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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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und seine Augen waren geschlossen.
    »Ich weiß genau, dass du mich ansiehst«, murmelte er, ohne die Augen zu öffnen.
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich spüre es.«
    »Ich habe noch meinen Ranzen und das ganze andere Zeug in deiner Wohnung.«
    »Wir holen es zusammen. Später.«
    »Warum bist du zurückgekommen?«
    »Weil ich Sehnsucht nach dir hatte. Weil ich dich einfach sehen musste. Ich konnte es kaum erwarten, dich wiederzusehen. Ich saß bei meinem Freund im Haus, und plötzlich gab es kein Halten mehr. Ich hatte plötzlich Angst, du könntest nicht mehr da sein, könntest weggegangen sein.«
    »Wo sollte ich denn hin? Du bist doch derjenige, der wegwill.«
    »Bin ich das?«
    »Zumindest hast du das vor ein paar Stunden zu mir gesagt. Erinnerst du dich? Auf der Blackfriar’s Bridge.«
    »Ja, stimmt.«
    »Ich fühle mich irgendwie seltsam«, erklärte ich, während
ich mich auf die Seite drehte und ein wenig zusammenrollte, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
    »Vielleicht gehe ich ja doch nicht.«
    »Du willst bleiben?«
    »Wer weiß. Keine Ahnung. Du bringst mich ganz durcheinander.«
    »Was soll das heißen?«
    Mittlerweile hatte er die Augen halb geöffnet. Er streckte eine Hand aus und fuhr mir damit durchs Haar. »Du bist ein komisches Wesen, Bonnie. Stachlig, aber doch weich.«
    »Hayden.«
    »Es ist schwer, dich zu verlassen. Vielleicht dachte ich deswegen, ich müsste gehen  – weil ich ausnahmsweise mal gar nicht gehen will .«
    »Dann bleib noch eine Weile.«
    »Vielleicht.«
    »Bist es immer du?«
    »Bin ich immer was?«
    »Derjenige, der geht.«
    »Ja, wahrscheinlich. Ich habe dich gewarnt. Ich habe dir gesagt, dass du dich nicht zu sehr auf mich einlassen sollst.«
    »Hattest du vorher denn noch nie den Wunsch, bei jemandem zu bleiben?«
    Er murmelte etwas, das ich nicht verstand.
    »Warum hast du es nicht mal ausprobiert?«
    »Lass das.«
    »Was?«
    »Frag mich nicht so aus.«
    Ich setzte mich auf und schlang die Arme um die Knie. Plötzlich war mir kalt. »So siehst du das also? Sobald dir jemand auch nur ansatzweise nahekommt, fühlst du dich ausgefragt und bedrängt. Wie kommst du eigentlich darauf, dass ich möchte, dass du bleibst? Bei uns geht doch sowieso nichts voran.«

    »Was sollte denn deiner Meinung nach ›vorangehen‹?« Er sagte es so, dass es richtig lächerlich klang.
    »Du weinst, sagst mir aber nicht, warum. Du erzählst mir etwas über dich, aber wenn wir uns das nächste Mal sehen, ist es, als hätte das Gespräch nie stattgefunden. Erst willst du gehen, dann willst du wieder bleiben. Das sind alles nur irgendwelche Launen von dir, die mit mir nicht das Geringste zu tun haben. Letztendlich habe ich dabei doch sowieso nichts zu sagen.« Ich stand auf. »Ich mache uns jetzt Kaffee, und dann muss ich weg.«
    Er blieb auf dem Boden liegen und sah mir zu, wie ich in den Bademantel schlüpfte, den ich angehabt hatte, als ich ihm die Tür öffnete. Energisch zog ich den Gürtel zu.
    »Für mich mit viel Milch«, sagte er.
    »Ja, klar.«
    Ich setzte Wasser auf, löffelte Kaffeepulver in die Kanne und knallte die Tassen laut auf die Arbeitsfläche, um meinem Ärger vernehmlich Luft zu machen. Als er nur mit seiner Jeans bekleidet in die Küche kam, drehte ich mich um.
    »Nicht böse sein, Bonnie.«
    »Warum nicht? Ich bin gern böse.«
    »Sei nicht sauer auf mich.«
    »Natürlich bin ich verdammt noch mal sauer auf dich!«
    »Soll ich Milch warm machen?«
    »Du bist wie ein kleiner Junge. Bist nie erwachsen geworden.«
    »Glaubst du das wirklich?« Das kalte Lächeln, das sich schlagartig auf seinem Gesicht ausbreitete, verursachte mir Unbehagen. An dem Punkt hätte ich aufhören und sofort die Wohnung verlassen sollen.
    »Ja, das glaube ich. Pass bloß auf, dass du nie Vater wirst, Hayden, und sollte es doch passieren, dann gnade Gott den armen Würmern. Ein Kind sollte keine Kinder haben.«
    Es passierte ganz langsam. Mir blieb genug Zeit, über alles
nachzudenken, was da mit mir geschah. Er fuhr herum und stieß dabei gegen die Milchflasche, so dass sich weiße Flüssigkeit auf den Boden ergoss und eine Pfütze bildete, die bis zwischen meine nackten Zehen reichte. Dann riss er beide Hände hoch. Sein Mund war zu einer schrecklichen Grimasse verzerrt. Seine Arme waren stark. Ich sah, wie seine Bizepse sich anspannten. Mir ging durch den Kopf, wie viel größer und stärker er doch war als ich, und stellte mir den Schmerz vor, den ich empfinden würde, wenn seine Fäuste

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