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Die Kompanie der Oger

Die Kompanie der Oger

Titel: Die Kompanie der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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zu einer funktionstüchtigen militärischen Einheit gemacht werden kann. Aber das ist nicht meine Sache. Ich bin der Buchhalter, und ich kann Ihnen versichern, dass die Berechnungen lupenrein sind.«
    Ned wischte sich mit zitternden Händen die Tränen aus dem Gesicht. Seine Haut fühlte sich feuchtkalt an. Der Vortrag des Dämons hatte ihm seinen ohnehin schon verminderten Lebenswillen ausgesaugt. Er hätte sich mit Freude in sein eigenes Schwert gestürzt, um das Ganze zu beenden. Aber diese Möglichkeit bestand für ihn nicht. Das war der Nachteil der Unsterblichkeit.
    Der wild gewordene Finanzplan schlitterte in seinem Büro herum, unter den Schreibtisch, über den Boden, eng um seine Beine gewickelt, so dass es ihm die Blutzufuhr abschnitt. Er schnurrte abwechselnd seinen Schöpfer an und knurrte in Richtung Ned.
    Der Homunkulus sagte: »Es war meine Empfehlung, dass man Sie auf diesen Posten versetzte. Freilich gab es einigen Widerstand gegen diese Idee. Ihre militärische Akte ist nichts Besonderes. Aber ich habe dargelegt, dass alle bisherigen Kommandeure gute Offiziere waren und dass es trotzdem nicht einer von ihnen geschafft hat, etwas aus der Oger-Kompanie zu machen. Vom logischen Standpunkt aus betrachtet wäre es eine Verschwendung von Ressourcen, noch einen hervorragenden Soldaten in den geifernden Rachen des nahezu sicheren Todes zu werfen. Doch es gab einen Mann - womit ich Sie meine -, der die nötige buchhalterische Erfahrung besaß, um die Situation zu verstehen, was die meisten Soldaten nicht könnten. Ein Mann mit der seltsamen Eigenschaft, dem Tod immer und immer wieder einen Strich durch die Rechnung zu machen. Und, was am wichtigsten ist, ein Mann, der, sollte diese Eigenschaft versagen, letztlich entbehrlich war.«
    Ned versuchte aufzustehen. Der Finanzplan wickelte sich um seinen Bauch und hielt ihn auf seinem Stuhl fest.
    Ein zufriedenes Lächeln ging über das Gesicht des Homunkulus. »Es hat etwas Überzeugungsarbeit gekostet. Ich denke, sie haben einfach gehofft, ich würde ihnen empfehlen, das ganze Projekt einzustampfen. Aber ich habe sie überzeugt, es noch ein letztes Mal zu versuchen. Sie haben sechs Monate, um diese Kompanie zu retten. Mehr als genug Zeit, wenn Sie meinem Rat folgen.«
    Ned konnte sich an keine einzige der Empfehlungen des Dämons erinnern. Er konnte sich an überhaupt nichts, was in den letzten Stunden passiert war, erinnern, bis auf den höllischen Klagegesang, ein Dröhnen ohne Worte, ein Lied der fiskalisch Verlassenen.
    »Folgen Sie einfach dem Finanzplan und tun Sie, was Sie können, dann sollte es klappen, Kommandeur.«
    Der Finanzplan richtete sich auf und drohte, Neds Gesieht einen bösen Papierschnitt zuzufügen. Er wollte ihn sich nicht zum Feind machen, aber sein böser linker Arm sah das anders. Er schnappte die leere Whiskeyflasche und schwang sie nach dem Pergament. Der Finanzplan zischte und spuckte, während er mit Neds Arm kämpfte.
    »Was ist, wenn ich es nicht schaffe?«
    Der Homunkulus kicherte. »Eine Überlegung, die ich bereits berücksichtigt habe. Der Profit weiß, dass Zahlen niemals irren, Menschen aber anfällig sind. In diesem Fall wird die Oger-Kompanie aufgelöst und ihre Angehörigen nach meinen Empfehlungen versetzt.«
    »Wo würde ich hingehen? Zurück in die Buchhaltung?«
    Der Homunkulus saugte Neds Sorge auf. In den Augen des Dämons siedeten rote Flammen. »Oh nein. Ihre Stelle in der Abteilung wurde bereits besetzt. Und es wäre auf jeden Fall eine Verschwendung Ihrer Talente. Ich denke, Sie wären im Berserker-Programm von größerem Nutzen.«
    Neds Kiefermuskeln traten hervor.
    Der Homunkulus wuchs noch ein paar Zentimeter. »Berserker haben im Allgemeinen so kurze Karrieren, dass ich es für naheliegend hielt, jemanden zu verpflichten, der den Tod weniger unbequem findet. Ich bin sicher, diese Logik erschließt sich Ihnen.«
    Unsterblich oder nicht, Ned wusste, er würde einen abgrundtief schlechten Berserker abgeben. Von Berserkern wurde erwartet, sich kopfüber in den Kampf zu stürzen, es waren sinnlos tobende Krieger, begierig darauf, dem Tod zu begegnen und so viele Seelen wie möglich mitzunehmen. Ned war gut, was das Sterben betraf. Er hatte viel Erfahrung darin. Aber er war vollkommen unfähig, was das Töten anging. In seiner gesamten militärischen Karriere hatte er nur eine einzige Person getötet. Und das war ein Unfall gewesen. Und jemand von seinen eigenen Leuten. Jedes andere Mal, wenn er ein Schlachtfeld

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