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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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Studentenschaft verbreiten, denn viele der Studenten sind zukünftige Würdenträger der Kirche oder des Reiches.«
    »Und die Aufstellung vor dem Hause meiner hohen Herrin?«
    »Passt ebenfalls zu Bueno: Er predigt seit Monaten gegen die lasterhafte, in der ganzen Stadt bekannte Pfäffin .«
    »Wenn Pater Bueno eine öffentliche Wirkung beabsichtigt hätte, hätte er dann nicht in dem Brief eine deutliche Botschaft ausgedrückt? Warum hat er Euer Siegel benutzt? Wusste er, wofür das Siegel stand?«
    »Er hasst mich vermutlich, weil ich für die Sache des Geistes kämpfe, die ihm, dem alten Franziskaner, zuwider ist. So wollte er mich denn warnen und davon abhalten, fürderhin den Schatz der Wahrheit zu verteidigen!«
    »Haben wir denn damit seine Schuld nachgewiesen? Ich muss gestehen, dass mir noch Zweifel bleiben«, gab ich frech zurück. »Denn ich frage mich und dich: Auf welche vierte Person deutet der Schatten mit den großen, abstehenden Ohren, den mein Bruder sah? Und, darüber haben wir noch gar nicht gesprochen, obwohl es doch ein so offensichtliches Rätsel ist: Wie hat der Erzbischof so schnell von all dem erfahren? Er hat den Befehl, meinen Bruder zu verhaften, gegeben, bevor er hier am Hause war!«
    »So wie du es jetzt darstellst, haben wir einen weiteren Verdächtigen: den Erzbischof selbst, oder vielmehr einen seiner Häscher. Das wäre die vierte Person, der Ohren-Schatten, wie wir ihn nennen könnten – und dergestalt ließe sich erklären, wie er zu der Kenntnis gekommen ist. Es würde zudem erklären, warum er darauf versessen ist, schnell einen Unschuldigen als Mörder hinrichten zu lassen, nämlich um den Verdacht von sich selbst abzulenken.«
    »Es würde aber nicht erklären, was es mit dem Siegel und dem Brief auf sich hat«, überlegte ich.
    »Richtig, das würde es nicht erklären.« El Arab steuerte keinen Gedanken bei, der mir im Bemühen, Rignaldo zu retten, weiterhalf.
    Ich führte also den Gedankengang selbst fort: »Der Erzbischof muss meinen Bruder noch mehr hassen als Pater Bueno! Denn er hatte schließlich die Wahl, wen von beiden er anklagen würde – vorausgesetzt, wir gehen davon aus, dass er seine Konkubine nicht anklagen wollte. Er hat sich für eine Anklage gegen meinen Bruder entschieden, wo er doch Pater Bueno hätte vernichten können. Welch unbändiger Zorn muss ihn geleitet haben! O Gott, ich sehe keinen Hoffnungsschimmer, meinen unglücklichen Bruder der Hand des Henkers zu entreißen!«
    El Arab nickte stumm.
    Ich versuchte immer noch, der Lösung näherzukommen, und fragte: »Herr, Ihr hattet den Erzbischof gebeten, den aufgespießten Kopf des Hufschmiedes untersuchen zu dürfen. Was hat Euch diese Untersuchung über den Mord gelehrt?«
    »Manchmal ist die Wissenschaft blind«, antwortete El Arab gleichgültig. »Es hat nichts gebracht, wie Konrad vorausgesagt hat. Auch der Abergläubische hat, wenngleich nur aus Zufall, schon mal recht.«
    Wie also sollten wir das Rätsel lösen? Ich war nur eine Magd und ich unterlag deren Beschränkungen. El Arab dagegen war klug und ihm standen alle Wege offen, wie ich unterstellte. Sollte es so sein, dass ihn das Schicksal meines unglücklichen Bruders gar nicht so sehr scherte? Langsam beschlichen mich Zweifel ob El Arabs Lauterkeit. Oder hegte ich ungerechten Groll El Arab gegenüber, weil ich unglücklich und ungeduldig war? El Arab jedenfalls verabschiedete sich und überließ mich meinem Grübeln.
    Wenn der Erzbischof den Befehl gegeben haben sollte, den Hufschmied zu töten, gab es für meinen Bruder keine Rettung mehr, so viel war gewiss. Ich war verzweifelt und fand keinen Schlaf. Meine Unruhe übertrug sich auf meinen Sohn Johannes, der keine Ruhe gab und schrie und schrie die ganze Nacht hindurch. Misstrauisch wie ich nun war, spähte ich wieder und wieder aus dem Fenster. Und richtig: Irgendwann verließ El Arab das Haus. Während ich im fahlen Mondenscheine seine schwarze Gestalt über den Hof schleichen sah, erinnerte ich mich daran, was der langsame Gisbert gesagt hatte: Die Morgenländer seien Teufel, die, wenn überhaupt, nur ein halbwegs gutes Benehmen hätten. Musste ich mich mit dem Teufel verbünden, um meinen Bruder zu retten? Und was für einen verführerischen Liebreiz dieser Teufel versprühen konnte!
    Am Morgen war El Arab bei uns, als sei nichts geschehen. Ich entsann mich der Wunden, die ich im Bade an seinem Körper gewahrt hatte. Welche Kämpfe kämpfte er im Dunkel der Nacht? Etwas Unheimliches

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