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Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Die Kometenjäger: Roman (German Edition)

Titel: Die Kometenjäger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Deckert
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wie ein Stück Natur. Mehr wie ein Bauwerk. Mich hat er immer an die Pyramiden erinnert. Haben Sie je die Pyramiden mit eigenen Augen gesehen?«
    »Nein«, sagten wir beide.
    »Fantastische Dinger. Ich bin Ingenieur. Mir kann niemand erzählen, dass diese Dinger von Menschen gebaut wurden.«
    »Aber wer soll sie sonst gebaut haben?«, fragte Tom.
    Whistler betrachtete ihn mit einem Grinsen, so als hätte Tom sich die Antwort schon selbst gegeben. »Nun, von dieser Welt sind sie jedenfalls nicht.« Er wandte sich rasch wieder der Runde zu: »Wir sollten langsam an unsere Führung denken«, schlug er vor, »aber erst müssen wir uns um die jungen Herren kümmern.«
    Whistler schnappte sich ein Walkie-Talkie, das in seiner Reichweite auf der Küchenablage lag, und nahm Funkkontakt mit Loeb auf, dessen Stimme krachend aus dem Lautsprecher kam. »Ich mache Ihnen einen Vorschlag«, rief er uns zu. »John bringt sie zurück in die Stadt, und wir treffen uns später zum Abendessen. Was halten Sie davon? Sie bleiben doch bis heute Abend in der Gegend?«
    Die Frage klang eher wie ein Befehl. Tom nickte pflichtbewusst.
    »Wir treffen uns auf dem Mars Hill. Kennen Sie schon das Observatorium dort?«
    Ich versuchte, ein Lächeln aufzusetzen: »Wir kennen schon so viele Observatorien …«
    »Nein. Dieses eine müssen Sie sehen. Da erfahren Sie alles, was Sie interessiert.« Er sah mir in die Augen, bis ich nickte. Und damit war unsere Audienz beim Raketenmann beendet.
    In Loebs Wagen schwiegen Tom und ich, wie nach einem verstörenden Theaterbesuch, der sich jeder Wertung entzog. Ich konnte nicht einmal genau sagen, was in dem Stück passiert war. Nur, dass die Vorstellung ihre unterhaltsamen Seiten gehabt hatte. Und dass Tom und ich nichts auf der Bühne verloren hatten. Ich fragte mich, wann auf unserer Reise wir vom Weg abgekommen waren. Wann es begonnen hatte, hier zwischen den Vulkanen oder schon in Los Angeles? Oder noch früher, in Deutschland?
    Auf dem Parkplatz der »2Bar4« setzte uns Loeb ab und erklärte uns, zu welchem Motel in Flagstaff wir fahren sollten. Es war eins der besseren Motels an der Ausfallstraße im Osten der Stadt. Als wir in der Rezeption vorsprachen, stellten wir fest, dass die Zimmer schon bezahlt waren. Wir widersprachen nicht lang, bestellten Truthahnsandwiches aufs Zimmer und setzten uns in den beheizten kleinen Whirlpool, der direkt neben der Einfahrt lag. Der Pool ging zur Straße und zu den Gleisen der Santa-Fe-Linie hinaus, aber das störte uns nicht besonders. Tom streckte den Kopf aus dem heißen Wasser und sah einem hupenden Zug nach, ohne viel Interesse an einem Gespräch zu zeigen. Wahrscheinlich biss er sich immer noch an Whistler und dessen Freunden die Zähne aus, was ich verstehen konnte. Mir ging es ebenso. Whistler schien eine dieser märchenhaften Figuren zu sein, an denen allzu irdische Begriffe wie »Größenwahn« schlicht abprallten. Ich fragte mich, welche Befriedigung es ihm verschaffte, einen Vulkan domestiziert zu haben, ob dadurch irgendein Machttrieb gestillt worden war. Und war es nicht offensichtlich, was der Berg war? Ein Monument zu Whistlers Ehren. Ein hundert Meter hoher Grabhügel, auf dem sein Name bis in alle Ewigkeit stehen sollte.
    »Was hältst du von ihm?«, fragte ich Tom nun doch.
    »Er ist unheimlich«, sagte Tom und richtete sich platschend im Becken auf. »Der Typ hat einen Plan, aber den verstehe ich nicht.«
    »Vielleicht ist er der perfekte Geschäftspartner für dich.«
    Tom schüttelte nur den Kopf. Er stieg wortlos aus dem Wasser und verschwand im Zimmer, wo ich ihn später beim Sortieren seiner Okulare vorfand.

KAPITEL 7

    W histler ließ telefonisch nachfragen, ob wir eine Limousine brauchten. Tom fuhr lieber selbst. Unser Ziel, der Mars Hill, war kaum zu verfehlen. Wir mussten nur der Hauptstraße in westlicher Richtung folgen, der Berg grenzte direkt an die Innenstadt von Flagstaff. In der Dämmerung fuhren wir über eine gewundene Straße zwischen hohen Ponderosa-Kiefern hinauf, bis wir zu einer Schranke gelangten, die für uns geöffnet wurde. Auf einem Schild lasen wir: »Lowell Observatory. No headlights after dark, no public access after 9.30 p.m.«
    Ein junger Mitarbeiter des Observatoriums erwartete uns auf dem Parkplatz, auf dem schon mehrere große Autos standen. Er begrüßte uns mit Händedruck und einer ausgesuchten Fröhlichkeit wie ein Animateur, mit dem wir garantiert noch sehr viel Spaß haben würden, und bat uns ihm zu

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