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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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habe Ausgaben für Kleidung, Putz und Barbier und zahle mehr Mietzins als jeder andere in der Stadt.«
    Als ich sie nun mitleidig anschaute, fügte sie jedoch schnell hinzu: »Den Preis bezahle ich doch mit Freude, statt dass ich betteln oder dienen müsste, wäre da nur nicht der faule Junge, der mir die Haare vom Kopfe frisst, anstatt für sich selbst und für mich zu sorgen, wie es sich für einen gesunden Sohn gebühren täte.«
    Natürlich erwartete sie, dass ich bei meiner hohen Herrin ein Wort für sie einlegen solle, was die Heilung ihres Sohnes betraf. Ich beschloss, dass dies ein Fall für El Arab sei. Sollte auch er einmal unter Beweis stellen, was er konnte! Nein, das war ungerecht gedacht. Ich hatte sein Geschick am eigenen Leibe schon erfahren bei der Geburt meines Sohnes Johannes. Auf jeden Fall wollte ich El Arab schicken, das war das mindeste, was er als Wiedergutmachung leisten konnte für den Lug, den er mir, wie ich erfahren musste, angetan hatte.
    Ich versprach Angela also, mich in ihrer Sache zu verwenden, damit sie mich mit Paulina allein reden ließ. Paulina war ein Mädchen, kaum älter als ich, mit einem engelsgleichen Gesicht, das nichts von dem unzüchtigen Beruf erkennen ließ, dem sie sich hingab. Sie war klein und rundlich, demnach gut genährt, mit rosigen Backen und einem gewinnenden Lächeln um den Mund. Sie hatte auch ein Kind, eine kleine Tochter, einige Monate alt. Ihr Zimmer war sehr eng, doch sauber gehalten. Es gab dort keinen Platz, um mich zu setzen, als das schändliche Lotterbett, vor dem es mich ekelte. Ich bemerkte wohl, dass es mit frischem und teurem Tuche bezogen ward, und setzte mich dann doch mangels einer anderen Gelegenheit.
    Als ich ihr sagte, wer ich sei, begann sie zu weinen, nicht aus Abneigung gegen mich, sondern weil sie dadurch an das Unglück meines Bruders Rignaldo erinnert wurde.
    »Ihr scheint meinen Bruder aufrichtig gern zu haben.«
    »Er war immer gut zu mir«, schluchzte Paulina.
    »Im Prozess beim Erzbischof hörte sich das aber nicht so an …«
    »Dieser verdammte Drecksack, der Teufel soll ihn holen, ich weiß genau, was er Euch angetan hat.«
    »Mein Bruder«, gab ich zurück und deutete auf ihre Tochter, »ist da wohl kaum ehrenhafter.«
    »Das ist es ja gerade«, schluchzte sie weiter, »es ist ganz anders, als die Leute gesagt haben. Rignaldo ist nicht der Vater von Francisca. Aber er war gut zu uns. Sogar heiraten wollte er mich, trotz all der Schande!«
    Jetzt war es an mir zu schluchzen. Ich vergoss einige Tränen um meinen Bruder Rignaldo, doch ein besserer Mensch, als man sagte. Stand es nun nicht fest, dass er nicht den Mord begangen hatte, den ihm andere zur Last legten? Dass er, der Anschuldigung des Hufschmiedes entgegen, kein Betrüger genannt werden durfte? Dass er überdies zum guten und barmherzigen Mensch taugte und nicht zum Hurenbock, wie es im Prozesse gesagt worden war? Dagegen war der Mensch, auf den ich allen Zweifeln im Herzen zum Trotze meine ganze Hoffnung gesetzt hatte, bei der Rettung Rignaldos zu helfen, El Arab, in meinen Augen zum Lügner geworden. Nichts bot mir mehr Halt. Alles war anders, als es schien.
    Mein Sohn weinte mit mir, und Paulina, die von El Arab, Magdalena und den Qualen, die ich ihretwegen litt, freilich nichts wusste, nahm ihn mir ab, um ihn zärtlich zu trösten. Dann sagte sie zu mir:
    »Ja, Ihr könnt stolz sein auf Euren Bruder. Er ist gerecht vor dem Herrn, nur die Menschen haben ihn verurteilt.«
    Darum also erzählte sie mir aus ihrem Leben: »Fast noch als Kind kam ich als Magd auf den Hof des Bauern Michael. Bald verführte er mich, und da ich empfangen hatte, kümmerte sich seine Frau Eleanore um mich. Sie nahm mich mit in ihr Wirtshaus. Hier aber schenkt sie das schale Bier aus, das sie braut, und den sauren Wein, den sie keltert, und erzielt jeweils gute Preise. Schnell bemerkte ich, was von mir als Lohn für Kost und Unterkunft erwartet wurde, und ich tat es, teils aus Not und teils aus der Einsicht, dass alles andere, was ich vom Leben hätte haben können, schlechter sein würde. Euer Vater ließ sich hier manches Mal blicken. Was sollte der einsame Mann nach dem Tode Eurer Mutter auch anderes tun? Rignaldo brachte er eines Tages her, denn er machte sich Sorgen, weil dieser schon längst Mann war, aber unbeweibt zu bleiben schien. Euer Vater wählte mich aus, um ihn in das Liebesleben einzuführen, denn ich dünkte ihm sanft und geduldig. Euer Bruder allerdings verabscheute die

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