Die Korallentaucherin
würde, wenn ich fremdgegangen wäre!«
»Und was willst du tun?«
Jennifer rieb sich die Augen. »Ich weiß es nicht, Isobel. Ich habe gesagt, ich brauch ein bisschen Zeit, um mich … auf die Situation einzustellen. Das Schreckliche, Traurige ist, dass wir beide offenbar das Gleiche wollen, doch der jeweils andere sieht es nicht so.«
Isobel schwieg einen Moment. Sie erkannte deutlich, dass die beiden in gegensätzliche Richtungen strebten. Schließlich sagte sie sanft: »Manchmal wird einer der Partner nicht richtig erwachsen oder entwickelt sich in eine andere Richtung. So ist es mir auch ergangen.«
»Wie lange bist du schon geschieden?«
»Seit Jahren. Ich hatte zwei kleine Jungen, aber ich habe es geschafft. Meine Eltern waren sehr hilfreich, obwohl sie der Meinung sind, eine Ehe müsse ewig halten, ganz gleich, was geschieht.«
»Was ist schiefgegangen?«
»Zu Anfang gar nichts. Ich wollte alles zur gleichen Zeit. Mein Problem besteht darin, dass meine Leidenschaft schwer zu teilen ist – es sei denn, man taucht mit mir! Ich bin seit jeher unglaublich motiviert und stürze mich mit absoluter Ausschließlichkeit in meine Vorhaben. Daher fiel es mir schwer, auch noch das häusliche Leben zu organisieren. Wir hatten keine traditionelle Beziehung. Wissenschaftler sind besessen, wie manche Dichter, Musiker, Maler. Ich kann meine Neugier nicht abschalten, und das hat die ehelichen Bande belastet, bis sie dann zerrissen.«
»Du bist erfolgreich und berühmt und dienst der Wissenschaft. War es das wert?« Jennifer hoffte, dass sie nicht in allzu persönliche Sphären vordrang, doch sie musste diese Frage stellen.
Isobel seufzte. »Jenny, das war meine Wahl in meinem Leben. Deine mag anders aussehen. Ich wäre lieber verheiratet geblieben, aber der Drang, zu forschen und Antworten zu suchen, um zur Rettung der Meere beizutragen, stellt für mich eine unwiderstehliche Macht dar. Und ich weiß auch, dass ich nicht dagegen hätte ankämpfen können.«
Jennifer dachte über diese Worte nach, und wieder einmal wurde ihr bewusst, welch eine unbezähmbare Frau Isobel zu sein schien. Auch sie seufzte. »Wenn ich wenigstens nicht schwanger wäre. Es steigert die Ungerechtigkeit noch mehr und setzt mich unter Druck, dafür zu sorgen, dass alles gut wird. Außerdem ist da noch meine Mutter, die auf dem Festland vor Ungeduld platzt.«
»Ah. Vielleicht könntest du eine Zeitlang bei ihr wohnen?«
»Ausgeschlossen. Sie würde es riechen, dass etwas nicht stimmt, und gleich über mich herfallen. Ich ziehe mich nicht zurück, um es Blair und diesem Miststück Susie leichter zu machen. Und ich will nicht fort von hier. Mir gefällt es hier.« Sie wies auf das Meer und war im Begriff zu sagen, dass sie ihre Arbeit mit Mac und den anderen fortsetzen wollte. Dass sie mit Isobel und Gideon zusammen sein wollte.
Isobel neigte den Kopf und sah Jennifer an, die plötzlich verstummt war.
»Mein Gott, ich glaube selbst nicht, dass ich das gesagt habe!«
»Weiter.«
»Ja, es gefällt mir hier. Wirklich. Ich hätte
nie
geglaubt, dass ich das einmal sagen würde.«
»Wieso? Was gefällt dir?«, fragte Isobel.
»Die Insel. Von Wasser umgeben zu sein. Es hat die Alpträume zurückgebracht. Und jetzt … nachdem ich weiß, was die anderen erforschen, ist es mir wichtig.«
»Und was noch?«
Jennifer sprach bedächtig, versuchte, diese neuen Gefühle zu analysieren und in Worte zu fassen. »Die Schönheit, der Lebensstil, die Tatsache, dass wir mit der Natur koexistieren, die Tiere. Wir müssen uns an sie anpassen, nicht umgekehrt. Aber in erster Linie sind es die Menschen. Du, Mac, Gideon, alle hier in der Station.«
»Vielleicht haben wir gemeinsame Interessen. Das schmiedet uns mächtig zusammen«, sagte Isobel.
»Freundschaft schmiedet zusammen. Ist es das? Trotzdem weiß ich instinktiv, dass ihr ganz besondere Menschen seid. Es ist mehr als Freundschaft … Ich kann das nicht erklären.«
Isobel strich ihr über die Hand und lächelte. »Das brauchst du auch nicht. Nun, was wolltest du sagen?«
Jennifer holte tief Luft. »Mir gefällt die Vorstellung, ein Buch zu schreiben, und wenn Mac glaubt, dass ich das kann, dann tu ich’s.«
»Bravo! Das Beste, was du machen kannst.« Isobel war völlig pragmatisch. »Allerdings musst du deine häuslichen Arrangements in Erwägung ziehen. Bist du bereit, in dein Haus und Ehebett zurückzukehren?«
Jennifer schwieg. Sie versuchte, sich ihr gemeinsames Leben mit Blair vor Augen
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