Die Kornmuhme (German Edition)
leise vor sich hin schimpfte, wenn jemand so wenig Manieren an den Tag
legte, zog es diesmal vor, einfach nichts zu sagen. Er ergriff seinen Wagen und
eilte schnell von dannen. Mit solch einem seltsamen Gefährten wollte er nichts
zu tun haben. Irrgrim aß wie ein Tier und roch auch wie eines. Noch dazu war
etwas in seinem Blick, das den Händler hatte schaudern lassen.
Als Irrgrim sich in eine Ecke
gehockt und aufgegessen hatte, fühlte er sich sofort besser. Er hatte seinen
Umhang und seinen Bart besudelt, und auf dem Boden vor ihm lagen die Knochen
und alle anderen Reste seiner Mahlzeit. Es stört ihn jedoch nicht, ebenso wenig
wie die Blicke der Anderen. Gerne wäre er jetzt eingeschlafen, einfach so, hier
und jetzt auf dem Boden dieses Tunnels, auch wenn Zwerge an ihm vorübereilten
und ab und zu auf ihn treten oder über ihn stolpern würden.
Doch die Blume zog und zerrte an
seinem Geist, ja, sie entzog ihm das Gefühl ihrer Obhut, wenn er ihr nicht
gehorchte, und so blieb ihm nichts anderes übrig, als aufzustehen und
weiterzugehen.
Was wollte sie jetzt wohl? ,
fragte er sich. Seine Beine liefen fast wie von alleine weiter, und immer mehr
Zwerge füllten die Gänge. >> Eine Schmiede<<, hörte er in seinem
Inneren die Blume leise flüstern. Und gleichzeitig erschien ein Bild vor seinem
inneren Auge. Ein Bild von ihrem Wunsch nach einem Gefäß, das ihr einen
sicheren Schutz bieten könnte. Aus purem Gold war es, mit Wänden aus Glas und
mit goldenen Schnallen, die sich um Irrgrims Körper schlingen sollten.
So schnell dieses Bild aufblitzte,
so schnell war es auch wieder verschwunden. Doch er wusste jetzt, was zu tun
war. Sie brauchte ein sicheres Behältnis, das sie schützte, wenn er sich im
Schlaf unbewusst drehte, und das ihr am Tage das kraftzehrende Festklammern
erleichterte. Momentan war sie nur grob mit ein paar Kordeln an seine Brust
gebunden und ihre kleinen, zarten Wurzeln waren noch nicht tief genug in ihm
verankert, und noch nicht stark genug, um sich sicher an ihm festzukrallen. Die
längeren Wurzeln umschlagen zwar seinen Brustkorb, doch auch sie hatten noch
Mühe.
Gezielt suchte er jetzt nach einem
Schmied. Ein guter musste es sein, da ein solches Gefäß einiges an kunstvollem
Geschick erfordern würde. Bald darauf stand er vor einem Laden. Ein hölzernes
Schild prangte über einer großen Türe. Darauf stand: Gebrüder Thorolf –
Schmiede und Kunsthandwerk.
Als er die Türe öffnete, bimmelte
eine kleine Messingglocke aufgeregt über seinem Kopf. Im Inneren war es
gemütlich warm. Ein Feuer prasselte in einem riesigen Kamin und erhellte den
gesamten Raum.
>> Komme gleich! <<,
rief es aus einem Hinterzimmer.
Irrgrim blieb stehen und
betrachtete den Amboss und den darauf liegenden Schmiedehammer. Der ganze Raum
war mit allerlei Handwerkszeug zugestellt. Eine Waage und mehrere große Barren
Gold lagen auf der Werkbank an der linken Gewölbemauer. Sein Blick glitt über
die erstaunlichen Dinge, die in den vollgestopften Regalen steckten, bis er
hinten in einer dunklen Ecke an einem kleinen Tisch eine Person bemerkte, die ihn
misstrauisch anstarrte. Sie blickten sich einen Moment lang in die Augen. Dann
stand der Schmied auf und kam langsam auf Irrgrim zu. Ohne den Blick von ihm zu
wenden, rief er nach hinten:
>> Interessanter Besuch,
Andalf! Komm mal eilends nach vorne, um ihn dir anzuschauen! << Dabei sah
er nicht besonders freundlich drein, und auch seine Stimme hatte einen
barschen Tonfall. Irrgrim war ein wenig verwirrt. Er wusste nicht, welchen
Anblick er bot. Schon lange hatte er keinen Kontakt mehr mit Anderen gehabt,
aber es war nicht nur das. Nun, da die Blume von seinem Geist und seinem Herzen
Besitz ergriffen hatte, wirkte er noch viel befremdlicher und mitunter auch
bedrohlicher, als er sich es selbst vorstellen konnte. Ihre Bosheit zeigte sich
auf seinen Zügen. Andalf, von dem Tonfall der Stimme seines Bruders
aufgeschreckt, eilte nach vorne und blieb abrupt stehen, als er Irrgrim
erblickte.
>> Ja bitte? <<,
fragte er etwas irritiert nach einigen Sekunden des Zögerns.
Irrgrim überlegte, wie er es am
besten formulieren konnte, doch es fiel ihm nichts so recht ein. Er räusperte
sich nervös. Wie lange hatte er schon nicht mehr mit jemandem gesprochen!
>>Ich brauche ein Gefäß …
für eine Blume. <<
>> Für eine… für eine Blume ?
<<, wiederholte Thorolf erst erstaunt, dann etwas amüsiert.
>> Du meinst eine Blume, so wie
sie an der Oberfläche wachsen?
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