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Die Konkubine des Erzbischofs

Die Konkubine des Erzbischofs

Titel: Die Konkubine des Erzbischofs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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dreckig und zerfleddert. Auch schienen Landsknechten darin zu nächtigen, was ich aus den Strohlagern und dem stechenden Gestanke schloss, der den allgemeinen Modergeruch noch übertraf.
    El Arab zeichnete vor seinen obersten Leuten seine Absicht, wie das Heer der Befreiung nun vorgehen sollte. Man hatte ausgekundschaftet, in welchen Städten und Dörfern auf der Strecke nach Marokko Ketzer oder Juden verfolgt, Bauern ausgeplündert, Frauen gegen ihren Willen verheiratet, untergewichtige Münzen von den Fürsten in Umlauf gebracht, Unschuldige verurteilt wurden oder sonstiges Unrecht geschah: Alle Menschen, die unter solcherart Unrecht zu leiden hatten, wollte man auf dem Wege gewinnen, mitzuziehen. Auf diese Weise würde, einem Kreuzzuge gleich, ein riesiges Heer entstehen, das die Heimstatt des Friedens von den Feinden befreien würde.
    Am Abend wurde Magdalena zu Ehren ein großes Mahl gegeben, das nicht so glänzend war wie die Gelage des Erzbischofs, aber dafür voller menschlicher Wärme und Lebenslust. Die Nacht verbrachten wir in einem Zelt, das besser erhalten war als alle anderen und meinem Eindruck zufolge die ganze Zeit über nicht benutzt, sondern allein für El Arab bereitgehalten worden war.
    Während El Arab das Blut der hohen Herrin durch liebreizende Worte und Zärtlichkeiten in Wallung brachte, flehte sie ihn um ein Gespräch von der anderen Seite an . (wovon er ja auf dem Feste zu seiner Vorstellung gesprochen hatte). Er legte sie also auf ihren Bauch. Dann hielt er mit seinen Händen sanft ihre Hinterbacken auseinander. Das erinnerte mich daran, wie er die weißen Blätter des Buches von Abaelardus aufgeschlagen hatte. Ihr Hinterteil sah aus wie beseeltes Elfenbein, und er betrachtete es mit Vergnügen.
    Dann erkannte er sie auf diese Weise, die ich nicht nur als unkeusch, sondern auch als widernatürlich empfand, vor allem, da mir schien, dass es der Lust des Mannes keinen Abbruch tat, der aber der Frau die dafür geschuldete Freude nicht bereiten konnte. El Arab als Arzt sollte es aber wohl geläufig sein, dass der Mann, der der Frau, die er erkennt, der Freude Gewinn verweigert, sie der »suffocatio matricis« oder schlimmeren Leiden ausliefert.
    Ich dagegen überlegte, bevor ich ermattet auf dem harten und kalten Boden einschlief, warum der langsame Gisbert so bereitwillig von den Taten und Plänen Konrads berichtet hatte. Aber natürlich, er fühlte sich ihm nicht mehr verpflichtet, nachdem er von ihm seinem Feinde ausgeliefert worden war. Konnte man davon ausgehen, dass er die Wahrheit sagte? Ich würde ihm nicht glauben, wenn nicht das, was er gesagt hatte, sich zu einem Sinn fügen würde, der unabweisbar auf die Wahrheit hindeutet.

Am anderen Tage begleitete uns Ibrahim zurück nach Köln. Ibrahim war ein fröhlicher, aber nicht sehr gesprächiger Weggefährte. Ich aber fragte ihn gelegentlich nach dem Land des Sultans.
    »Wird sich zeigen, bei welchem gottverdammten Ort wir auskommen«, antwortete Ibrahim.
    »Aber der Sultan, wie Ihr ihn nennt, ist doch aus seinem Land, das ihm rechtmäßig gehört, vertrieben worden, wie er sagte. Das Land wollt Ihr, wenn ich das zutreffend verstanden habe, von den bösen Feinden befreien«, wandte ich verwirrt ein.
    »Beim Leibhaftigen, überall ist sein Land und nirgends«, gab Ibrahim zurück.
    »Ich will nicht verstehen, was Ihr meint!«
    »Schon als wir fast noch dreckige Kinder waren, haben wir geträumt von unserem Land«, begann Ibrahim jetzt doch, etwas ausführlicher zu erzählen. »Der Herr, den wir Sultan nennen ob seiner alles überstrahlenden Kraft, war ein junger Arzt, als er mich Elenden fand, mich, der ich ein hilfloser, kranker Waisenjunge aus jüdischem Hause war. Er nahm mich auf, da er selbst auch schon bei Geburt und nicht wie ein Muselmane erst im 12. Lebensjahr beschnitten worden war.«
    »Der Sultan ist Jude? Uns hat er sich zunächst als Christ vorgestellt, bis klar wurde, dass er ein Mohammedaner sein muss. Er bezeichnete dann den Islam als seines Vaters Bekenntnis.« Wusste ich es doch, dass man El Arab nichts glauben durfte!
    »Als elender Jude geboren wurde der Sultan im gottverdammten Fes, das im verfluchten Marokko liegt, wo auch die Sonne des großen Moses Maimonides einst geschienen hat. Der Sultan wurde von einem nichtswürdigen Schüler dieses Maimonides unterwiesen und entschied sich dann als 14jähriger, zum Muselmanen zu werden, denn als Jude ist man überall nur ein elender Verfolgter. Als er mich fand, gab er

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