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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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Sohn des Hassan, dessen Frau aus der Familie meines Vaters stammt, und ich waren, wie gesagt, auf der Flucht, gejagt von unseren Feinden, den dreckigen Feinden des herrlichen Sonnenreiches, und auf der Suche nach einem Orte, wo wir unsere Freunde sammeln konnten, um zum Gegenschlage gegen die Hunde ausholen zu können.
    Wir kamen auf diese Weise immer weiter nach Norden ab in das heilige römische Reich deutscher Nation. Es gab dort einen Grafen, den buckligen Grafen Wilhelm von Dampierre, der seinen Bauern das letzte abpresste, über den wir hörten, dass er fromme Menschen als Ketzer verfolgte und tötete, mit einem Wort: ein Widerling, der den Tod verdiente und der obendrein uns ans Leder wollte. Uns aber gelang es, diesen schmutzigen Stellvertreter des Teufels in unsere Gewalt zu bringen.
    Zu unserem Glücke, das der Allmächtige uns diesmal hold sein ließ, war es der nämliche Graf von Dampierre, der dem von den Erzbischöfen auserwählten Usurpator das Leben schwer machte. Und da dieser Pfaffenkönig, wie ihr wisst, kein Kriegsmann ist, Dampierre der Bucklige dagegen ein bekannter Haudegen der rüpelhaftesten Art, kam er ihm nicht auf anständige Weise bei.
    Wir schlossen also diesen Pakt mit dem König: Wir würden ihm den buckligen Grafen zuführen wie ein Jagdwild, wenn er uns dafür eine Lagerstätte für unser Heer der Befreiung bereitstellen würde. Da der Erzbischof von Köln dem König sehr zu Dank verpflichtet ist, zwang dieser jenen, uns den begehrten Ort und die notwendigen Schutzgarantien zur Verfügung zu geben.
    So also geschah es, wie ihr wisst, dass der Pfaffenkönig, ein bekannter Feigling, seinen ärgsten Feind, den Grafen Wilhelm von Dampierre, den Buckligen, einen bekannten Raufbold, zu besiegen vermochte.«
    Nun sollte sich also erweisen, dass der langsame Gisbert, als er uns dasselbe berichtete, entgegen unserer aller Erwartungen recht gesprochen hatte. Ich dachte daran, wie er die Grausamkeit El Arabs und des Pfaffenkönigs beschrieben hatte. Das, was ich schon lange befürchtete, hatte sich nun bewahrheitet! Hätte ich nicht erschaudern sollen? Wäre es nicht angemessen gewesen, El Arab dieser Schandtat wegen ebenso zu hassen wie zu fürchten? Oder hatte er eine Pflicht, so zu handeln, weil er selbst ein Verfolgter war? Ich spürte eine neue Kraft in mir aufsteigen, die nämlich, El Arab entgegenzutreten.
    »War es nicht sehr gefährlich«, fragte ich also herausfordernd, »dass Ihr Euch öffentlich so gegen den Erzbischof gestellt habt?«
    »Gefährlich? Ja. Ich spiele gern ein wenig mit dem Feuer. Doch war Konrad klar, dass ich über ein Wissen verfügte, das, wäre es von mir im Lande verkündet worden, seinen geliebten Pfaffenkönig in eine missliche Lage gebracht hätte. Das wollte er freilich nicht. Und sehe ich so aus, als ob ich das Licht der Wahrheit für ein bisschen Sicherheit aufgebe?«, fragte El Arab selbstgefällig. »Im Übrigen habe ich ihm das Leben gerettet, als es darauf ankam. Das allein zählt.«
    »Und dass Ihr Graf Wilhelm den Buckligen, der beim Volke, trotz der von Euch aufgezählten, zweifelsohne bösen Taten, sehr beliebt war, dem König zum Mord hergerichtet habt, obwohl Ihr die Macht des Königs über die Fürsten ablehnt, ist nicht gegen Eure Ideale?« Ich war äußerst aufsässig, doch ich musste nun einmal wissen, wie dieser Widerspruch zu lösen sei.
    »Ha«, machte El Arab. »Ha, du bist klug und bewandert in der Logik, die du von mir hast. Ja, das habe ich für mein Heer der Befreiung und mein Sonnenreich getan. Es ist eine Sünde. Eine Sünde, die ich nicht vermeiden konnte. Ich mache mir keine Vorwürfe daraus, und du solltest es auch nicht tun.« El Arab wusste auf alles eine Antwort.
    Noch aber gab ich mich nicht zufrieden. »Die Predigerbrüder, die Ihr so verehrt«, sagte ich frech, »beteiligen sich allzumal an den Ketzergerichten, an der Inquisition gegen Menschen, die den Glauben anders auslegen als sie.«
    »Herrgottsakrament«, fluchte El Arab und verdeckte seine Augen. »Hadwig, du redest wie der Narr am Hofe des Herrn. Ja, auch die Dominikaner verraten die Wahrheit des Denkens. Dafür wird Gott sie, so hoffe ich, tüchtig bestrafen. Doch immerhin versuchen sie, anders als die verdammten barfüßigen Franziskaner, zu denken, während sie töten und anderes Unrecht tun. Das gereicht ihnen zur Ehre.«
    Dergestalt erkannte ich, dass ich falsche Erwartungen an die Menschen gestellt hatte, die ich liebte. Sie sollten ohne Fehl und Tadel sein.

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