Die Konkubine des Erzbischofs
Hurerei, und da er mir wohl gefiel, verlobten wir uns. Er hat mir viel von Euch, seiner liebsten Schwester, erzählt, und ich bin glücklich, dass ich Euch jetzt sehe, obgleich ich Euch mit größerem Glücke auf unserer Hochzeit kennengelernt hätte.«
Mir wurde bewusst, dass Paulina sich bereits in das Schicksal gefügt hatte, Rignaldo dem Henker zum Opfer fallen zu sehen. Woher sollte sie auch Zuversicht schöpfen? Nie wäre es ihr in den Sinn gekommen, das Urteil des Erzbischofs in Zweifel zu ziehen!
»Ich bin hier, Paulina«, sagte ich, nachdem die Lebensgeister wieder zu mir zurückgekehrt waren, »um Euch eine großzügige Gabe meiner hohen Herrin, der edlen Frau Magdalena, zu überbringen. Außerdem habe ich unverhofft das Geld meines Bruders in die Hände bekommen, das er sich vom Hufschmied zurückgeholt hatte. Obzwar mir die Hälfte davon durch übles Ränkespiel schon verlorengegangen ist, handelt es sich um eine ansehnliche Summe, die, wie ich finde, Euch zusteht, zumal für mich durch die hohe Herrin gesorgt wird.«
»Für mich selbst möchte ich nichts. Aber mit Angela, die Euch herbegleitet hat und die eine glühende Verehrerin Eurer hohen Herrin ist, möchte ich ein Haus für Reuerinnen einrichten, die in der gleichen Lage sind wie wir. Wenn wir das Gold Eurer hohen Herrin und aus dem Besitze Eures unglücklichen Bruders als erste Almosen nehmen dürften, könnten wir vielleicht mit unserer Sache schneller vorankommen, als wir gehofft hatten.«
»Ich werde davon meiner hohen Herrin Bericht erstatten und glaube gar fest, dass sie Euch in dieser Sache eine weit großzügigere Spende wird zukommen lassen wollen.«
Paulina war einigermaßen froh und ihre Traurigkeit schien zu verfliegen. Sie bot mir etwas zu essen an. Und ich fasste Mut, ihr die Frage zu stellen, die in mir am heftigsten drängte:
»Paulina, wisst Ihr, was meine Brüder dem Erzbischofe zu Leide getan haben? Mein Bruder Peppino wird es mir nicht sagen, denn er spricht nicht mehr mit mir und will die Stadt verlassen. Rignaldo meint, es mir verschweigen zu müssen – aus einem Grunde, den ich nicht in der Lage bin zu verstehen, nämlich um unseren Bruder Peppino und mich vor der Rache des Erzbischofs zu schützen, die ihn, Rignaldo, schon getroffen habe. Doch glaube ich, dass ich den wahren Mörder des Hufschmieds nicht werde entdecken und meinen Bruder vor dem Henker retten können, wenn ich jenes nicht in Erfahrung bringe, und bin bereit, mich für jenes Wissen in Gefahr zu begeben.«
»Rignaldo hat mir strengstens verboten, mit jemandem darüber zu sprechen«, antwortete Paulina ernst.
»Also wisst Ihr, um was es geht?«, fragte ich erregt.
»Ja«, antwortete sie. »Aber ich darf Euch keine Kunde davon geben. Ein heiliger Eid hindert mich daran.«
»Es steht geschrieben: Du sollst nicht schwören. Vor Gott gilt kein Schwur«, disputierte ich, wie ich es von El Arab gelernt hatte.
»Vor Rignaldo aber bindet mich der Eid ewiglich«, wandte Paulina streng ein.
»Er ist am Leben!«, rief ich.
»Noch«, sagte sie traurig.
»Er ist am Leben«, wiederholte ich. »Also ist es nicht zu spät.«
»Es ist zu spät«, sagte Paulina.
»Nein! Es ist nie zu spät!«, widersprach ich heftig. »Liebt Ihr ihn denn nicht?«
Paulina riss die Augen auf: »Was unterstellt Ihr mir?«
»Sehr Ihr, Ihr liebt ihn«, fuhr ich fort. »Es liegt in Eurer Hand, ihn zu retten!«
»Ihn retten? Vor der Rache des Erzbischofs? Ich glaube, Ihr wisst nicht, welchen Standes Ihr seid. Rignaldo hat seine guten Gründe, nicht zu wünschen, dass Ihr den Anlass für den Rachedurst des Erzbischofs erfahrt. Achtet seinen Willen. Denn er ist Euer erstgeborener Bruder!«
»Wenn nichts geschieht, war er das.« Ich musste einen Weg finden, Paulina zu überzeugen. »Lieber sähe ich, dass er mich für meinen Ungehorsam straft, als dass er stirbt!«
»Meint Ihr wirklich«, fragte Paulina unsicher, »dass Ihr ihn retten könntet?«
»Ich bin gewiss, dass ich es zu vollbringen in der Lage sein werde, wenn Ihr mir nur sagt, weshalb der Erzbischof Rache nehmen will an Rignaldo.«
»Und Ihr meint auch«, wagte sich Paulina vorsichtig weiter vor, »dass keine … keine Strafe …?«
»Ich, ich werde gern alle Strafen der Welt auf mich nehmen, wenn nur mein Bruder gerettet werden kann. Ich bitte Euch, sagt mir, was Ihr wisst!«
»Ich weiß nicht, was ich tun soll«, sagte Paulina.
»Tut es um Eurer Tochter willen, damit sie einen Vater bekommt!« Das war der letzte,
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