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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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ihr zugeschlagen hätte. Und das, obwohl sie doch unsere Band so nett bei sich aufgenommen hatte. Ich ermahnte mich selbst, freundlich zu sein und ihr etwas Nettes zu sagen. Wobei es gar nicht nötig gewesen wäre, mir deswegen Gedanken zu machen, weil ich ohnehin kaum zu Wort kam. Sally benahm sich wie eine Gefängnisinsassin, die nach jahrelanger Einzelhaft endlich in die Freiheit entlassen worden ist. Im Grunde war das meistens so, wenn wir allein etwas unternahmen und sie zumindest kurzfristig ihrer täglichen Routine entkam, die geprägt war von Schlafmangel und der ständigen Sorge um ihr Kind. Sie redete wie ein Wasserfall. Natürlich sprach sie wie immer von ihrem frustrierenden Alltag, doch irgendwie hörte sich ihr Ton schärfer an als sonst  – als ginge es nicht nur um ihre übliche Angst, als Hausfrau und Mutter noch jahrelang daheim zu sitzen, während Richard weiter arbeiten ging. Wodurch ihre Beziehung auf eine Weise aus dem Gleichgewicht geraten war, wie Sally es nicht erwartet hatte. Ich wusste, dass sie deswegen sehr unzufrieden war. Nun aber schwang in ihren Worten etwas mit, das fast nach Panik oder sogar echter Angst klang. Ich fragte sie, warum sie denn nicht wieder zu arbeiten anfange, um das ursprüngliche Gleichgewicht in ihrer Ehe wiederherzustellen, doch sie schüttelte heftig den Kopf.
    »Darum geht es nicht«, entgegnete sie, »du verstehst das nicht.«
    »Was verstehe ich nicht?«

    »Das Problem ist gar nicht, dass ich wieder arbeiten will. Das Problem ist … dass ich nicht mehr ich selber bin. Außerdem möchte ich Lola nicht allein lassen. Das wäre, als würde mir jemand das Herz aus dem Leib reißen.«
    »Aber du wünschst dir doch immer, sie öfter mal los zu sein.«
    »Nein, nicht auf diese Weise. Ich muss nur… du weißt schon … hin und wieder mal kurz flüchten.«
    »Läuft es zwischen dir und Richard nicht so gut?« Ich versuchte, mich so zu verhalten, wie ich es ein paar Wochen zuvor noch ganz automatisch getan hätte. Es fiel mir schwer, mich an die alte Bonnie zu erinnern, mein früheres Ich, das mir in all dem Wahnsinn wohl vorübergehend abhanden gekommen war. »Du kannst jederzeit mit mir darüber reden.«
    »Hmm.« Ich hatte den Eindruck, dass sie noch etwas hinzufügen wollte, sich dann aber anders besann und stattdessen begann, in der Wohnung herumzumarschieren und mich nach meinen Renovierungsplänen zu fragen. Abgesehen von meinem Vorhaben, die alte Einbauküche herauszureißen  – wobei ich keine Ahnung hatte, wie ich das praktisch anstellen sollte  – und anschließend alles frisch zu streichen und ein paar Regale aufzustellen, schwebte mir nichts Konkretes vor. Sally jedoch sprühte plötzlich vor Ideen, auch wenn die meisten davon nicht besonders hilfreich waren. Währenddessen wanderte sie weiter durch die Wohnung, klopfte prüfend gegen Wände und machte schlaue Bemerkungen über Risse im Verputz. Mir war es mittlerweile egal. Ich hatte ohnehin keine Lust zu reden. Selbst das Denken fiel mir schwer, so dass ich es recht erholsam fand, einfach nur meinen Milchkaffee zu trinken und auf Durchzug zu schalten, während Sally mir Einrichtungsvorschläge unterbreitete, die ich selbst in tausend Jahren nicht würde realisieren können. Allerdings bekam mir der Milchkaffee nicht besonders. Ich fand, dass er irgendwie nach Babynahrung schmeckte. Andererseits war
er warm und enthielt wahrscheinlich nützliche Vitamine und Mineralien.
    Als Sally voller Tatendrang verkündete, dass wir allmählich loslegen sollten, war ich fast enttäuscht.
    »Womit fangen wir an?«, fragte sie.
    »Am besten, wir streichen erst mal diese Wand hier«, antwortete ich. »Mehr habe ich mir für heute gar nicht vorgenommen. Mit einer frischen Wand fühle ich mich bestimmt schon viel besser.«
    Sally war eher skeptisch.
    »Müssen wir die nicht erst mal grundieren?«
    »Ich hab mir gedacht, wir streichen einfach so lange, bis man die Farbe darunter nicht mehr sieht.«
    »Genau genommen solltest du vorher den großen Riss dort mit Spachtelmasse füllen.«
    Sally fuhr mit dem Fingernagel darüber.
    »Das geht auch mit der Farbe«, tat ich ihren Einwand ab. »Zumindest einigermaßen. Es muss ja nicht ewig halten. Wenn ich jemals zu Geld komme, renoviere ich richtig. Oder noch besser, ich ziehe aus.«
    »Bestimmt lernst du bald wieder jemanden kennen«, meinte Sally aus heiterem Himmel. Ehe ich mich versah, waren ihre Worte unter meinen Schutzpanzer geglitten und bohrten sich wie ein

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