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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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weg.«
    »Es besteht kein Grund zur Eile. Lass uns erst Kaffee trinken. Danach kannst du in Ruhe alles durchsehen.«
    »Ich bin schon unterwegs.« Rasch entschwand Amos in die kleine, ans Wohnzimmer grenzende Küche. Dabei hatte er es so eilig, dass er fast gestolpert wäre.
    »Ich wusste nicht, dass du hier bist.«
    »Und ich wusste nicht, dass du kommst. Aber das ist kein Problem. Oder doch?«

    »Seltsam ist es schon.«
    »Ich weiß.«
    »Du und Amos …« Ich brach abrupt ab.
    »Ja?«
    »Das ist auch seltsam.«
    »Du hast gesagt, es sei in Ordnung.«
    »In Ordnung, aber trotzdem seltsam.«
    »Stimmt.«
    »Am liebsten würde ich jetzt davonlaufen.«
    »Ich kann mir vorstellen, wie komisch es für dich sein muss. Dass ich jetzt hier mit Amos bin und du quasi zu Besuch in deiner alten Wohnung. Noch dazu ohne männliche Begleitung.«
    »Das ist es nicht«, widersprach ich, obwohl sie natürlich recht hatte. In dem Moment fühlte ich mich ihr hoffnungslos unterlegen.
    »Bestimmt findest du bald wieder jemanden.«
    »Wie bitte?«
    Die Tür ging auf, und Amos kam mit drei Tassen Kaffee herein.
    »Du wirst jemand Neuen kennenlernen«, fuhr Sonia fort. Obwohl sie leise sprach, füllte ihre kräftige Stimme den ganzen Raum. Sie zählte zu den Leuten, die man auch in einer Menschenmenge noch laut und deutlich hören konnte.
    Meine Wangen brannten vor Scham. Ich versuchte, sie mit einem bösen Blick zum Schweigen zu bringen, doch sie schien mich nicht zu verstehen. Nachdem Amos die Tassen vorsichtig auf dem Couchtisch abgestellt hatte, bedachte er mich mit einem mitleidigen Blick.
    »Sie hat recht«, sagte er.
    »Ich möchte niemanden kennenlernen. Ehrlich gesagt bin ich ganz froh, wenn mir so schnell keiner mehr über den Weg läuft. Nett von dir, dass du dir Sorgen um mich machst, Amos, aber allein geht es mir viel besser. Es tut gut, sich endlich wieder
frei und unabhängig zu fühlen.« Irgendwie konnte ich gar nicht mehr aufhören. »Glaub mir, ich genieße diesen wunderbaren Sommer in vollen Zügen. Ich wollte nur schnell meine Sachen holen.«
    »Wenn ich meinen Kaffee getrunken habe, ziehe ich los und kaufe ein bisschen was zu essen ein, ja?«, verkündete Sonia, an Amos gewandt.
    »Ja, eine gute Idee.«
    »Bleib ruhig hier, wenn du willst. Du kannst unsere Schiedsrichterin spielen.«
    »Ich fürchte, das ist genau das, was ich nicht möchte, Bonnie.« Sie grinste mich an.
    »Tja, das könnte tatsächlich ein bisschen schwierig werden. Das Bild da gehört übrigens mir.« Ich deutete auf eine Schwarz-Weiß-Aufnahme von ein paar Schwänen auf einem Fluss.
    »Da bin ich aber anderer Meinung«, widersprach Amos. »Ich kann mich noch genau daran erinnern, dass wir es gemeinsam gekauft haben.«
    »Ja, mit meinem Geld.«
    »Das habe ich anders in Erinnerung.«
    »Du hast es doch sowieso nie besonders gemocht.«
    »Schon möglich, aber darum geht es ja wohl nicht. Außerdem freunde ich mich langsam damit an.«
    Sonia stand seufzend auf. »Das ist kein Wettbewerb, Amos«, erklärte sie in ruhigem Ton, woraufhin Amos sofort rot anlief. »Es geht nicht um Gewinnen oder Verlieren. Warum willst du das Bild behalten, wenn es dir gar nicht gefällt?« Sie nahm das Foto von der Wand, wischte mit einem Zipfel ihres Shirts  – meines Shirts  – den Staub vom Glas und drückte es mir in die Hand. Was für eine wunderbare Gelegenheit für sie, mir zu demonstrieren, wer hier das Sagen hatte. »So, jetzt ziehe ich mir was an und verschwinde. Bis bald mal wieder, Bonnie.« Sie beugte sich zu mir herunter  – ich hatte mich inzwischen
auf der Sofakante niedergelassen  – und legte einen Moment ihre Hände auf meine verspannten Schultern. Dann küsste sie mich auf beide Wangen, so dass ich ihren sauberen, frischen Duft riechen und ihr volles Haar an meinen Wangen spüren konnte. »Tut mir leid«, sagte sie.
    »Ist schon gut.«
    »Ja«, bestätigte sie mit so viel Nachdruck, dass es fast wie ein Befehl klang, »das ist es.«
     
    Sobald wir nicht mehr ihrem erwachsenen, kritischen Blick ausgesetzt waren, lief es besser, denn nun konnten wir uns aufführen wie zankende Kinder, ohne uns dafür schämen zu müssen. Ich bekam die Glasvase, musste ihm jedoch den Wok überlassen, den keiner von uns beiden je benutzt hatte. Die vier Champagnerflöten, die uns ein gemeinsamer Freund zum Einzug geschenkt hatte, wurden mir zugesprochen. Dafür behielt Amos die Schnapsgläser. Ich luchste ihm die Patchwork-Tagesdecke ab, indem ich auf die

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