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Die Kornmuhme (German Edition)

Die Kornmuhme (German Edition)

Titel: Die Kornmuhme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H. Schreiber
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    Das Rauschen verstummte, und der
Druide ließ sich mit einem Seufzer zurück auf seinen Stuhl sinken. Schweiß
stand auf seiner Stirn, und als er die Augen öffnete, sah er den König mit
erschrecktem Blick und offenem Mund vor sich stehen. Nur einen Moment lang
spiegelte sich in dessen Gesicht blankes Entsetzen wider. Dann brach er in ein
Wutgebrüll aus, das im ganzen Saal wiederhallte. Keiner sprach ein Wort. Der
Berater eilte hinaus, um den Rat zusammenzurufen.
     
    Auch Sonnwin saß gerade mit seiner
Familie zu Tisch, als die Nachricht eintraf, der Rat solle umgehend
zusammenfinden. Er warf sich in seine rote Robe und band sich hektisch die
goldene Schärpe um. Dann eilte er aus der Wohnhöhle die schier endlosen Gänge
hinab, dem Thronsaal zu. Als er eintraf waren schon neun der dreizehn
Mitglieder versammelt. Teilweise rückten Sie noch ihre Kleider gerade und
blickten sich mit verstohlener Neugierde um. Diener räumten das letzte Geschirr
von der Tafel, die nun dem Rat zur Versammlung diente.
    Der König saß schon mit finsterer
Miene am Kopfende des Tisches, der so lang war, dass Sonnwin, der seinen Platz
weiter hinten gewählt hatte, ihn ohne sein Monokel nur schemenhaft erkennen
konnte. Doch König Valgurs Stimme donnerte gut vernehmbar durch den gesamten
Raum.
    >>Setzt Euch!<<
    Als der letzte eingetroffen war,
kehrte langsam Stille ein. Alle schauten gebannt auf Valgur. Er erhob sich nun
und begann:
    >> Die Menschen haben Zagel
um Hilfe gebeten…, so müssen auch wir ihnen helfen. Ein Menschenjunge wird bald
bei uns sein, dem wir einen Weg zeigen sollen, und zwar den zu den drei Nornen
am Fuße der Weltenesche Ygdrassil. Sie sollen wissen, wo sich der Korngeist der
vier Himmelsrichtungen aufhält…<<
     
    >>Weltenesche?<<,
fragte ein Ratsmitglied zaghaft. >>Für die unter uns, die nicht so
bewandert sind in den Angelegenheiten der oberen Welt, könnte Alvis vielleicht
noch einmal erklären, worum es sich dabei ...<<
    Alvis ergriff das Wort.
>>Die Weltenesche, oder auch Ygdrassil der Weltenbaum genannt, ist die
Säule des Himmels und der Urgrund von allem. Sie trägt das Himmelsgewölbe, das
sich über uns auftut, und auch die Zeit der Welt trägt sie in sich.<<
    Andächtiges Schweigen trat ein.
Die Zeit der Welt. Sonnwin versuchte sich daran zu erinnern, was er darüber
gelesen hatte.
    >>Die drei Nornen, die
magischen Frauen, die tief in seinem Wurzelwerk hausen, spinnen die Fäden der
Zeit. Sie sind die drei Kräfte der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und nur
sie allein haben die Möglichkeit, das Kommende in unserer Welt
vorauszusagen.<<
    >>Und der
Korngeist?<<, fragte ein Anderer.
    >>Der Korngeist der vier
Himmelsrichtungen …<<, fuhr Alvis fort, >> … die Getreidemutter.
Sie hütet seit ewigen Zeiten die Saat des Bösen. Auf ihrem Feld, das schon seit
Alters um die Welt wandert und immer mal hier und da auftaucht, sind die Seelen
der Hexen zuhause. Sie leben in den Blütenkelchen bestimmter Blumen, die
zwischen den Ähren zu finden sind.<<
    Jetzt schwiegen wieder alle und
dachten nach. So ganz erschloss sich ihnen trotzdem der Sinn dieses Vorhabens
nicht, und überhaupt, was sollte das heißen, dass das Volk der Zwerge einem
Menschen helfen sollte. Sonnwin hatte noch nie Kontakt zu Menschen gehabt und
ihn schüttelte es bei solch einer Vorstellung. Einmal hatte er sich als junger
Bursche todesmutig an einen herangeschlichen und den im Gras Schlafenden von
Kopf bis Fuß in Augenschein genommen.
    >>Entschuldigung>>,
stammelte ein dicker Zwerg auf der anderen Seite des Tisches und rückte nervös
sein Monokel gerade.
    >>Heißt das... heißt das,
dass wir mit dem Menschen...<<, er suchte nach Worten, >> ... in
Kontakt treten sollen? <<
    Die letzten Worte hatte er
ausgesprochen, als würde er etwas ausspucken wollen.
    Der König schnaubte verächtlich
über so viel Dummheit und brüllte:
    >> Wir sollen ihn zur
Weltenesche ge-lei-ten! <<
    Ein Raunen erhob sich. Alvis
beschwichtigte. Sonnwin wusste, was jetzt kam, und nach dem ersten Schrecken brannte
in ihm plötzlich ein wildes Feuer. Er wollte der Auserwählte sein. Nein, er
musste es sein!
    >>Einer...<< begann
der König, und als wenn alle denselben Gedanken gehabt hätten, starrten sie
augenblicklich Sonnwin an. >>Einer muss es tun! <<
    Auch der König blickte nun auf
Sonnwin, und in ihm begann nun plötzlich Unbehagen aufzusteigen. Seine Freude
verflog augenblicklich und machte einem unangenehmen Schaudern Platz.
Einerseits war es das, was

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