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Die Kompanie der Oger

Die Kompanie der Oger

Titel: Die Kompanie der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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Fackel angebracht. Ihr Licht war kalt und Ned konnte den Frost in seinem Atem sehen. Der Henker ließ Schellen um Neds Handgelenke zuschnappen. Ned ließ sich geschlagen zu Boden plumpsen. Die kurzen Ketten hielten ihn davon ab, ganz hinunterzufallen. Der Dämon hob Neds Kinn. »Siehst nicht nach viel aus, was?«
    Wenn der Atem des Henkers auch faulig war, er war doch nicht fauliger als der Rest der unangenehm feuchten, übel riechenden Luft. Er schniefte und spuckte. Die Spucke gefror auf halber Flugbahn und zerschellte auf dem Boden. Er walzte ohne ein weiteres Wort davon.
    Ned hing in der Dunkelheit. Ab und zu zuckte sein böser linker Arm. Manchmal riss er an seinen Fesseln. Die Ketten rasselten. Die anderen Gefangenen gackerten und flüsterten.
    »Warum bist’n du hier drin, Kumpel?«, fragte der Insasse der Nachbarzelle. Seine Stimme klang trocken und drohend. In der Wand befand sich ein kleines Loch, das es ihm erlaubte, mit einem einzelnen, blutunterlaufenen Auge hindurchzuspähen.
    »Universen zerstören«, antwortete Ned. »Du?«
    »Verschmutzung.«
    Ned hob skeptisch den Kopf.
    »Die Erde mit den Leichen meiner Feinde verschmutzen«, verdeutlichte der Gefangene. Sein rotes Auge glühte unheimlich.
    »Was bist du?«, fragte Ned.
    »Ich weiß es nicht. Ich glaube, ich wusste es mal, aber ich bin hier schon so lange, dass ich es vergessen habe. Du wirst es auch vergessen. Letzten Endes.«
    »So lange wird es nicht dauern«, sagte Ned.
    Weiteres Gelächter.
    »Hab ich doch gesagt.« Etwas, vielleicht ein Schwert oder Krallen oder Reißzähne, kratzte über die Mauer. Das Auge verschwand von dem Riss. »Zumindest glaube ich, dass ich das gesagt habe.«
    Irgendwann schlief Ned ein. Oder vielleicht dachte er auch nur, dass er das tat. Etwas berührte seine verwundete Schulter. Er hatte nicht einmal die Kraft aufzuschreien.
    »Sir, sind Sie in Ordnung?«
    Ned hob den Kopf mit erheblicher Anstrengung und fand sich von Angesicht zu Angesicht einem Dämonen mit gro-~ ßer Nase und pockennarbiger Haut gegenüber.
    »Geh weg«, murmelte Ned. »Oder töte mich. Was von beidem, ist mir egal.«
    Der Dämon flüsterte: »Sir, ich bin’s.« Ned blinzelte.
    »Ich bin’s, Seamus.« Der Dämon kam näher. »Gefreiter Seamus.«
    Ned konnte den Namen nicht einordnen.
    Seamus schaute sich um, um sicherzugehen, dass die Luft rein war, bevor er sich in seine Koboldgestalt zurückverwandelte.
    »Das ist ein hübscher Trick«, sagte der Gefangene in der Nachbarzelle.
    In Neds wirrem Gedächtnis arbeitete es nur langsam. Er erinnerte sich nicht an Seamus’ Namen, und alle Kobolde sahen gleich aus. Aber Gestaltwandlung war doch gerade genug Unterschied, um etwas Erinnerung zu verdienen.
    »Ich habe gesehen, wie sie Sie mitgenommen haben, Sir«, sagte Seamus, »und ich habe beschlossen, ihnen zu folgen und zu sehen, was ich tun kann. Am Anfang habe ich mir ein bisschen Sorgen gemacht, dass ich sie nicht täuschen kann, aber niemand achtet besonders auf Frontschweine. Nicht einmal die Dämonenarmeen, glaube ich.«
    Er untersuchte die Ketten an Neds Handgelenken. »Die sind ziemlich dick. Ich könnte sie vielleicht zerreißen, wenn ich mich in etwas Großes verwandle.«
    »Machen Sie sich keine Umstände.«
    »Entschuldigung, Sir?«
    »Und was dann? Selbst wenn Sie mich befreien, Sie würden mich nie hier herausbekommen.« Ned gab sich Mühe, seinen Kopf tiefer hängen zu lassen. »Es ist alles zwecklos.«
    »Er hat Recht«, sagte der Gefangene. »Niemand ist je aus diesen Kerkern entkommen. Niemand und nichts.«
    »Ich könnte Hilfe holen«, sagte Seamus.
    »Warum sich die Mühe machen?«
    »Wollen Sie nicht gerettet werden, Sir?«
    »Ich weiß nicht. Ich schätze schon.«
    Ned war nicht dagegen, aber er konnte auch nicht erkennen, wie es möglich sein sollte. Und er war mit der Hoffnung auf Unmögliches oder selbst Unwahrscheinliches ein für alle Mal fertig.
    Die Kerkertür ging rasselnd auf. Seamus verschwand in einer Rauchwolke und nahm seine hässliche Dämonengestalt gerade rechtzeitig an, bevor der Henker in Sicht schlingerte.
    »He da, was machst du? Hier darf keiner sein.«
    Obwohl er die gekrümmte Gestalt eines Dämons angenommen hatte, krümmte sich Seamus noch tiefer. »Entschuldigung. Ich hab mich verlaufen.«
    Der Henker schniefte, was seine Lieblingsbeschäftigung zu sein schien. Er blickte finster drein und entblößte Reihen spitzer Zähne, die bisher hinter weiteren Reihen spitzer Zähne verborgen geblieben

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