Die Kraft der Mitfuehlenden Kommunikation
der andere Autofahrer ja eines Tages einem Dritten einen ähnlichen Gefallen.
Dasselbe gilt auch für Konflikte am Arbeitsplatz. Wenn Sie Ihrem unfreundlichen Chef eine kleine Extraportion Mitgefühl schenken, bleibt Ihre finanzielle Absicherung erhalten. Freundlichkeit schafft Kooperation, und Kooperation schafft ein besseres Gehirn.
Kapitel 6
Die Sprache des Vertrauens
Das Gehirn ist ein gigantisches Kommunikationszentrum. Es besteht aus etwa 85 Milliarden Neuronen und 85 Milliarden Gliazellen, jede mit einem eigenen »Geist«. Sie sind effizient und kooperativ und gehen ständig Verbindungen miteinander ein und lösen sie wieder.
Dies ist das Speichergefäß unseres gesammelten Wissens, unserer Gefühle, Erinnerungen, Annahmen und Gewohnheiten, aber nur ein winziger Teil dieses großen Informationsschatzes ist dem Alltagsbewusstsein zugänglich – jene vier oder fünf Informationsbrocken, die wir höchstens eine halbe Minute lang im »Arbeitsgedächtnis« behalten können. Verglichen mit dem Rest unseres Gehirns, scheint sein bewusster Teil ziemlich ineffizient. Er hat einen äußerst begrenzten Blick auf die Realität und gleicht das durch zahlreiche Annahmen und Vermutungen aus.
Wie zutreffend ist dieses Bewusstsein konstruierende Weltbild? Wir wissen es eigentlich nicht und müssen im Grunde einfach darauf vertrauen, dass es zuverlässig und nützlich ist. Meistens funktioniert es auch ganz gut, aber es bietet trotzdem nur einen sehr begrenzten Zugang zur Realität in den Köpfen anderer Menschen. Wenn wir uns in einem bedeutsamen Gespräch befinden, dann versucht unser Gehirn, die Vertrauenswürdigkeit der Absichten und Worte anderer Menschen zu bewerten. Wenn wir kein Vertrauen herstellen können, kommt es weder zu einem Geschäft noch zum Verlieben.
Zuerst sollten wir »Vertrauen« kurz definieren. Das Lexikon gibt uns zu diesem Zweck eine Reihe von Begriffen zur Orientierung: »Hoffnung«, »Glaube«, »Verlässlichkeit«, »Zuversicht« und »Abhängigkeit«. In Beziehungen ist Vertrauen das, was wir einem anderen Menschen entgegenbringen, auf den wir uns zum Erreichen eines gemeinsamen Ziels verlassen. Aber Vertrauen kann man nicht direkt messen oder zählen. Wir können Geld zählen und Leistungen messen, wenigstens meistens, aber welches Maß an Vertrauen ist notwendig, damit es zu einem erfolgreichen Austausch kommt?
Weil das Gehirn den Worten anderer Menschen nicht viel Vertrauen schenkt, sieht es sich nach anderen Anzeigern für Vertrauenswürdigkeit um. Wir versuchen den Charakter anderer nach ihren Leistungen, Fähigkeiten und Stärken zu beurteilen, aber das Gehirn achtet auch besonders auf die Augen und den Mund sowie in geringerem Maße auf subtile Unterschiede im Tonfall. Insbesondere die Sprache der Augen und der Lippen sind wichtige Auslöser der Vertrauensschaltkreise des Gehirns. Und weil es einfacher ist, ein vertrauenswürdiges Lächeln nachzuahmen, achtet das Gehirn stärker auf die unwillkürlichen Muskelbewegungen um die Augen.
Ein bestimmter Blick zieht uns an, während wir einen anderen abstoßend finden, und ein aufmerksamer Beobachter braucht nur Sekunden, um diese physiologische Veränderung zu registrieren. Aus der Perspektive der Neurologie bewahrheitet sich also der alte Satz: Wenn es um Vertrauen geht, zählt der erste Eindruck. Entdecken wir Anzeichen von Freude, wächst unser Vertrauen, sehen wir aber auch nur ein klein wenig Ärger oder Furcht, geht das Vertrauen schnell zurück. 1
Ehrlichkeit und Täuschung
Wir brauchen den Blick ins Gesicht des Gegenübers, um seine Vertrauenswürdigkeit einschätzen zu können, aber sowie wir bemerken, dass jemand uns anschaut, geht das Gehirn kurz in einen Zustand der Ängstlichkeit und Wachsamkeit über, während es entscheidet, ob der Betreffende Freund oder Feind ist. Daraus entsteht natürlich ein Dilemma, was den ersten Eindruck angeht, denn der zeigt wahrscheinlich ein ängstliches und daher nicht vertrauenswürdiges Gesicht – wenn derjenige, den wir anschauen, das bemerkt.
Dieses neurologische Problem mahnt, dass der erste Eindruck in Wirklichkeit immer nur eine Ahnung von Charakter und Integrität des Gegenübers vermitteln kann. Das gilt auch, wenn es um Liebe auf den ersten Blick geht. Wenn Sie von jemandem diesen besonderen Blick auffangen, der Begehren signalisiert, dann ist der Absender oder die Absenderin mit den Gedanken vielleicht ganz woanders. Sie glauben dann, er oder sie sei an Ihnen interessiert, aber
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