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Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Titel: Die Kometenjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Deckert
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konzentriert genug sei – was absolut der Wahrheit entsprach. Aber er könne mir gerne das Auto überlassen, für den Fall des Falles. Er hatte nichts dagegen. Sid Koenig würde ihn abholen. Die Aussicht auf einen weiteren Abend mit Dobson nahm ihn so sehr gefangen, dass er sich kaum Gedanken über mich machte.
    Gegen sechs hörten wir von draußen Koenigs Hupzeichen, und Tom war sofort aus der Tür. Ich rasierte mich rasch, zog ein sauberes T-Shirt an und rannte über den Parkplatz zu unserem Dodge – nicht ohne den üblichen mahnenden Blick der Rezeptionistin aufzufangen. »Watch your back, kid!« Ich versprach es ihr im Stillen und rollte vom Hof.
    Der Golden State Freeway war von Canoga aus leicht zu finden. Man musste nur das gesamte Tal in west-östlicher Richtung durchqueren. Reseda, Van Nuys, North Hollywood, die breiten Straßen des Valley zogen im Abendlicht an mir vorbei. Manchmal glaubte ich, in all den gesättigten Grün- und Goldtönen draußen das Filmkorn zu sehen. Wenn das Licht und die Reisegeschwindigkeit stimmten, wurde Los Angeles wirklich mit jener verheißungsvollen Stadt identisch, die die ganze Welt zu kennen glaubte. Und ich fuhr durch die Dämmerung wie ein Raymond-Chandler-Detektiv, keinem Ziel folgend außer dem Ruf einer geheimnisvollen Fremden.
    Die Sonne war gerade untergegangen, als ich am östlichen Ende der Hollywood Hills die Ausfahrt »Los Angeles Zoo« hinunterkurvte. Die große Asphaltfläche des Parkplatzes lag direkt zu Füßen der Berge und war um diese Uhrzeit leer und verlassen. Ich folgte dem Western Heritage Way bis zum hintersten Winkel des Parkplatzes, wo es nicht mehr weiterging. Wie versprochen konnte ich in einiger Entfernung einen Bus sehen, der allein in der Dämmerung stand. Die letzten zweihundert Meter musste ich zu Fuß über den Platz gehen. In meiner Fantasie konnte mich dabei selbst in einer dramatischen Filmeinstellung aus der Vogelperspektive beobachten. Der Bus stand mit laufendem Motor vor einem niedrigen Betonbau, in dessen Innerem ich einen Ticketschalter sah. Musste ich ein Ticket lösen? Davon hatte Claire mir nichts gesagt. Auf dem Platz und in dem Häuschen war kein Mensch. Ich sah mich um und fragte mich, wie es weitergehen würde. Der Bus stand sanft ratternd vor mir. Er würde wahrscheinlich bald abfahren, hinter den getönten Scheiben erahnte ich Gesichter, es sah aus, als warteten alle nur noch auf mich.
    Als ich einstieg, sagte der Fahrer »Guten Abend, Sir.« Er wollte gar kein Ticket sehen. Verwirrt ging ich zwischen den Reihen hindurch, in denen Pärchen saßen, hübsch zurechtgemachte Mädchen und junge Männer mit glänzend schwarzem Haar. Ich ging durch den Mittelgang nach hinten, und in der vorletzten Reihe saß tatsächlich Claire. Der Platz neben ihr war noch frei.
    »Kann losgehen«, sagte ich und ließ mich auf den Sitz fallen. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich ihr Lächeln.
    »Gerade noch«, sagte sie. »Wir wären fast ohne dich gestartet.«
    »Und wohin?«
    »Abwarten, Herr Astronom.«
    Vorne schaute sich der Fahrer noch einmal um. Dann schloss er die Türen und fuhr an.
    »Wo ist dein Partner?«, fragte sie.
    »Der musste auf einen Vortrag. Ich hoffe, es macht dir nichts aus, dass ich allein da bin.«
    »Nein«, sagte sie. »Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht genau, wer von euch beiden mir geschrieben hat.«
    »Also ich bin Philipp, der andere ist Tom.«
    »Gut Philipp. Willst du am Fenster sitzen?«
    »Gern.«
    Sie stand auf, und ich zwängte mich vorsichtig an ihr vorbei, wobei ich einen Blick auf sie warf. Sie trug eine schmale schwarze Wolljacke mit Gürtel und darunter ein einfaches weißes T-Shirt. In ihren Ohren steckten kleine blumenförmige Silberdinger; obwohl sie nicht mein Geschmack waren, freute es mich, dass sie sie wohl extra für den Abend ausgewählt hatte.
    Wir fuhren an einer langen Koppel entlang, hinter der ein ausgedehnter Golfplatz lag. Dann beschrieb die Straße eine Kurve und führte hügelan durch ein trockenes Steppenland aus Sträuchern und Grasbüscheln. Der Boden war sandig. Wir kamen abwechselnd durch dornige Wildnis und kleine Wäldchen.
    »Was ist das für eine Gegend?«
    »Der Griffith Park«, sagte Claire.
    »Sieht ziemlich verwildert aus.«
    »Das ist Absicht. Hier haben sie früher Tarzan-Filme gedreht, mit Johnny Weissmüller.«
    Ich nickte anerkennend und sah wieder nach vorne. Die frisch verliebten Paare hielten Händchen und sprachen spanisch. Chipstüten knisterten, Mädchen

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