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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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haben  – eigentlich war sie überhaupt nicht mein Stil. Obwohl ich sie ganz vorsichtig anzog, zuckte ich dennoch zusammen, als sie meinen Hals streifte. Dann trat ich einen Schritt zurück, um mich im Spiegel zu betrachten. Ich sah aus wie ein Mädchen, das in der Faschingskiste seiner Mutter gewühlt hatte. Entscheidender aber war, dass der Bluterguss trotz des hohen Kragens zu sehen war. Er schien sich immer weiter nach oben auszubreiten.
    Ich ging ins Bad und öffnete die Toilettentasche, in der ich das wenige Schminkzeug aufbewahrte, das ich besaß  – unter anderem auch eine Tube Grundierung. Ich knöpfte die Bluse auf, verteilte eine großzügige Menge der Creme über meinen Hals und strich sie hinauf bis zum Kinn. Sie war dunkler, als ich erwartet hatte. Offenbar hatte ich sie gekauft, als ich mal sehr braun war. Wobei das eigentlich nie vorkam. Von meiner milchweißen Haut hob sich der Bluterguss deutlich ab. Ich rieb noch mehr Grundierung darüber. Nun war der Fleck zwar kaum noch zu erkennen, aber dafür hatte mein Hals eine orangebraune Farbe, die abrupt an meinem Kinn endete  – wie die Schlammschicht nach einem Hochwasser. Oberhalb der Grenzlinie leuchtete mein Gesicht bleicher denn je. Ich drückte einen weiteren Klecks Grundierung aus der Tube und cremte mein Gesicht damit ein, wobei ich darauf achtete, die braune Pampe bis in meinen Haaransatz zu streichen. Anschließend betrachtete ich mich kritisch. Mein Hals und mein Gesicht hatten jetzt fast die gleiche Farbe  – einen seltsamen Bronzeton. Erneut durchwühlte ich meine Toilettentasche. Da ich nichts Brauchbares finden konnte, kehrte ich ins Schlafzimmer
zurück und versuchte mein Glück in einer Schachtel voller Kosmetikartikel, die ich wegwerfen wollte. Tatsächlich entdeckte ich darin einen sehr hellen Make-up-Stift. Ich konnte mich vage erinnern, dass ich ihn für eine Schulaufführung von Grease gebraucht hatte. Nun verwendete ich ihn, um den Bronzeton aufzuhellen. Das Ergebnis war ein einigermaßen natürlich aussehender Braunton. An manchen Stellen wirkte er allerdings ein wenig ungleichmäßig, und wenn ich mit dem Fingernagel über die dicke Schminkeschicht fuhr, kam darunter ein wesentlich blasserer Streifen zum Vorschein. Als Krönung des Ganzen gab ich Grease -Gesichtspuder darüber. Anschließend tuschte ich mir noch die Wimpern, weil mir meine Augen in diesem zugekleisterten Gesicht plötzlich klein und eingesunken vorkamen. Um mein Werk zu vollenden, tupfte ich mir Gloss auf die Lippen und sprühte ein wenig von dem Parfüm, das ich vor Jahren von einer Tante geschenkt bekommen hatte, in meinen Ausschnitt, auf meine blutigen Füße und in die Luft. So, fertig. Ich knöpfte die Bluse zu und wickelte mir zusätzlich den Schal um den Hals.
    Mir blieben noch ungefähr fünf Minuten. Ich klebte ein Pflaster auf mein Bein, legte den Küchenboden mit Zeitungen aus, um den Rest der Milch aufzusaugen und meine Gäste vor den Porzellanscherben zu schützen, fegte alles, was sich noch auf dem Tisch befand, in einen leeren Karton und eilte dann ins Schlafzimmer, um Haydens Zettel in der Schublade mit meiner Unterwäsche zu deponieren. Ich griff gerade nach ein paar feuchten Handtüchern, als es an der Tür klingelte. Es war Joakim.
    »Hallo, Bonnie«, begrüßte er mich. Errötend fügte er hinzu: »Du siehst heute sehr hübsch aus. Hat dich die Sonne erwischt?«

Danach
    »Hallo, Bonnie.«
    Als Joakim plötzlich mit seinem Gitarrenkoffer vor meiner Tür stand und mich spitzbübisch angrinste, fühlte ich mich, als säße ich kurz nach einem Autounfall blutüberströmt inmitten von verbeulten Metallteilen und Glasscherben, ohne dass er das Geringste davon mitbekam. Einen Moment fragte ich mich, ob ich einen Probentermin vergessen hatte. Oder war er gekommen, um mir persönlich zu sagen, dass er bei unserem Auftritt nicht mehr mitmachen wolle? Mir wäre ein Stein vom Herzen gefallen, denn ohne ihn blieb uns im Grunde nichts anderes übrig, als das Handtuch zu werfen.
    Doch er wollte nicht kneifen, ganz im Gegenteil, er erklärte mir, dass wir seiner Meinung nach einen weiteren Song brauchten  – irgendetwas, worauf die Leute richtig gut tanzen könnten. Er hatte auch schon etwas auf Lager, wollte es aber erst mir vorspielen, ehe er es den anderen präsentierte. Ich hatte noch kaum die Tür hinter ihm geschlossen, als er bereits ein Notenblatt herauszog und seine Gitarre auspackte. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte ich mich von

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