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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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aber man kann sich nicht mehr über ihn ärgern oder sauer auf ihn sein. Guy hingegen wirkte sogar sehr verärgert und murmelte
irgendetwas Abfälliges, während er sich, wenn auch etwas widerwillig, auf den Weg in die Küche machte. Gefolgt von Joakim, den es wohl wirklich interessierte, wie es in Haydens Kühlschrank aussah.
    Rasch durchquerte ich den Raum, riss die Jacke von der Stuhllehne und blickte mich dann verzweifelt um. Zu keinem klaren Gedanken fähig, konnte ich einfach nicht sagen, ob ich vielleicht ein Risiko einging, wenn ich versuchte, die Jacke irgendwo zu verstecken. Drüben in der Küche hörte ich Guy und Joakim rumoren. Da mir beim besten Willen nichts anderes einfiel, zog ich die Jacke an. Die Stimmen der beiden wurden lauter, sie kamen zurück. Entscheidend waren die ersten paar Sekunden. Ich hatte von Experimenten gehört. Demnach war es ganz erstaunlich, was man alles nicht bemerkte, wenn man abgelenkt war. Auf dem Kaminsims stand eine schlanke schwarze Vase, die sehr elegant, teuer und zerbrechlich wirkte. Ich griff danach und ließ sie genau in dem Moment fallen, als die beiden den Raum betraten. Mit einem lauten Knall zerbarst sie auf dem Steinboden vor dem Kamin.
    »Mist!«, stieß ich aus.
    Guy und Joakim eilten herbei.
    »Was, zum Teufel, war das?«, fragte Guy.
    »Eine Vase«, antwortete ich. »Mein Gott, wie ungeschickt von mir! Ich darf gar nicht daran denken, was Liza dazu sagen wird.«
    Guy grinste grimmig.
    »Lass dir deswegen mal keine grauen Haare wachsen. Wenn wir die Scherben entsorgen, können wir die Sache guten Gewissens Hayden in die Schuhe schieben.«
    »Das klingt aber gar nicht nett.«
    Während die beiden nach Schaufel und Besen suchten und anschließend die Scherben zusammenfegten, machten sie sich lautstark über meine Ungeschicklichkeit lustig. Über meine Jacke verloren sie kein Wort. Mein Ablenkungsmanöver hatte
funktioniert. Was natürlich auch daran lag, dass die beiden Männer waren. Wäre Sally dabei gewesen, hätten hundert zerbrochene Vasen sie nicht davon abhalten können, mich zu fragen, woher denn plötzlich die Jacke käme.
    »Bereit zum Aufbruch?«, fragte ich, nachdem sie die Scherben der Vase, die vermutlich ein wertvolles Familienerbstück gewesen war, in eine alte Einkaufstüte gekippt hatten.
    »Ja, denke schon«, meinte Joakim mit einem frustrierten Blick auf seinen Vater.
    Guy gab ihm keine Antwort. Während er weiter den Blick durch den Raum schweifen ließ, machte auch er einen immer unzufriedeneren Eindruck. Mir selbst wurde langsam richtig übel bei dem Gedanken, was ich getan hatte und was dadurch beinahe passiert wäre. Mühsam hatten Sonia und ich die Wohnung wieder auf Vordermann gebracht, Möbel zurechtgerückt und Beweismaterial vernichtet, und dann war ich so blöd gewesen, einfach meine Jacke über einer Stuhllehne hängen zu lassen, wo jeder sie sehen konnte. Was hatte ich noch alles vergessen? Fakt war, dass es so viele Dinge zu arrangieren, auszuklügeln und zu verheimlichen galt und ein einziger kleiner Fehler genügte, um das ganze Lügengebäude einstürzen zu lassen. Es war im Grunde nur eine Frage der Konzentration, aber wo sollte ich die Geistesgegenwart hernehmen, die ich brauchte, um herauszufinden, was ich vergessen oder übersehen hatte? Das würde nun den Rest meines Lebens so bleiben, es sei denn, das Ganze ging schief und alles kam ans Licht. Die Aussicht aufzufliegen erschien mir plötzlich fast tröstlich.
    »Ihr habt in der Küche auch nichts gefunden?« Ich versuchte, mir meine Anspannung nicht anmerken zu lassen.
    »Weißt du, was komisch ist?«, antwortete Guy.
    »Nein, was denn?«
    »Hayden ist doch bekanntlich ein wilder, spontaner Musiker, oder? Von einem Tag auf den anderen erscheint er nicht
mehr zu unseren Proben und macht sich auch nicht die Mühe, uns zu informieren. Wir sollen denken, dass er einfach die Stadt verlassen hat, unterwegs zu irgendeinem Auftritt, bei dem er einfach nicht Nein sagen konnte.«
    »Schon möglich.«
    »Hat er wirklich hier gewohnt?«
    »Wie meinst du das?«
    »Natürlich war er hier. Der Instrumentenkoffer dort in der Ecke ist eindeutig seiner, und im Schrank habe ich zwischen Lizas Sachen ein paar von seinen Hemden entdeckt. Außerdem waren im Kühlschrank ein paar Dosen Bier, die ganz nach ihm aussahen. Trotzdem hat man hier nicht den Eindruck, sich in einer Wohnung zu befinden, die gerade ein Rock’n’Roller verlassen hat. Im Kühlschrank steht keine abgelaufene Milch, und

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