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Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Titel: Die Kometenjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Deckert
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Fantasie zu beschäftigen. Fünfzig Jahre zuvor war es dem Mathematiker Edmond Halley erstmals gelungen, die Bahnen von Kometen zu berechnen. Seiner Theorie zufolge musste es sich bei den Kometen von 1531, 1607 und 1682 in Wirklichkeit um ein und dasselbe Objekt handeln, das immer wieder in die Nähe der Sonne zurückkehrte. Im Jahr 1759, prognostizierte er, werde man es erneut beobachten können. Halley selbst sollte dieses Jahr nicht mehr erleben, aber die Suche nach seinem Kometen wurde, als das Datum näher rückte, zu einem beliebten Sport. Auch Messier hielt Ausschau nach ihm – und dieser Fleck hatte nun wirklich Ähnlichkeit mit einem Kometen! War es möglich, dass ausgerechnet er, ein kleiner Gehilfe, als Erster Halleys Theorie bestätigen würde?
    Messiers Freude währte nur eine Nacht und einen Tag. Schon der erste Kontrollblick in der folgenden Nacht zeigte, dass der geheimnisvolle Fleck an derselben Position verharrt war. Es musste sich um ein statisches Objekt handeln, vermutlich einen kleinen Nebel. Mit den Teleskopen jener Zeit konnte man viele dieser diffusen Erscheinungen beobachten, leuchtende Flecken, die keine Sterne zu sein schienen, aber da sie nur unscharf zu sehen waren, wusste kein Mensch, was sie darstellten. Es mochten Gasblasen sein oder dichte Ballungen von Sternen, die Theorien schossen wild ins Kraut. Vielleicht würde es helfen, dachte Messier, wenn man die diffusen Objekte, die Kometen allzu sehr ähnelten, wenigstens sammelte. Sicher, so könnte man zukünftige Verwechslungen vermeiden. Das Objekt, das ihn so getäuscht hatte, merkte er sich. Er nannte es M 1.
    Komet Halley tat Messier nicht den Gefallen, zuerst vor seiner Linse aufzutauchen. Ein sächsischer Bauer fand den kleinen Punkt am Weihnachtstag 1758. Messier selbst sah ihn auch, kurze Zeit später, als die Nachricht noch nicht nach Paris gedrungen war, doch da der Komet nicht an der Position aufgetaucht war, die Messiers Vorgesetzter, der Marine-Astronom Delisle errechnet hatte, verzichtete das Observatorium zunächst auf die Meldung.
    Möglicherweise war es diese schmerzhafte Lektion, die Messiers Ehrgeiz vollends weckte. Wenn er schon nicht den Kometen gefunden hatte, auf den alle warteten, so konnte er doch wenigstens einen eigenen entdecken! Er begann , systematisch zu jagen. Sein vermutlich erster Erfolg, Anfang 1760, wurde noch nicht anerkannt – Delisle sträubte sich dagegen. Doch bis 1764 hatte Messier drei weitere eigene Kometen entdeckt, die seinen Namen erhielten. Dazu hatte er die Positionen von vierzig »Nebeln« in seinem Katalog verzeichnet – und auch viele dieser Objekte waren nie zuvor beschrieben worden. Kometenjagd und der Katalog – eine Arbeit ergab sich aus der anderen. 1771 hatte Messier bereits sieben eigene Kometen entdeckt, zwei davon mit bloßem Auge, er war Mitglied in ausländischen Akademien und ohne Zweifel Frankreichs wichtigster Astronom. Seinen Vorgesetzten, selbst ruhmlos und eifersüchtig bis zur Weißglut, blieb nichts anderes übrig, als ihm ein festes Gehalt zu gewähren. Ludwig der XV. hörte von seinem Marine-Astronomen und verlieh ihm den Spitznamen »das Kometenfrettchen«. Es war nur ein freundlicher Spott, aber in dem, was die Leute und die Konkurrenten über Messier sagten, steckte viel Wahrheit: Tatsächlich trug die Ausschließlichkeit, mit der er seiner Mission folgte, wohl Züge eines inneren Zwangs. Messier konnte nicht anders, als die ganze Zeit zum Himmel zu sehen, bei Tag und Nacht. In einer klaren Nacht, nach einem Bankett beim König, ging der nunmehr hochdekorierte Naturforscher hinaus in den Garten von Versailles, um wieder einmal den Himmel zu durchspähen , und achtete nicht auf den Weg. Er fiel in einen Eiskeller, verletzte sich schwer und wurde nie wieder ganz hergestellt.
    Die bleibende Ironie seiner Lebensgeschichte liegt in dem, was wir heute als Messiers Hauptwerk ansehen. Nicht die dreizehn Kometen seines Namens, auf die er so stolz war, zementierten seinen Ruhm, sondern sein Katalog: M 1 bis M 110, die erste größere systematische Sammlung von Objekten im »tiefen« Weltraum. Einige Forscher äußerten die Vermutung, dass es sich bei den »Nebeln« in Wahrheit um dichte Mengen von Sternen handeln könnte. Viele folgten Immanuel Kants Theorie, sie seien »Welteninseln« draußen im All.
    Und so war es an anderen Astronomen, die Kataloge durch immer genauere Beobachtungen fortzuschreiben. Die gesamte Astronomie des 19. Jahrhunderts wurde noch von

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