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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Niemand sollte sich zu sehr auf mich einlassen«, sagte er. »Niemand. Ich tue allen weh, die ich liebe.« Er wiederholte diese Worte in einem heulenden Tonfall, der sich anhörte, als würde es ihm dabei die Kehle aufreißen. »Ich tue allen weh, die ich liebe.«
    »Es geht hier nicht um irgendeinen beschissenen Liedtext«, fauchte ich. »Du hast mich geschlagen!«
    »Du hast jedes Recht, mich zu hassen.«
    »Dich zu hassen? Verpiss dich einfach! Auf der Stelle!«
    »Bitte.«
    »Verpiss dich!«
    Hayden ließ sich aufs Sofa sinken, schlug die Hände vors Gesicht und begann sich leicht vor- und zurückzuwiegen.
    »Lass das!« Ich stellte mich neben ihn.
    »Bitte, bitte, bitte, bitte, bitte«, wimmerte er.
    »Das reicht.«
    Mit diesen Worten legte ich die Hand ganz sanft auf seinen Scheitel.
    Meine Berührung ließ ihn sofort verstummen. Er lehnte sich vor, vergrub das Gesicht an meinem Bauch und schlang beide Arme um mich. Dabei wurde er erneut von einem derart heftigen Weinkrampf geschüttelt, dass auch ich jeden seiner Schluchzer wie ein kleines Erdbeben spürte. Als er nach einer Weile das Gesicht hob, glänzte es tränennass. Es erschien mir in dem Moment auf eine schreckliche Weise schön.
    »Tut es sehr weh?«, flüsterte er.
    »Das weiß ich noch nicht.«
    Vorsichtig berührte er mit zwei Fingern meine Wange.
    »Lieber Himmel, Bonnie!«

    Er führte mich ins Bad. Wie sich herausstellte, bildete sich an meinem linken Wangenknochen gerade ein großer Bluterguss. Im Spiegel konnte ich sehen, wie er immer dunkler wurde. Meine Nase pochte, und ich schmeckte Blut. Hayden tauchte einen Wattebausch in warmes Wasser und tupfte damit ganz vorsichtig die Wunde ab. Als der stechende Schmerz mich nach Luft ringen ließ, biss er sich schuldbewusst auf die Lippe.
    »Jetzt muss noch eine kalte Kompresse drauf«, erklärte er, »damit es nicht weiter anschwillt.«
    »Das schaffe ich allein.«
    Trotzdem ließ ich zu, dass er mich in meiner tristen kleinen Küche auf einen Stuhl drückte und im Gefrierfach des Kühlschranks herumwühlte. Nachdem er mehrere Eiswürfel aus ihrem verbogenen Plastikbehälter gedrückt hatte, umwickelte er sie mit einem ziemlich fleckigen Geschirrtuch und hielt mir das Ganze an die Wange. Seine Augen wirkten vom Weinen geschwollen, und sein Gesicht war immer noch tränennass.
    »Irgendetwas ganz Schreckliches ist über mich gekommen«, erklärte er.
    »Du hast dich von mir gedemütigt gefühlt«, widersprach ich, »das ist über dich gekommen. Ich habe dich nicht genug gelobt, mich nicht verhalten wie eins von deinen Groupies. Wahrscheinlich hätte ich dir sagen sollen, dass du ein Genie bist.«
    »Ich kann mich nicht erinnern«, behauptete er, »es ist wie ein schwarzes Loch. In meinem Kopf war plötzlich dieses schreckliche Rauschen, und einen Moment später stand ich vor dir, und deine Wange war blau geschlagen.«
    »Sehr praktisch. Das warst also gar nicht wirklich du.«
    »Nein, nein, ich weiß, dass ich es war. Irgendetwas in mir. Genau das macht mir ja so Angst.«
    Wäre Hayden mir mit irgendwelchen Ausreden oder Erklärungen gekommen, oder hätte er versucht, mich davon
zu überzeugen, dass hinter seinem Ausbruch von Zorn und Gewalt irgendein rationaler Grund steckte, hätte ich ihn bestimmt auf Nimmerwiedersehen vor die Tür gesetzt. Zumindest redete ich mir das ein, weil ich den Gedanken, dass dem nicht so gewesen wäre, nicht ertragen kann. Doch Hayden tat nichts dergleichen. Während er neben mir saß und die Eiswürfel an meine Wange drückte, wirkte er so niedergeschlagen, dass ich das Gefühl hatte, einen ganz anderen Menschen vor mir zu sehen  – jemanden, den außer mir noch nie jemand zu Gesicht bekommen hatte. Konnte es wirklich sein, dass ich Hayden erst in dem Moment so richtig verfiel  – als er die Hand gegen mich erhob und hinterher weinte?
    »Ich habe Hunger«, erklärte ich nach einer Weile. Es stimmte. Mir war schon ganz flau im Magen.
    Hayden nahm die Kompresse weg.
    »Wie wär’s, wenn ich uns etwas hole? Vielleicht ein Currygericht. Ein Stück die Straße runter gibt es einen Inder.«
    »Gute Idee.« Zögernd blieb Hayden einen Moment neben mir stehen. »Mein Geldbeutel ist in meiner Tasche.« Ich deutete auf den Ranzen neben dem Sofa.
    Später setzten wir uns gemeinsam aufs Sofa und verschlangen wortlos und voller Heißhunger den Inhalt der Alubehälter. Anschließend stellte ich mich unter die Dusche und ließ das lauwarme Wasser über mein zerschundenes Gesicht

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