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Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Titel: Die Kometenjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Deckert
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Amateuren dominiert, manche von ihnen Gentlemen mit Privatobservatorien, manche normale Bürger, deren Geschicklichkeit ihnen reiche oder adlige Gönner verschaffte. Es war das goldene Zeitalter der »beschauenden Astronomie«, eine Ära, in der Bierbrauer, Kaufleute oder Tuchmacher auf die Jagd nach neuen Welten gingen.
    Ein Kirchenmusiker namens Wilhelm Herschel wurde zum astronomischen Star. Nicht nur den Uranus hatte der Kantor gesehen und richtig als Planeten identifiziert – die erste Planetenentdeckung unserer Zeitrechnung – , er entdeckte auch Unmengen von »tiefen« Objekten. König George III. finanzierte ihm ein Teleskop, das damals größte der Welt, und bestand darauf, gemeinsam mit Herschel zu beobachten. »Sehen ist in mancher Hinsicht eine Kunst, die gelernt werden muss«, schrieb Herschel. »Jemanden mit solcher Kraft zum Sehen zu bringen , ist fast das Gleiche, als müsste ich ihn lehren, eine von Händels Fugen auf der Orgel zu spielen. Viele Nächte habe ich mir beigebracht zu sehen , und es wäre seltsam, hätte ich dabei nicht eine spezielle Geschicklichkeit erlangt.«
    All das wusste ich natürlich nicht, bevor ein verspäteter Erbe dieser Herren in mein Leben getreten war. Ich las es in den Büchern, die ich mir von Tom ausgeliehen hatte und die mir abends die Zeit vertrieben, wenn ich allein zu Hause war. Nacht für Nacht tauchte ich in meiner Bettlektüre in das Zeitalter der Beobachter ein. Galileo, Cassini, Huygens, Messier, Herschel : Ich fragte mich, was es war, das mich an den Geschichten dieser eigenartigen Gelehrten in ihren ungeheizten Türmen fesselte. Vielleicht, dass die meisten Geschichten von einem Aufbruch handelten. Und dann die schiere Unglaublichkeit der Tatsache, dass es eine Ära in der Geschichte des Wissens gegeben hatte, in der ein Kapellmeister tausende von neuen Welten entdecken konnte. War er sich des Privilegs bewusst gewesen, in einer Zeit des Umbruchs zu leben, in der ein einziger Blick eine neue Realität erschließen konnte?
    »Jedes Mal, wenn du hindurchsiehst, ist da etwas Neues.« Und während mir Toms Worte beim Einschlafen durch den Kopf gingen, nahm gleichzeitig, schon halb im Traum, ein größeres Bild oder eine Idee Gestalt an. Eine Vorstellung, die vielleicht endlich erfasste, welches Motiv hinter all dem nächtlichen Treiben stand. Es war nicht nur Wissenschaft, sondern im Kern etwas viel Einfacheres: eine Schatzsuche. Eine Unternehmung, die unverschämte Ausdauer erforderte, einen neugierigen Blick und eine besondere Begabung zur Hoffnung. Ich hatte von Anfang an das Gefühl gehabt, dass es diese Begabung sei, die Tom von anderen Menschen unterschied.
    Große Gasplaneten waren die ideale Abendgesellschaft. Sie waren geduldig und nahmen mir, anders als meine Freundin, nichts übel. Ausgerüstet mit einem »Dobson«, einem von Tom gebastelten Einfach-Fernrohr, konnte ich sie nun jederzeit auch privat treffen, Jupiter am Abend, Saturn am Morgen. Sie sahen immer noch so ähnlich aus wie in Toms großem Clark-Refraktor, nur verschwommener, aber was machte das schon? Das Besondere an Saturn war vielleicht nicht einmal seine sagenhafte Schönheit. Noch unwahrscheinlicher und eigentlich überraschender fand ich seine Anwesenheit über meinem Balkon.
    Ein paar Mal zog ich auf eigene Faust los und fuhr mit dem Auto zehn, fünfzehn Kilometer hinaus auf die Felder. Ich hatte mir Sternkarten von Tom geborgt und außerdem eine »Planisphäre« – eine Pappe, die zu jedem Datum und jeder Uhrzeit die sichtbaren Sternbilder anzeigte. Schwan, Pegasus, Perseus, Cassiopeia – die Sternbilder zu finden fiel mir leicht, die sehenswerten Objekte darin zu finden, war allerdings schwieriger als erwartet. Man musste sich mit dem Auge am Sucher von Stern zu Stern bis zu der angegebenen Position hangeln, verirrte sich meistens unterwegs und landete im Niemandsland wie ein Tourist, der aus Versehen im Vorortzug saß. Mit zitternder Hand auf einer Kuhwiese das Dobson hin und her schubsend, verfluchte ich hundertmal mein Ungeschick und die Tücken der Mechanik, wenn ich trotz aller Mühen entweder gar nichts fand oder das Ziel für den Bruchteil einer Sekunde in meinem Sucher erschien, um dann sofort wieder verloren zu gehen. Die kleinste Erschütterung, der kleinste Fehlgriff konnten dafür sorgen, dass man das Teleskop verriss. Wenn nach langem, vergeblichem Schweifen allerdings doch noch irgendein glitzernder kleiner Haufen ins Blickfeld trudelte, verspürte ich Glück wie

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