Die Korallentaucherin
der täglichen Routine austauschten. Christina, »Sagt Tina zu mir, so wie Roger«, war zu Anfang schüchtern. Die meisten Frauen auf dem Campingplatz lebten in Vororten oder Kleinstädten, nicht auf einer abgelegenen Farm. Christina wurde bewusst, wie ausgehungert nach weiblicher Gesellschaft sie war.
Die Familie blieb während des größten Teils des Tags unter sich und kam zum Mittagessen zurück zum Caravan mit der Markise über dem Essplatz. Christina gönnte sich das seltene Vergnügen eines Mittagschläfchens, während Roger mehrere Stunden mit den Kindern am Strand verbrachte. Die Abende wurden gesellig mit den Nachbarn bei Spielen und gelegentlich gemeinsamen Essen verbracht.
Teddy und Jennifer liebten den Strand, wenngleich sie sich nicht ins Meer wagten. Jennifer konnte überhaupt nicht schwimmen, und Teddy hatte nur ein paar Unterrichtsstunden im Schwimmbad in der Stadt gehabt, denn die Stadt war zu weit entfernt für regelmäßigen Schwimmunterricht.
Auf dem Grundstück des Motels neben dem Campingplatz befand sich ein kleiner Pool, und einer der benachbarten Camper bot an, Teddy in null Komma nichts das Schwimmen beizubringen.
Teddy wollte einen großen Fisch angeln. Sein Vater hatte eine neue Rolle an seiner alten Rute angebracht und wusste inzwischen, welcher Köder am besten geeignet war. Einige Männer hatten tatsächlich Fische nach Hause gebracht, die sie vom Strand aus gefangen hatten, woraufhin ein großes Grillfest organisiert wurde. Teddy wollte, dass er und sein Vater einen noch größeren Fisch fingen, vielleicht sogar einen Dorsch, und Roger hatte ihm versprochen, am nächsten Tag bei Ebbe mit ihm von der Felsbank aus zu angeln.
»Kommst du mit, Schatz? Unterm Sonnenschirm zusehen, wie wir einen dicken Fisch fürs Abendessen rausholen?«
Christina schüttelte den Kopf. Sie freute sich darauf, den Nachmittag mit einem Deadwood-Dick-Taschenbuch genüsslich auf der Plastikliege zu verbringen, während Roger die Kinder beschäftigte. »Jenny … setz deinen Sonnenhut auf. Du auch, Teddy.«
»Och, Mum, ich habe doch Zinksalbe auf der Nase. Das reicht. Der Hut weht mir nur vom Kopf oder so.«
»Schon gut. Also, Jennifer, hast du Eimer und Schaufel? Hast du den Köder, Teddy? Dann kann’s ja losgehen. Bis später, Tina.«
»Viel Spaß. Sei schön artig, Jennifer. Lauf nicht so weit weg. Gib acht auf sie, Roger.«
»Tina, sie ist restlos zufrieden, wenn sie Sandburgen bauen und Wasser aus den Tümpeln in ihren Eimer schöpfen kann. Ruh du dich schön aus.«
»Es stört dich wirklich nicht?«, fragte Christina. Roger hatte ihr angeboten, die Sonnenliege und den Schirm hinunter an den Strand zu tragen, doch Christina war die Sonne zu heiß und grell. Sie genoss die Zeit für sich allein vor dem Caravan, wo sie sich jederzeit etwas Kaltes zu trinken oder eine Tasse Tee holen konnte. Manchmal trank sie Tee und rauchte eine Zigarette mit der Frau aus dem benachbarten Caravan. In der Nachmittagshitze herrschte Ruhe auf dem Campingplatz, und Christina liebte es, ausnahmsweise mal Zeit für sich allein zu haben, ohne dringende Arbeiten im Haus oder auf der Farm, ohne die Kinder, die nach Aufmerksamkeit verlangten. Sie wollte das Beste aus dieser zweiwöchigen Verschnaufpause machen, bevor sie zurückfahren musste zu … Sie mochte nicht daran denken.
Sie seufzte, ließ das Buch auf den Schoß sinken und schloss die Augen. Warum war ihr Leben so verdammt schwer? Sie war noch so naiv gewesen, als sie geheiratet hatte. Gott, wenn sie gewusst hätte, dass ihr Leben so aussehen würde … Ihre Mutter, mit geschürzten Lippen und missbilligender Miene, erschien vor ihrem inneren Auge. Roger Campbell war ihr nicht gut genug gewesen. Aber wer war ihre Mutter schon, dass sie sich solche Allüren erlaubte? Christinas Vater war ein hart arbeitender, exzessiv trinkender Kraftfahrzeugmechaniker gewesen, dessen Lohn kaum ausreichte, um die Grundbedürfnisse seiner Familie zu befriedigen.
Christina wollte keinen Sohn von Freunden ihres Vaters oder einen Jungen aus ihrem engen sozialen Umfeld heiraten. Eine zufällige Begegnung mit einem Jungen aus dem Busch erschien ihr wie ein Fluchtweg. Wenn sie gewusst hätte … Wie auch immer, irgendwann hatten sie und Roger genug Geld zusammengekratzt, um sich ein kleines Anwesen zu kaufen.
Sie würde, verdammt noch mal, dafür sorgen, dass es ihrer Tochter mal besserging als ihr. Sie wollte, dass Jennifer einen richtigen Beruf erlernte, einen, der sie im
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