Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
Vom Netzwerk:
dass El Arab sehr überheblich klang, als er das sagte.
    »Wir hüten uns vor jedem.«
    So hielt auch ich es. Ich hütete mich sogar vor dem, der mich beschützte oder zumindest versprach, es zu tun. Da er mich aber beschützte, indem er mich nicht aus den Augen ließ, konnte ich nichts weiteres unternehmen, um zu erfahren, warum man mich zweimal hatte ermorden wollen – jedenfalls nicht, ohne dass es El Arab nicht gemerkt hätte. Gab es einen anderen Weg für mich, um mein Ziel der Aufklärung des Falles zu erreichen?

Die nun folgenden drei Wochen beantworteten meine Frage eindeutig mit »Nein«. Anstatt dass ich ein Mittel fand, um die Glut meiner Angst zu löschen, verbreitete sich die Angst wie ein Lauffeuer über die ganze Stadt.
    Erzbischof Konrad war natürlich bestrebt gewesen, diejenigen dingfest zu machen, die ihn zusammen mit dem Grafen von Jülich hatten ermorden wollen. Er hatte jedoch nichts ausrichten können, obgleich er eine hohe Belohnung aussetzte. El Arab war gleichfalls nicht erfolgreich, es herauszubekommen, da er, nachdem er den Erzbischof mit dem Schwerte verteidigt hatte, zu dessen Partei gezählt wurde und von allen Verbindungen zur Partei Wilberts abgeschnitten ward.
    Die Bürger befanden sich so in Aufruhr, dass Konrad schließlich die Stadt sogar verlassen musste. Von außen leitete er einen Angriff mit Wurfmaschinen, die brennende Fackeln in die Stadt trugen. Es half nichts, die Bürger der Stadt wehrten sich standhaft. Wir vom Hause der hohen Herrin aber lebten fortan in Schrecken, denn wir wussten nicht, wie lange wir noch von der Wut der kämpfenden Bürger verschont bleiben würden. Und wie lange würde ich von einem erneuten Anschlage meiner Mörder verschont bleiben? Die doppelte Angst, unter der ich litt, konnte ich kaum ertragen, zumal ich zur Untätigkeit verdammt und der Obhut eines Mannes anheimgegeben war, von dem ich nicht wusste, ob ich ihm trauen durfte.

Der unsicheren Lage in Köln wegen entschloss sich El Arab, seinen Feldzug gegen seine Feinde auch zu beginnen, ohne schon im Besitze des ihm ach so heiligen Buches zu sein. Denn immer noch zögerte ich, ihm zu offenbaren, dass das Buch auf mich gekommen war. Weil er die Universität so liebte, begaben Magdalena und er sich an Annunziata, dem Hochfest der Verkündigung des Herrn an Maria, ein letztes Mal zu einer öffentlichen Disputation in das Dominikanerkloster, in welchem sich die Universität befand. Man erwartete, ungeachtet des draußen herrschenden Aufruhres hier den Frieden Gottes zu finden.
    Der Magister Bonaventura, den man in Abgrenzung zu dem gleichnamigen großen franziskanischen Gelehrten der Pariser Universität »den Kleinen« nannte, war von den Studenten aufgefordert worden, den Satz des Augustinus »Liebe und tu, was du willst« auszulegen. Es waren viele Zuhörer in dem kahlen Schulraum mit den kargen Stühlen anwesend, bestimmt dreißig an der Zahl; neben den Studenten auch einige, die, wie Magdalena und El Arab, Interesse zeigten für Fragen des Glaubens.
    »Es gibt einige in unserer Mitte«, sagte Magister Bonaventura der Kleine im Laufe seines Vortrages.
    Der Magister – im Gegensatz zu seinem Beinamen eine massige, große Gestalt – gehörte zu denjenigen Franziskanern, denen es weniger in der wahren Nachfolge des heiligen Franziskus um Einfalt, Armut, Naturverbundenheit und Gottesverehrung ging als um die Bewahrung der hergebrachten Theologie gegenüber den philosophischen Bestrebungen der Dominikaner, mit denen gemeinsam die Franziskaner einst ihrer Predigt der evangelischen Armut wegen von der förmlichen Kirche verfolgt worden waren. Nun aber standen sich die einstigen verbündeten Bettelorden als Feinde gegenüber, denn die Dominikaner waren zu den Vorreitern der philosophischen Bewegung geworden.
    »Es gibt einige in unserer Mitte, die böswillig behaupten, Liebe und tu, was du willst enthalte eine Erlaubnis zur Zügellosigkeit fleischlicher Begierden. Wer aber die niedrigen Taten des Fleisches beschmutzt, indem er sie mit dem hohen Worte der Liebe belegt, der beschmutzt auch den Geist unseres heiligen Augustinus.«
    In diesem Augenblick standen fünf Studenten der ersten Reihe auf, zogen ihre Schwerter und bedrohten den Magister. Er hielt inne und sagte ruhig: »Ich weiche der Gewalt nicht. Meuchelt mich, damit ich gerecht bin vor Gott!«
    Die Studenten aber taten nichts dergleichen. Vielmehr stand derjenige auf, der als Bruder Thomas schon Magister Albertus in der Disputation mit

Weitere Kostenlose Bücher