Die Kornmuhme (German Edition)
er sich immer gewünscht hatte. Ein Abenteuer an der
Oberfläche. Er, der einzige Zwerg, der eine wagemutige Reise antreten würde.
Ein Auftrag vom König höchst selbst, und nur er, Sonnwin Baldur Runkel, war der
Einzige, der zu dieser Aufgabe fähig war. Doch an der Seite eines Menschen? Und
so… weit? Andererseits wurde ihm plötzlich klar, dass seine Träumereien nie
etwas mit der Realität zu tun gehabt hatten. Nun, wo er die Möglichkeit hatte,
verließ ihn der Mut.
>>Warum guckt ihr mich so
an? <<, fragte er und versuchte das Zittern in seiner Stimme zu
verbergen.
>>Müssen wir uns diesem
Gesetz denn wirklich noch beugen? <<, fuhr er hilflos fort, als er keine
Antwort bekam. Er wusste, dass sich seine Worte lächerlich anhörten.
>> Ich meine, was haben sie
uns gebracht, diese Menschen? Nur Ärger bringen sie. Brechen in unsere Höhlen
ein und stehlen unser Gold...<<
>>Genau! <<,
pflichtete ihm ein Anderer leise bei, und Sonnwin wusste, dass eigentlich alle
derselben Ansicht waren, besonders der König, der nur Verachtung für das Volk
der Menschen übrig hatte. Alvis der Druide erhob sich und übernahm das Wort.
>>Dem Wunsch Zagels haben
wir nachzukommen. Das wisst ihr genauso gut wie ich. Der Zorn, der uns träfe,
wenn wir ablehnten, könnte uns vernichten. <<
Erneut trat Stille ein, und alle
starrten betreten vor sich hin. Jeder schien im Geiste noch einmal die Folgen
abzuwägen, die es für alle haben könnte. Niemand wollte von einem Waldgeist
dieser Größe verflucht werden. Es gab nun mal Gesetzmäßigkeiten, die seit
Anbeginn der Welt Bestand hatten und denen man sich besser nicht wiedersetzte.
>>Auf der anderen Seite
wiederum bedeutet diese Aufgabe auch eine große Möglichkeit für uns<<,
fuhr der Seher fort. >> Überlegt einmal, weshalb der Menschenjunge gerade
zum Feld dieses Korngeistes geschickt wird. Er wird versuchen, die Seele einer
bestimmten Hexe zu finden. Es kann nichts anderes sein! Ein ganzes Feld voller
Seelen wird vor ihm liegen. Vielleicht wird er nicht einmal begreifen, welche
Macht ihm Zagel mit diesem Wissen zu Füßen legt. Und wir haben nach
Jahrtausenden der Unterdrückung und der Dispute mit den Magischen vielleicht
endgültig die Möglichkeit, das Geschlecht der Hexen auszulöschen! <<
Die Miene des Königs erhellte sich
und die Köpfe flogen nun nach rechts, weil alle sehen wollten, wie er darauf
reagierte.
>>Nun ...<<, brummelte
er und strich sich nachdenklich über den Bart, >>da hat Alvis ein kluges
Wort gesprochen! <<
>>Wird der Mensch denn in
der Lage sein, gegen die Muhme anzutreten? <<, fragte einer. >>Und
wird er vielleicht nur diese eine Seele suchen und die anderen verschonen? Wir
sollten ihm folgen und es selbst in die Hand nehmen. <<
Alvis antwortete: >>Würde
einer von uns diesen Frevel begehen und das Feld niederbrennen, dann würde er
einen unauflöslichen Fluch herauf beschwören und großes Unglück über unser Volk
bringen. Und unser Auftrag lautet ja nur, ihn zur Weltenesche zu bringen, und
nicht noch endlos weit ins Land hinein mit ihm bis zum Feld der Muhme zu
reisen. <<
>>Aber der Mensch... könnte
es tun<<, grinste der König nun als sei ihm gerade eine Idee gekommen.
>>Er könnte es niederbrennen und wir helfen ihm ja nur, an sein Ziel zu
gelangen und zu verstehen, dass es auch für die Menschheit eine Erlösung sein
würde, das gesamte Feld niederzubrennen. Zagel sagte nichts davon, dass wir ihn
nicht weiter als bis zur Weltenesche bringen dürfen, oder Alvis? <<
Er machte eine
bedeutungsschwangere Pause, um seinen Worten noch mehr Gewicht zu verleihen.
Dann wandte er sich dem in sich zusammengesunkenen Sonnwin zu.
>>Baldur Sonnwin Runkel,
Sohn der Sonne<<, begann der König in einem fast ehrfürchtigen Tonfall.
>>Wir alle wissen, dass du der Einzige bist, der die Welt dort oben kennt
und sie zu nehmen weiß. Ich erteile dir hiermit den Auftrag, die große Reise
anzutreten und mit dem Menschen bis zum Feld der Kornmuhme zu gehen. Nimm diese
Bürde wie ein Geschenk an und sei dir bewusst, dass du reich belohnt wirst,
wenn du glorreich wiederkehrst. Wenn du den Menschenjungen dazu gebracht hast,
alles in unserem Sinne zu beenden, wird dich niemals endender Ruhm und große
Ehre in den ewigen Hallen Swartalfheims erwarten. <<
26
Sonnwin träumte etwas in dieser
Nacht, das ihn mit einem Schrei wach werden ließ. Sobald er die Augen
aufschlug, und Gulda neben sich leise schnarchen hörte, vergaß er jedoch was er
im Traum
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