Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
Vom Netzwerk:
Ihr?«
    »Ich würde eher meinen, sein radikaler Schüler, Bruder Thomas, sei Urheber des Satzes«, antwortete El Arab. »Ich hörte ihn in einer Disputation mit dem schrecklichen Pater Bueno, diesem verdammten franziskanischen Prediger, und er verteidigte die heidnischen Lehren der antiken Philosophen.«
    Wieder stieß mir auf, dass El Arab kurz aus seiner vornehmen Rolle fiel und ganz unvornehm fluchte. Auch wünschte ich, dass er sich, anstatt in eitle Disputationen über scholastische Fragen einzustimmen, mit der Aufklärung des Mordfalles beschäftigen würde, um meinen Bruder zu retten. Warum überhaupt war es für El Arab so wichtig, dass sich meine hohe Herrin mit den Juden traf?
    »Nein, nein, Bruder Thomas scheint ganz ehrlich fromm zu sein«, widersprach der Rabbi mit neckischem Grinsen. »Zuerst baut er alles aus der Vernunft auf, und dann sagt er: Siehe, dies ist es, was uns Gott im neuen Testamente offenbart hat.«
    »Aber«, wandte meine hohe Herrin ein, »der Spruch von den drei Betrügern ist falsch. Er müsste umgekehrt lauten: Wir sind die Betrüger. Betrügen wir nicht fortwährend Moses, Christus und, wenn wir wirklich diesen Gewaltherrscher einbeziehen wollen, Mohammed um den Gott, den sie uns unseres Heils wegen bringen wollten?«
    »Wir betrügen unseren Gott nicht«, ereiferte sich der Rabbi. »Doch werden wir um den Frieden betrogen, den Euer Messias angeblich bringt. Kaum ein Unrecht kann in der Stadt geschehen, das nicht uns zur Last gelegt wird. Sind uns die bürgerlichen Berufe versagt, so leben wir von dem Berufe, der Euch versagt ist, dem Geldverleih, was uns jeden Hass einbringt, obgleich Euer Handel zum Erliegen käme, würden wir unser ungeliebtes Gewerbe vernachlässigen. Es ist erst ein paar Tage her, dass ein Knabe verschwand. Fast hätte man einen der Unsrigen dafür erhängt, wenn nicht herausgekommen wäre, dass er zu den Räubern in die Wälder geflüchtet war, weil die Eltern ihn schlimmer behandelten als ihr liebes Vieh!«
    »Wohl verstehe ich Euren Zorn«, erwiderte El Arab. »Vielleicht solltet Ihr, anstatt auf den Schutz des Erzbischofs zu vertrauen, Euch mit dem Volke verbünden. Es sind die Handwerker, besonders Gildemeister Wilbert und die Seinen, die unter dem Regiment des Erzbischofs leiden – und sie sind auf Eure Dienste angewiesen. Da Ihr jedoch mit dem Erzbischofe paktiert, richten sie sich gegen Euch, obwohl sie eigentlich mit Euch sein müssten. Die kultischen Fragen spielen für sie gar keine Rolle.«
    »Herr Averom, wir verstehen uns auf die Rolle der Verfolgten länger als Ihr.« Der Rabbi blieb freundlich, doch seine Stimme wurde fester. »Wir werden uns in die Angelegenheiten der Stadt nicht einmischen. Den Schutz nehmen wir von jeder Macht, die ihn uns anträgt und bei der wir eine gewisse Dauer vermuten.«
    »Ihr Wicht! Haltet Ihr Wilbert etwa nicht für ehrenhaft?«, brüllte El Arab. Für kurzen einen Augenblick schien er Feuer zu spucken, und ich konnte mir vorstellen, dass hinter der edlen Maske ein recht wüster Kerl steckte. Die scharfen Worte weckten sogar meinen Sohn, den ich nur schwer wieder beruhigen konnte.
    »Natürlich ist er ein Ehrenmann«, lenkte der Rabbi besänftigend ein. »Ich wäre der letzte, der dies bestreitet. Aber unser Volk hat zu viele Ehrenmänner gesehen, die ihr Wort für eine höhere Sache hingaben und uns verrieten.«
    »Ja, nehmt Euch in Acht vor den Ehrenhaften«, sagte meine hohe Herrin geistesabwesend. »Mit den Sündern ist besser auszukommen.«
    El Arab schaute etwas verlegen um sich und gab sich dann wohl geschlagen: »Mag sein, dass Eure Erfahrung Euch Besseres lehrt als meine Vorstellung vom Gemeinwohl, die ich zudem hier in einer mir fremden Stadt durchzusetzen versuche. Doch möchte ich Euch fragen: Seht Ihr nicht auch, dass der Streit zwischen dem Erzbischofe und den Bürgern Euch schadet? Da der Erzbischof die Hand über Euch hält, wenden sich die Bürger gegen Euch. Zudem handelt Ihr mit den untergewichtigen Münzen des Erzbischofs, was den Zorn der Bürger nur zu verständlich werden lässt.«
    »Nun aber«, lachte der Rabbi, nicht ohne einen bösartigen Unterton, »verlässt Euch der gesunde Menschenverstand, auf den Ihr Euch so viel einbildet. Wir bekommen als Gläubiger die Schuld in den untergewichtigen Münzen zurückgezahlt, die wir in guter Münze ausliehen. Dies rechnen wir gleichsam als unser Opfer, das wir für den Schutz des Erzbischofes aufbringen.«
    »Ihr denkt in Geld«, setzte El Arab

Weitere Kostenlose Bücher