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Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Titel: Die Kommissarin und der Tote im Fjord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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Warum flüstert Vestgård deinem Vorgesetzten etwas ins Ohr, so dass du dir eine Rüge einfängst, nachdem du sie verhört hast?«
    Lena richtete sich auf. »Weder du noch ich wissen, ob sie das getan hat. Und wenn sie es getan haben sollte, gäbe es dafür die natürlichste Erklärung der Welt. Erstens kam Vestgård in Verlegenheit, als ich bei ihr zuhause aufgetaucht bin. Sie dachte, ich käme wegen der Morddrohung. Stattdessen wurde sie mit einem verdächtigen Todesfall konfrontiert. Die falsche Presse in so einem Fall kann Vestgård ihre Karriere kosten.«
    Steffen griff wieder nach ihrer Hand. »Ein verdächtiger Todesfall?«
    Sie saß einen Moment nur da und betrachtete die Hand, die sich noch einmal um ihre schloss, bevor sie sie noch einmal langsam zurückzog. Sie schauten sich wieder in die Augen.
    Das Knistern zwischen ihnen war jetzt fast hörbar. Es hatte keinen Sinn, so zu tun, als wäre es anders. Lenas Mund war trocken, und es waren keine Schmetterlinge, die in ihrem Bauch mit den Flügeln schlugen, es war ein Schwarm ganz unbekannter Art.
    »Das war falsch. Ich wollte sagen, ein Unfall.«
    Sie bemerkte, dass sie beide auf ihre Hände schauten.
    Dann sahen sie gleichzeitig auf.
    Sie senkte ihren Blick sofort wieder.
    Steffen sagte: »Glaub, was du willst, aber ich bin überzeugt, dass an diesem Treffen im Restaurant etwas faul ist. Der Journalist in mir hat die Witterung aufgenommen. Ich weiß, dass da draußen eine ganz große Story wartet!«
    Lena lächelte. Steffen Gjerstad war eine faszinierende Persönlichkeit. Der Eindruck eines langbeinigen Fotomodells hatte zunächst dem eines scharfen Analytikers weichen müssen, und dahinter war wiederum ein kleiner Junge zum Vorschein gekommen, der mit Legoklötzen spielte und brummte, sobald er ein Spielzeugauto in die Finger bekam.
    Ihr Glas war leer. Und ihre Gedanken schwammen durcheinander. Einerseits brauchte sie Zeit für sich allein, andererseits war es auch sehr verführerisch, hier so zu sitzen, zu trinken und zu lachen und nicht die geringsten Sorgen zu haben. Das Problem war nur, dass solche Pub- und Flirtszenen meistens auf eine ganz bestimmte Weise endeten. Sie wollte nicht, dass es den falschen Ausgang nahm. Nicht jetzt. Nicht heute. Deshalb beschloss sie, auf ihre innere Stimme zu hören. Sie stand auf.
    Er sah zu ihr auf. »Du gehst?«
    Sie nickte.
    »Ich auch.«
    Die Tür wollte nicht richtig hinter ihnen ins Schloss fallen. Sie stießen fast zusammen, als sie beide versuchten, sie zu schließen. Eng beieinander blieben sie stehen, und es war kalt draußen. Keiner von ihnen sagte etwas. Lena drehte sich um und ging los.
    Schweigend trotteten sie nebeneinander her. Als sie die Akersgate entlanggingen, sah sie den Bus kommen. »Das ist mein Bus«, rief sie. »Der nächste kommt in einer halben Stunde. Tschüss!«
    Sie begann zu laufen.
    Der Bus hielt an der Haltestelle fünfzig Meter weiter. Die Türen wurden geöffnet. Als sie einstieg, wandte sie sich um.
    Steffen stand hinter ihr. Er war auch eingestiegen. Er rang nach Atem. Sie schauten sich an und mussten beide grinsen.
    Dann saßen sie schweigend nebeneinander auf einem Doppelsitz vor der hinteren Tür.
    Schließlich hielt Lena es nicht mehr aus und fragte: »Wo wohnst du?«
    »Hegdehaugsveien 31.«
    »Dann sitzt du im falschen Bus. Der hier fährt nach Helsfyr.«
    Er antwortete nicht.
    Lena sah in die schwarze Nacht hinaus und betrachtete Steffens Gesicht in der Scheibe. Ihre Blicke trafen sich.
    Sie holte tief Atem und wandte ihm ihr Gesicht zu. Als er schluckte, ließ sie ihren Kopf an seine Schulter sinken und schloss die Augen.
9
    Das Dröhnen einer Bohnermaschine auf dem Korridor kam langsam näher. Es wurde also langsam spät. Gunnarstranda stand auf und las durch, was er aufgeschrieben hatte. Verschiedene Handlungsszenarien, die man alle auf dieselben Fragen zuspitzen konnte: Wer hatte vor der Tür mit dem Panikhebel Blut verloren? Nina Stenshagen oder der Verfolger? Und warum?
    Von den möglichen Handlungsverläufen überzeugte Gunnarstranda der am meisten, der auf folgender Rollenverteilung der beiden aufbaute: Sie lief voran. Er lief ihr hinterher. Wahrscheinlich war sie vor ihm auf der Flucht. Sie kannte die Bombenschutzräume mit Notausgängen in den Tunnels. Sie hatte damit gerechnet, ihrem Verfolger da unten entkommen zu können. Entweder dadurch, dass er es nicht wagen würde, ihr in den Tunnel zu folgen, oder, wenn er es doch wagte, indem sie sich versteckte und ihn

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