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Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Titel: Die Kometenjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Deckert
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versteinerter Form herumstanden. Im Südwesten die weißen Spitzen der San-Francisco-Bergkette, hinter denen die Sonne schon versank. Und um uns herum die violette Prärie. Ein einziges Gebäude konnten wir sehen. Auf der Rückseite des Bergs, die uns von der Straße aus verborgen gewesen war, lag eine einsame Asphaltpiste im Wüstenboden. Das Gebäude, auf das sie zuführte, war eine rechteckige, weiße Schuhschachtel, die nagelneu in der Sonne strahlte wie ein versehentlich hier abgeworfener Container. Ich fragte mich, ob Whistler dort lebte.
    Als wir das einsam rotierende Windrad erreicht hatten, stiegen wir aus. Der olympische Ausblick machte uns stumm.
    »Jetzt verstehe ich langsam, warum man sich einen Vulkan kauft«, sagte ich schließlich.
    »Ich wüsste zu gern, was er da oben treibt.« Tom sah skeptisch zu dem Kraterrand über uns. »Ein Observatorium hätten wir von der Straße aus sehen müssen.«
    »Sag ich doch, da ist nichts.«
    »Aber es gibt einen Fußweg.« Er zeigte auf einen Pfad, der in einem Bogen zum Kraterrand führte. »Jetzt können wir uns auch gleich alles ansehen.«
    »Was ist mit dem Auto? Das gehört jemandem, und der ist vielleicht da oben.«
    »Wenn schon«, sagte Tom und wiederholte sein Mantra. »Wir sind Touristen!«
    Mit diesen Worten machte er sich auf den Weg. Mein Gefühl sagte mir gleich, dass es der eine Schritt zu viel war, und diesmal sollte ich Recht behalten. Der Lieferwagen, der in unserer Nähe parkte, war nahezu schrottreif, aber er sah nicht so aus, als wartete er hier nur auf das Jüngste Gericht. Auf der Ladefläche lagen Kabelrollen und ein benzinbetriebener Generator. Die Motorhaube war kalt unter meiner Hand, aber als ich durch die Fahrertür sah, entdeckte ich im Inneren ungeöffnete Getränkedosen. Die Tür schien nicht einmal verschlossen zu sein.
    »Ich glaube, hier ist jemand!«, rief ich.
    »Jetzt komm schon«, sagte Tom und ging unbeirrt weiter. »Wir sind harmlose deutsche Tou …«
    Sein Satz war noch nicht beendet, als wir zusammenzuckten, weil die Stille jäh von einem Knall unterbrochen wurde. Es war ein trockener Knall, der einen Moment in der Luft nachhallte, ein ziemlich eindeutiger Knall. Nicht dass ich mich damit auskannte, aber für mich hatte er geklungen wie ein Schuss. Für Tom offenbar auch. Ich hörte, wie er »Scheiße« rief, und sah ihn in meine Richtung zurückrennen. Ich selbst duckte mich hinter den Lieferwagen, da krachte es schon ein zweites Mal. Aus meiner Deckung gewahrte ich eine Gestalt oben am Kraterrand, die mit einem langen Lauf auf uns zielte. Und sie war nicht allein. Bei ihr war noch eine andere Gestalt, gedrungen, vierbeinig und schwarz, ein Tier, das mit schnellen Schritten den Hang hinabgelaufen kam. Ein Hund, nein, ein mächtig großer Hund! Wäre ich noch zum Denken fähig gewesen, wäre mir wohl eingefallen, dass ich unser Auto erreichen konnte, um mich einzuschließen und in Ruhe dabei zuzusehen, wie Tom gebissen wurde. Aber unter diesen Bedingungen und an diesem Ort funktionierte mein Gehirn nicht richtig. Und leider fiel mir nichts Besseres ein, als Hals über Kopf den Hang hinunterzurennen. Ich rannte querfeldein, auf der Falllinie in Richtung Tal, zwanzig, dreißig Meter weit. Der Boden unter meinen Füßen war sandiges Geröll, eher hart als weich und mit genügend Steinen durchsetzt, um mir bei einem Sturz alle Knochen zu brechen. Ich wollte schon gar nicht mehr rennen, wurde aber immer noch schneller. Plötzlich sah ich eine Kuppe vor mir auftauchen, hinter der das Gefälle steiler wurde. Nach einer ohnmächtigen Sekunde, in der ich merkte, dass es für eine Kurve nicht mehr reichte, versteifte sich mein Körper, ich stellte mich mit aller Kraft seitlich zum Berg, kam aber nicht zum Stehen, sondern rutschte geradewegs über die Kuppe, fiel, und dann ging es auf jahrtausendelang gehärteter Asche und Lava bergab. Meine Fersen ratterten über das Geröll, mein Ellbogen krachte gegen Stein, was in kürzester Zeit alles mit meinem Rücken und Hinterteil passierte, war unbeschreiblich. So rutschte, bremste, schlidderte und holperte ich ein paar Meter, bis ich endlich zum Liegen kam – auf der Straße. Soll der Hund kommen, dachte ich. Er kann gerne meine Überreste beißen.
    Anstelle des Hundes kam ein Auto. Eine Staubwolke hinter sich, jagte es über die Piste und kam vor mir zum Stehen.
    »Wie geht’s?«, fragte Tom, als er ausstieg.
    »Weiß nicht«, sagte ich. »Komischer Tag irgendwie.«
    »Willst du

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