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Die Konkubine

Die Konkubine

Titel: Die Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Komponisten ebenso. Falls das stimmt, gibt es doch etwas Gemeinsames, eine Basis der Verständigung.»
    «Junger Mann, das haben Sie schön gesagt. Ich kann nachvollziehen, was Sie meinen. Doch nun meine Geschichte, wir sind bald am Bahnhof. Das heißt, eigentlich ist es nicht meine Geschichte, sondern eine, die mir ein chinesischer Freund erzählt hat. Er berichtete, ein Missionar habe auf einem Markt vor einer großen Volksmenge über die Gebote der Nächstenliebe gepredigt und versucht, den Zuhörern klarzumachen, dass man die andere Wange hinhalten solle, Sie kennen diesen Satz aus der Bibel, nehme ich an. Das Beispiel des Predigers: Das gelte auch, wenn einer dem anderen den Mantel wegnehme. Es erinnerte einen der Zuhörer an die Lehren chinesischer Heiliger. Einer der alten Meister fragte seinen Schüler: Der Schüler erwiderte: Der Meister sprach:
    Der langen Rede kurzer Sinn: Dieser Mann wollte nun sehen, ob es dem Missionar mit seiner Lehre wirklich ernst war. Er trat also auf ihn zu und nahm ihm kurzentschlossen den Tisch weg, den er vor sich stehen hatte. Da sei aber der vorher so sanfte Missionar furchtbar böse geworden, erzählte mein Freund. Er sprach plötzlich nicht mehr in salbungsvollem Ton, sondern habe Ja, so war das.»
    Unter Gelächter erreichten sie den Bahnsteig, und Konrad verabschiedete sich.
    «Machen Sie sich keine Sorgen, ich werde nach meiner Rückkehr noch einmal nachfragen und Ihnen dann Bescheid sagen. Aber ich bin überzeugt, Sie haben nichts zu befürchten», gab ihm Richard Wilhelm mit auf den Nachhauseweg. Konrad war jetzt bedeutend leichter ums Herz. Er beschloss, noch einmal mit Fauth zu sprechen.
     
    Doch es kam nicht mehr dazu. In der Nacht vom 8. auf den 9. Februar griffen japanische Torpedoboote die russischen Seestreitkräfte an, die in Port Arthur auf Reede lagen. Fast zeitgleich blockierten sie den russischen Marinestützpunkt Wladiwostok. Im fernen St. Petersburg hatte Zar Nikolaus II. den Abend zusammen mit Zarin Alexandra in der Oper verbracht. Als er schließlich ins Winterpalais zurückkehrte, überbrachte ihm ein Kurier eine Meldung von Admiral Alexejew.
    Einer der Ersten, die in Tsingtau von dem Überfall erfuhren, war Fauth. Er hatte überall seine Zuträger. Der kleine Mann warf Konrad rüde aus dem Bett. Dieser konnte die Nachricht in seinem verschlafenen Zustand zunächst kaum richtig begreifen. Doch er bekam keine Zeit abzuwarten, bis sein Kopf klar wurde. Das bedeutete Krieg zwischen Japan und Russland. Ein Krieg, der auch Deutschland und seine Kolonie Kiautschou mit in einen unheilvollen Strudel reißen konnte.
    Der erste Weg der beiden führte zu Gouverneur Truppel. Dieser hatte schon auf sie gewartet. Er sah ebenso müde und aufgewühlt aus wie seine beiden Besucher. Gabriel warf er nur einen kurzen Blick zu, nickte und wandte sich dann an Fauth.
    «Müssen herausfinden, was die Japaner vorhaben. Die Drähte laufen heiß. Habe erfahren, die chinesische Regierung will in dieser Sache ihre Neutralität erklären. Hoffe, das tut Deutschland auch. Würde zu gerne wissen, was eigentlich genau in Port Arthur passiert ist. Fauth, haben Sie eine Ahnung?»
    «Meine Quellen sagen, die russischen Offiziere hätten beim Abendessen gesessen, völlig ahnungslos. Ein großer Teil der Schiffsbesatzungen war auf Landurlaub. Ich habe gehört, den Kommandanten der im Hafen liegenden Schiffe sei sogar die Abdunkelung untersagt und den zur Wache eingeteilten russischen Booten zunächst der Feuerbefehl verweigert worden. Sie haben schließlich zwar die Annäherung der Torpedoboote bemerkt,

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