ das Lenkrad nicht los. Ich hörte ein Quietschen. Tom versuchte zu bremsen. Dann vernahm ich ein Krachen und spürte eine Erschütterung. Mein Kopf flog nach vorn, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass wir hielten. Die Windgeräusche waren immer noch um uns, nur die Räder hörte ich nicht mehr. Der Bug unseres Wagens senkte sich langsam, und mein Körper wurde leicht wie beim Fall in ein Luftloch. Wir bekamen einen gewaltigen Schlag ab, einen zerstörerischen, erschütternden Schlag, und standen immer noch nicht still. Unser Auto schlingerte ein paar Meter weiter, begleitet von einem müden Ächzen und dem Knirschen von Blech auf Stein, dann senkte sich der Bug noch einmal, sackte nach unten, prallte gegen
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