Die Komplizin - Roman
starrte ihn einen Moment entrüstet an, was ihn jedoch nicht zu stören schien.
»Jetzt gehe ich aber wirklich«, erklärte ich kühl.
»Hör nicht auf diese Rüpel.« Mühsam rappelte Hayden sich hoch und schlang die Arme um mich. Ich spürte das Gewicht, die Hitze seines Körpers und seinen Atem an meiner Wange. Die anderen brachen in Gejohle aus.
»Verpisst euch!«, sagte Hayden. Er küsste mich aufs Kinn, doch ich spürte, wie die Atmosphäre um uns herum gefror, und löste mich von ihm.
»Erinnert ihr euch an die Sache mit Hayden und der Tigerkatze?« , versuchte Mick den alkoholseligen, nostalgischen Ton von vorhin wieder aufzugreifen.
»Erinnert ihr euch an die Sache mit Hayden und dem Geld, das auf geheimnisvolle Weise verschwand?«, konterte Jan. »Das war richtig lustig, oder?«
Hayden tat, als hätte er ihn nicht gehört. Ohne Jan eines Blickes zu würdigen, griff er nach meiner Hand und begann an meinem Daumenring herumzuspielen.
»Nicht jetzt, Mann«, wandte sich Mick beschwichtigend an Jan.
»Du hast leicht reden. Du hast kein Geld verloren und keine Schulden abzuzahlen.«
Hayden spielte weiter mit meinem Ring.
»Willst du dazu denn gar nichts sagen?« Jan ließ nicht locker.
Hayden blickte auf. Plötzlich wirkte er überhaupt nicht mehr betrunken.
»Was willst du von mir hören?«, erwiderte er in verächtlichem Tonfall. »Wenn du Wert auf Sicherheit legst, dann lass dich doch zum Buchhalter ausbilden. Du bist Musiker. Oder zumindest so was in der Art.«
»Hört, hört!«, sagte Mick.
»Dein Selbstmitleid macht mich krank.« Haydens Stimme klang beängstigend liebenswürdig. Kurz hob er meine Hand an sein Gesicht.
Jan war vor Zorn rot angelaufen. »Du hast den Vorschuss genommen – unseren Vorschuss – und einfach ausgegeben! Für mich klingt das nach Diebstahl!«
»Schon mal was von Unkosten gehört?«
»Du meinst, du hast es verplempert.«
»Ich habe getan, was am besten für die Band war«, entgegnete Hayden achselzuckend. »Finde dich damit ab.«
»Dass ich mein Geld und mein Mädchen an dich verloren habe? Damit soll ich mich abfinden, ja?«
»Für mich war es in Ordnung.«
Ich hatte den Eindruck, dass Hayden um eine Abreibung bettelte. Jedenfalls rührte er sich nicht von der Stelle, als Jan quer durch den Raum auf ihn zustürmte, und stieß auch nur ein kleines, zustimmendes Grunzen aus, als Jans Faust schließlich in seinem Magen landete. Ich packte Jan am Arm, doch er schüttelte mich ab und holte noch zweimal aus. Einmal traf er Hayden am Kopf, das zweite Mal ziemlich unglücklich am
Hals. Dann zerrten Mick und Nat ihn weg. Hayden lehnte sich zurück und lächelte mich an. Obwohl es ein sehr liebes Lächeln war, machte es mir Angst. In seinen Augen schimmerten Tränen.
»Geht jetzt«, sagte ich zu den vier Männern, die daraufhin wortlos abzogen. Die Wohnung sah aus wie ein Schlachtfeld. »Du bist ein Idiot«, sagte ich zu Hayden.
»Ja«, antwortete er.
»Hast du das Geld gestohlen?«
»Natürlich nicht.«
»Aber du hast es ausgegeben?«
»Plötzlich war es weg. Wie das mit Geld halt so ist.« Er rieb sich das Gesicht. Als er die Hand wieder sinken ließ, war von seinem Lächeln nichts mehr übrig. Er wirkte nur noch müde. »Wenn du mich jetzt für einen hoffnungslosen Fall hältst, hast du natürlich recht. Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass du dich nicht allzu sehr auf mich einlassen sollst.«
»Und ich habe dir gesagt, dass da keine Gefahr besteht.«
»Nein?«
»Nein. Du bist nur meine Sommeraffäre.«
Er stieß ein leises Lachen aus.
»Meinst du?«
Danach
Mit einem Ruck fuhr ich hoch. Was war das? Befand sich jemand in der Wohnung? Ein paar Sekunden lang lauschte ich angestrengt. Ein Wagen fuhr vorbei. Außerdem hörte ich Stimmen, aber die waren weit weg, irgendwo draußen auf der Straße. Nein, die hatten mich nicht geweckt. Es war irgendetwas aus meinem Traum, etwas Wichtiges. Plötzlich flog es mich aus der Dunkelheit an: der Schlüssel. Haydens Wagenschlüssel. Warum hatte ich ihn behalten? Wie unglaublich dumm von
mir. Die Tatsache, dass ich mir ein gutes Versteck dafür ausgedacht hatte, machte das Ganze nur noch schlimmer. Falls die Polizei meine Wohnung durchsuchte und ihn dort irgendwo herumliegen sah, konnte ich vielleicht noch so tun, als hätte Hayden mir während unserer Affäre einen Zweitschlüssel geliehen. Fanden sie ihn aber auf dem Grund einer Zuckerdose, war keine harmlose Erklärung mehr möglich. Und finden würden
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