Die Kometenjäger: Roman (German Edition)
deren langweiliges Produkt auftischen, aber sie kürzten die Sache ab und nannten einfach den Namen der Firma. Er war so bekannt, dass ich gar nicht mehr fragen musste, was genau das Unternehmen herstellte oder anbot.
»Und was genau tun Sie da?«, fragte ich, nur um sicherzugehen.
»Wir sind die Gründer«, sagte Tolwyn.
»Oh«, sagte ich und nickte. Zum Glück begannen Tolwyn und Dreysen, nun selbst Fragen zu stellen. Wo kommt ihr her? Was bringt euch hierher? Es war eine reine Lockerungsübung. Sie produzierten Neugierde mit einer abgeklärten Routine, wie man sie wohl im Lauf vieler Business-Lunches lernte, aber ich war ihnen dafür dankbar.
»Und wie haben Sie Mr. Whistler kennengelernt?«, fragte ich.
»Auf einem typischen Mäzenaten-Dinner«, sagte Tolwyn und rollte mit den Augen, als handle es sich bei solchen Anlässen um eine besonders lästige Pflicht. »Es ging den ganzen Abend um Astrophysik. Wir verstanden also kein Wort.«
»Bis zum Nachtisch hatte er uns von einem verrückt teuren Spielzeug überzeugt«, sagte Bart Dreysen.
»Stimmt«, erinnerte sich Tolwyn mit einem Grinsen. »Er hat es uns förmlich aufgeschwatzt.«
»Und was haben Sie da gekauft?«, fragte ich.
»Wahrscheinlich könnten sie es auch ein Teleskop nennen«, sagte Dreysen.
»Was für eines?«, fragte Tom, dessen Interesse erwacht war.
»Ein sehr großes. Es wird gerade in Chile gebaut.«
»Eric übertreibt«, sagt Dreysen. »Wir sind auch nur daran beteiligt. Mit vielen anderen. Es ist heute üblich, dass für so große Projekte private Mäzene gesucht werden. Meistens Leute aus der Technologiebranche. Aber die Astronomie ist für uns Neuland.«
»Es sind zehn Universitäten daran beteiligt, aber nur ein privater Geber«, sagte Tolwyn. »Das heißt, es bleibt unser Baby.«
Mrs. Anand beteiligte sich nicht an der Diskussion. Sie hatte auf einem bequemen quadratischen Hocker neben Tom Platz genommen, der wie die ganze Campingküche etwas mit ihrem Habitus kollidierte. Sie folgte dem Verlauf des Gesprächs lächelnd, eingeschlossen in ihre schöne, aber rätselhafte Schale. Ich hatte Verständnis dafür, dass es ihr nicht gelang, das wechselhafte Schicksal eines Amateur-Astronomen und eines Illustrators aus Deutschland besonders aufregend zu finden. Letztlich trug ihr hoheitliches Schweigen aber nur dazu bei, meine Neugierde zu steigern, ob es kulturell bedingte Zurückhaltung oder gewöhnliche Blasiertheit war, der wir ausgesetzt waren.
»Haben Sie auch mit dem Weltraum zu tun?«, fragte ich sie.
Tolwyn und Dreysen brachen nahezu gleichzeitig in Gelächter aus.
»Warum lachen Sie?«, fragte ich.
»Über Ihre Frage«, sagte Tolwyn.
»Entschuldigung«, sagte Dreysen. »Es war zu komisch.«
»Die Herren meinen, dass Ihre Frage eine besondere Ironie birgt«, sagte Rhada Anand und schenkte mir ein liebenswürdiges Lächeln.
»Was machen Sie, wenn ich fragen darf?«
»Ich bin Ingenieurin«, sagte sie. »Ich besitze eine Telekommunikationsfirma.«
»Aber was ist nun die Ironie daran?«, fragte ich.
Sie wurde verlegen, als widerspräche es den Regeln der Bescheidenheit, sich darüber auszulassen: »Sie spielen auf eine Reise an, die ich vor kurzem gemacht habe. Mit einer russischen Raumkapsel.«
Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, was sie gesagt hatte.
»Sie sind mit einer Raumkapsel geflogen …«
»Ja.«
»In den Weltraum!«
»In den Orbit.«
»Dann sind sie Astronautin!«
»Weltraumtouristin höchstens. Nicht jeder, der ein Astronautentraininig absolviert hat, ist ein Astronaut. Ich bin in einer alten Sojus geflogen. Jeder kann da mitfliegen.«
»Jeder, der dafür bezahlt«, ergänzte Tolwyn unelegant.
»Natürlich, Eric«, sagte sie ohne gekränkt zu wirken, aber in einem Tonfall, der ihre Abneigung kaum verschleierte, »das ist selbstverständlich.«
Tom sagte gar nichts. Er starrte Rhada Anand an wie ein betrunkener Verehrer die schöne Fremde am entlegenen Ende der Tanzfläche. Ich wusste auch nicht, welche Frage ich zuerst stellen sollte. Es war sicher die interessanteste Gesprächsrunde, die ich bis dahin in einem Wohnmobil getroffen hatte. Ich wartete schon darauf, welche Enthüllung als Nächstes käme. Ob Whistler, der gerade durch den Mittelgang auf uns zukam, vielleicht erklären würde, er sei Elvis’ unbekannter Bruder oder er könne an guten Tagen auch ohne Flugzeug fliegen. Aber er machte nur die Kühlschranktür auf, musterte etwas ratlos den Inhalt und stellte uns gutgelaunt vor die
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