Die Konkubine des Erzbischofs
denen, die Euch die ewige Treue geschworen haben und für Euch in den Tod ziehen werden.«
El Arab stieg vom Pferde und half dem kaum jüngeren, aber kräftigeren Manne mit den hervorstehenden Hasenzähnen, aus dem Schlamme aufzustehen.
»Ibrahim, mein Freund, mein Helfer, der Treueste aller meiner Treuen, die Hoffnung meiner Mission, ich bitte dich: Erniedrige dich nicht in dieser Weise vor mir, der ich nur ausführe, was Allah von uns erwartet. Ich danke dir für deinen herzlichen Empfang und ich befehle dir, dich als mein Freund zu gebärden und nicht als mein Diener.«
Ibrahim lachte El Arab ohne jeden Arg an: »Herr, wir alle können es kaum erwarten, in den Krieg zu ziehen, um das zu gewinnen, was uns Heimat werden soll.«
»Der Tag wird kommen, Ibrahim, mein Freund, der Tag wird kommen. Heute ist die Stunde, da ich dir die Edelfrau Magdalena vorstelle, bei den Christen eine Heilige, bei uns die Königin an meiner Seite. Sowie Hadwig, ihre Magd, nein, vielmehr ihre Tochter, meine Dienerin, nein, vielmehr meine Beraterin.«
»Schalom«, sagte Ibrahim sehr freundlich zu uns und lachte wieder aus vollem Halse. »Christen sind wir, Juden und Moslems. Aber vor allem sind wir Kämpfer. Kämpfer für unseren Sultan, für unsere Heimat, für das Buch, das uns leitet in das Land des ewigen Glücks.«
Jetzt bemerkte ich, dass er eine Kette mit Holzperlen um den Hals trug, woran ein Zeichen hing, ebenfalls aus Holz: der Davidstern der Juden als Grund, darauf das Kreuz der Christen und als oberstes der Halbmond des Propheten. Er holte eine weitere solche Kette aus seinem umgehängten Tuche und streifte sie El Arab, der seinen Kopf neigte, über. Ebenfalls gab er uns derartige Ketten, damit wir sie uns umtäten. Später sah ich, dass alle im Lager, ausgenommen die Gefangenen, mit solcherart Ketten behängt waren.
El Arab fühlte sich hier offensichtlich heimisch. Er hatte alle seine Steifheit und Förmlichkeit abgelegt, die wir an ihm kannten.
»Ibrahim, ich möchte, dass sich die Leute versammeln.«
Ibrahim lachte wieder und verschwand.
Wir gingen nun neben unseren Pferden in das Lager. Die Mitte des Lagers war eine Art Versammlungsplatz. El Arab geleitete uns dorthin, während seine Leute zusammenströmten. Ibrahim stieß wieder zu uns und stellte sich zur Linken von El Arab auf, während Magdalena sich auf seiner rechten Seite befand. Ich dagegen nahm, wie es mir gebührte, hinter ihr Aufstellung.
»Der Tag wird kommen«, rief El Arab mit kräftiger Stimme in die Runde.
»Der Tag wird kommen, erhabener Sultan«, erschallte die Antwort.
»Der Tag wird kommen, wo wir unsere Heimstatt finden werden.«
»Der Tag wird kommen, erhabener Sultan.«
»Der Tag wird kommen, wo unsere Not ein Ende hat für alle Zeit.«
»Der Tag wird kommen, erhabener Sultan.«
»Der Tag wird kommen, wo niemand mehr für den Dienst an seinem Gotte wird leiden müssen.«
»Der Tag wird kommen, erhabener Sultan.«
El Arab machte eine Pause.
Die Männer des Heeres – ich zählte kaum fünfzig, also ganz und gar nicht so viele, wie ich mir unter einem Heere vorstellte – schauten ihn erwartungsvoll an, bis er endlich fortfuhr: »Der Tag ist gekommen, wo ich euch voller Stolz eure Königin Magdalena vorstelle.« Wie um ihn zu bestätigen, stieg ein wunderschöner großer Regenbogen über den Wipfeln auf.
»Der Tag ist gekommen, erhabener Sultan.« Dann stampften und grölten die Leute und schlugen ihre Schwerter aneinander, dass wir für lange Zeit nichts verstehen und nichts sprechen konnten.
»Der Tag ist gekommen«, brüllte El Arab in den ohrenbetäubenden, nicht enden wollenden Lärm, »wo ich euch voller Stolz das Buch darbiete, das ich gesucht habe, das aber auf uns gekommen ist durch diese tapfere Magd.« El Arab zog das Buch hervor und hielt es hoch. Der Lärm ebbte auf wundersame Weise ab. »Der Tag ist gekommen, wo dieses Buch mich ablösen kann, um die Führung unseres Heeres zu übernehmen.«
»Der Tag ist gekommen, erhabener Sultan.«
Nun erhob sich der Lärm erneut und zwar derart, als müsse er den vorausgegangenen an Stärke übertönen. El Arab wartete, bis sein Heer der Befreiung sich beruhigt hatte.
»Der Tag ist gekommen, wo wir, wie wir es verabredet und eingeübt haben, aus diesem Buche lernen werden, damit jeder weiß, wofür er kämpfen und vielleicht sterben wird.«
»Der Tag ist gekommen, erhabener Sultan.«
Ich erwartete das Aufbrausen des Lärmes, aber es blieb still, und so wandte ich mich an
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