Die Kometenjäger: Roman (German Edition)
Wahl: »Bier oder Coke.« Auf Wunsch bekamen wir alle eiskalte Coladosen serviert, die mit großem Gezisch geöffnet wurden. Die Stimmung erinnerte mich an den ersten Tag eines Klassenausflugs. Die Mitglieder der Gruppe pflegten normalerweise sicher anders zu reisen, aber alle schienen den Campingurlaub zu genießen.
»Ich habe den jungen Männern gerade vom Weltraum erzählt, Jeremiah«, sagte Mrs. Anand.
»Haben Sie von Borscht in Tuben erzählt?«, fragte Whistler.
»Das ist ein Märchen.« Sie lachte. »Die Weltraumnahrung ist gehobener Standard. Die Russen berücksichtigen sogar die nationalen Küchen ihrer Gäste.«
»Wenn Sie nur auf mich hören würden«, sagte Whistler. »Wir könnten eine Orbitfluglinie mit gutem Essen aufmachen. Das wäre ein Riesengeschäft.«
»Es ist auch so ein Riesengeschäft«, sagte Rhada Anand. Sie wandte sich zu Tom und mir: »Sie glauben nicht, wie viele Leute bereit wären, ein Vermögen zu bezahlen für ein paar Minuten in der Schwerelosigkeit. Es sind zehntausende Kunden allein in den USA.«
»Es bleibt trotzdem ein überschaubares Geschäft«, sagte Dreysen. »Sie können jeden reichen Spinner nur einmal hochschicken.«
»Ein paar weniger von diesen Typen – das würde der Erde guttun«, bemerkte Tolwyn. »Ich sehe sie täglich. Schickt am besten meine ganze Wohngegend hoch.«
»Wir könnten es machen«, sagte Whistler. »Ich kenne all die richtigen Leute.«
»Sie haben Recht. Wenn wir auf die NASA warten, dann warten wir noch tausend Jahre«, sagte Rhada Anand.
Whistlers Blick verfinsterte sich nun bedrohlich. »Die NASA«, schnaubte er voller Verachtung. »Ich würde über die Schließung dieser aufgeblasenen Bleistiftspitzer-Behörde nachdenken. Sobald ein Privater in ihren Hoheitsbereich eingreift, werden sie blamiert sein bis auf die Knochen.«
»Jeremiah mag die NASA nicht«, erläuterte Rhada Anand, die sich plötzlich wieder an unsere Anwesenheit zu erinnern schien. »Es ist eine lange Geschichte.«
»Das Einzige, was ich persönlich nehme ist, dass sie die Erwartungen einer ganzen Generation enttäuscht haben. Sie reden vom Mars. Sie reden seit dreißig Jahren vom Mars! Denken Sie, junge Menschen träumen heute von der Raumfahrt?«, rief Whistler und richtete seinen zornigen Blick direkt auf mich. »Natürlich nicht! Das ist die Schuld der NASA.«
»Sie sind ein Kind des Weltraumzeitalters, Jeremiah«, sagte Tolwyn. »Wir haben andere Präferenzen. Wir bloggen und mögen Karaoke.«
»Deswegen hatte ich gehofft, die Luft hier draußen würde Ihnen guttun«, sagte Whistler.
Rhada Anand leerte ihr Glas und räusperte sich leise. »Wollen Sie auch den Vulkan ansehen?«, fragte sie Tom und mich.
»Wir haben ihn gerade schon gesehen«, sagte ich.
»Dann hat John sie einfach reingelassen?«, rief Whistler. »Dieser verrückte Hund.«
»Er kann nichts dafür«, sagte Tom. »Wir haben ihn überredet.«
Whistler musterte uns wie ein General seine neuen Rekruten. »Was haltet ihr von dem Vulkan?«
»Er ist sehr beeindruckend«, sagte ich.
»Wissen Sie, wie lang ich ihn schon habe? Seit fünfzehn Jahren. Ein spontaner Kauf. Ich hatte keine Verwendung für einen Vulkan. Meine Frau hat mich für verrückt erklärt. Sie wollte lieber ein Haus an der Amalfi-Küste.« Er lachte schallend über diese Albernheit. »Ich bin drei Mal geschieden. Jetzt haben meine Frauen alle schöne Häuser, und ich habe immer noch diesen verdammten Berg.«
»Haben Sie ihn nicht bei einem Überflug entdeckt?«, fragte Eric Tolwyn.
»Oh ja. Es war eine romantische Sache. Ich konnte ihn nicht mal von der Steuer absetzen. Dazu müsste ich ihn kommerziell nutzen. Wie zum Teufel soll man einen Vulkan kommerziell nutzen? Bisher habe ich mich als Rancher ausgegeben. Das war nicht sehr glaubwürdig, oder?«
»Mir ist aufgefallen …«, begann Tom schüchtern. »Es ist ja kein richtiges Observatorium.«
»Sie haben ganz Recht«, gab Whistler zu. »Es ist nur ein Raum. Ein persönlicher Luxus, mehr nicht. Und vielleicht der Luxus einiger Gäste, die sich nicht so schnell langweilen wie unsere Freunde hier.«
Tom kniff die Augen zusammen wie ein kurzsichtiger Schüler, der sich bemüht, die Schrift an der Tafel zu erkennen.
»Wollen Sie den Krater möblieren?«, fragte ich.
»Nein, er soll genau so bleiben, wie er jetzt ist. Ganz einfach. Nur der Berg und der Himmel. Wissen Sie, was mir an ihm besonders gefallen hat?«
»Nein«, sagte Tom.
»Die Symmetrie. Er war von Anfang an nicht
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