Die Kraft der Mitfuehlenden Kommunikation
aber sie entfremden uns auch unseren tieferen Gefühlen, besonders jenen, die wir brauchen, um uns an andere zu binden. In der Tat kann man sich so in abstrakten Konzepten verlieren, dass man teilweise den Kontakt zur Realität verliert. 15 Die Liebe ist ein ideales Beispiel dafür, weil man seine Idealvorstellungen leicht auf einen potenziellen Partner projizieren kann und sich so über die tatsächlichen Fehler des oder der Geliebten hinwegtäuscht. Warum braucht man so viele Jahre, um zu entdecken, was Liebe wirklich ist? Die Neurologie hat eine Antwort auf diese Frage: Die Liebe wird durch einen der kompliziertesten und komplexesten Schaltkreise ausgedrückt, die wir im Gehirn bisher gefunden haben. 16 Die Sprache der Liebe ist also vielleicht der komplizierteste Kommunikationsprozess überhaupt.
Abstrakte Vorstellungen können zu Quellen von Missverständnissen und Konflikten werden, weil wir nur selten unserem Gegenüber erklären, was diese komplexen Begriffe für uns bedeuten. Stattdessen gehen wir irrtümlich davon aus, dass andere Menschen automatisch denselben Inhalt mit einem Wort verbinden wie wir. Das ist aber nicht der Fall. Nehmen wir zum Beispiel das Wort »Gott«. Für unsere Forschungen haben wir mit verschiedenen Umfragen und Fragebögen Tausende Menschen befragt und herausgefunden, dass 90 Prozent der Teilnehmer Vorstellungen hatten, die signifikant von denen aller anderen abwichen. Selbst Menschen mit demselben religiösen oder spirituellen Hintergrund hatten fundamental unterschiedliche Vorstellungen vom Bedeutungsgehalt dieses Wortes. Und die meisten von ihnen machten sich überhaupt nicht klar, dass ihr Gesprächspartner unter »Gott« etwas ganz anderes verstand als sie selbst.
Daher unser Rat: Wenn Sie im Gespräch auf einen abstrakten Begriff stoßen, nehmen Sie sich die Zeit herauszufinden, was Sie und Ihr Gesprächspartner darunter verstehen. Setzen Sie nichts voraus. Wenn Sie sich die Mühe machen, wichtige Werte und Glaubenssätze zu besprechen, können Sie mit dieser Begriffsklärung spätere Konflikte und Verwirrungen vermeiden.
Die Macht des Ja
Wie steht es mit der Macht des Wortes »Ja«? Mit Hilfe von Gehirnscans konnten wir inzwischen eine gute Vorstellung davon gewinnen, was passiert, wenn man positive Wörter und Sätze hört. Und was sehen wir? Kaum etwas! Positive Wörter stellen ja keine lebensgefährliche Bedrohung dar, und unser Gehirn reagiert deshalb nicht so schlagartig darauf wie auf das Wort »Nein«. 17 Das ist allerdings ein Problem, denn die Belege dafür, dass positives Denken für die Entwicklung gesunder Beziehungen und hoher Arbeitsproduktivität wesentlich ist, werden immer mehr.
Können wir unser Gehirn darauf trainieren, besser auf ein »Ja« zu reagieren? Wir glauben schon, dass es geht, aber es ist eine indirekte Methode: Man muss sich intensiv und immer wieder auf positive Bilder, Gefühle und Annahmen konzentrieren. Es kommt dabei nicht darauf an, ob dieses positive Denken auf Wissenschaft, Wirtschaft oder Theologie gegründet ist. Auch positive irrationale Vorstellungen können bewiesenermaßen glücklicher und zufriedener machen. 18 Positives Denken kann sogar Menschen, die genetisch eher zur Niedergeschlagenheit neigen, zu einer besseren und optimistischeren Lebenseinstellung verhelfen. 19
In einer herausragenden Studie zur Positiven Psychologie wurde eine große Anzahl Erwachsener im Alter von 35 bis 54 Jahren gebeten, jeden Abend drei Dinge aufzuschreiben, die ihnen am jeweiligen Tag gut gelungen waren, und eine kurze Erklärung beizufügen. In den folgenden drei Monaten nahm ihr Glücksgefühl stetig zu, und die Niedergeschlagenheit nahm ständig ab, auch nach dem Ende des täglichen Niederschreibens. 20 Durch den Einsatz der Sprache zur Reflexion positiver Vorstellungen und Gefühle können wir also unser Gesamtbefinden und unsere Hirnfunktion verbessern.
Positive Wörter und Gedanken bringen die Motivationszentren des Gehirns auf den Plan 21 und helfen uns dabei, Widerstandskraft gegen die tausend Probleme des Lebens zu entwickeln. 22 Der weltweit führenden Glücksforscherin Sonja Lyubomirsky zufolge sollte man, wenn man lebenslange Zufriedenheit anstrebt, positiv über sich selbst denken, seine glücklichsten Erlebnisse mit anderen Menschen teilen und jedes positive Erlebnis bewusst auskosten. Wenn man sich dabei der Sprache bedient – innere Dialoge, Gespräche, Wortwahl, Sprechweise –, um Optimismus und Positivität zu verbreiten,
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