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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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Übergabe des infragestehenden Buches. Der Schatten vom langsamen Gisbert, als er sich aus dem Staube machte, nachdem er mich zu seinem Vetter Goswin in dessen Wachstube am Hahnentore geführt hatte … der Schatten! Er hatte Ohren! Hässliche, große, abstehende! Der gesuchte Ohren-Schatten also, den mein Bruder gesehen haben musste! Wenn der Erzbischof, schoss es mir durch den Kopf, sich für seine Entmannung an meinen Brüdern und am Hufschmiede rächen wollte, so wird er ja nicht selbst Hand angelegt, sondern sich des Werkzeugs von Schergen bedient haben! Der langsame Gisbert … und gerade ihm hatte ich Konrads schmutziges Geheimnis anvertraut, das tödliche Geheimnis, wie es mein Bruder Rignaldo genannt hatte … das schreckliche Geheimnis, das nun also auch mich fast umgebracht hätte! Wie furchtbar, was der Mann, den ich im Herzen begehrte, an Schuld auf sich geladen hatte … Aber nein. Das konnte die Lösung nicht sein: Wir, El Arab und ich, hatten sie bereits erwogen und für zu leicht befunden, weil sie die Sache mit dem Kopfe vor dem Hause der Herrin nicht erklärte … Ich fand das Ende des Fadens der Ariadne nicht. Nicht allein. Es blieb mir nichts übrig, als mich wieder in El Arabs starke Hand zu begeben.
    »Herr«, sagte ich also. »Ihr braucht keinen Schreiber zu beauftragen. Das wäre eine Verzögerung. Ich habe das Buch im Besitz und möchte es Euch übergeben, damit Ihr mit diesem Unterpfande eine glückliche Hand in Eurem überaus gerechten Kriegszug haben möget.«
    »Wie bist du in den Besitz desselben gelangt? Hat es dir Konrad einst gegeben?« Überraschenderweise zeigte El Arab keinerlei Ärger darüber, dass ich es ihm, obgleich ich das Buch der Bücher besaß, vorenthalten hatte.
    »O nein, Herr, so lange habe ich das Buch nicht. Es ist erst kürzlich, vor meiner Erkrankung, auf mich gekommen. Ich will Euch alles erzählen, da ich es Euch sowieso nicht verheimlichen kann: Es war die Nacht, in welcher mir die hohe Herrin freigab und in welcher sie Euch erkannt hat. Der langsame Gisbert übergab mir jenes Geld, das die Häscher des Erzbischofs bei meinem Bruder gefunden hatten. Als großzügige Geste sollte es mir gehören.«
    »Das war eine großzügige Geste, in der Tat. Aber, wie ich es dem schlauen Fuchse nicht anders zugetraut hätte, nicht auf seine Kosten: Es handelte sich nämlich um das durchaus rechtmäßige Erbe des Hufschmieds. Immerhin, es bezeugt, dass Konrad gedenkt, weiterhin für die Mutter seines Sohnes zu sorgen … so wie er es schon gezeigt hat, indem er seine Konkubine demütigte, nämlich eben diese Mutter in ihren Haushalt aufnehmen zu lassen.«
    »Ja, eine großzügige Geste.« Auf diesen Punkt wollte ich nicht so gerne eingehen. »Dann führte mich der langsame Gisbert zu diesem Wachmann, seinem Vetter Goswin, der vor dem Gerichte des Erzbischofs einst falsches Zeugnis ablegte. Es stellte sich heraus, dass es der nichtswürdige Teufelsdiener auf mein Gold abgesehen hatte.«
    »Hast du dich je gefragt, wieso er so schnell wissen konnte, dass du Gold dein eigen nennen konntest?«
    »Nein«, gab ich kleinlaut zu. »Diese Frage ist mir entgangen. Woher konnte er das überhaupt wissen?« Wie hatte ich nur überheblich annehmen können, in meiner unerfahrenen Jugend ein Rätsel allein zu lösen, das selbst El Arab Kopfzerbrechen bereitete! Was für eine Närrin ich gewesen bin!
    »Der langsame Gisbert muss mit Goswin verschworen sein. Scheint dir das eine logische Schlussfolgerung?«, fragte El Arab.
    »Durchaus«, stimmte ich zu.
    »Gut. Fahre also fort«, forderte El Arab mich auf.
    »Goswin sagte mir, dass er Euch beim Hahnentor nächtens gesehen habe nach der Mordtat am Hufschmiede – was ja auch mit meiner eigenen, Euch ungerecht hat verdächtig werden lassenden Beobachtung zusammenstimmt, dass Ihr das Haus verlassen hattet. Und er bot mir das Buch an, das für Euch bestimmte Buch. Das Buch müsse ein Schatz sein, aber er verstünde nicht, inwiefern es ein Schatz sei.«
    »Er wusste nicht, wie er es zu Geld machen konnte, dieser Wahnsinnige«, sagte El Arab voller Verachtung.
    »Er forderte für das Buch die Hälfte dessen, was ich besaß.«
    »Das war sehr vorsichtig von ihm. Du hast das Buch gleichsam an meiner statt erstanden, aber ebenso angefangen, mir zu misstrauen. Ist das richtig?«
    »Ja, Herr, das muss ich gestehen.« Ich war aufrichtig zerknirscht.
    »Es ist weniger dir als Fehler anzurechnen als mir«, beruhigte mich El Arab in väterlicher Art.

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