Die Kraft der Mitfuehlenden Kommunikation
möglich. Wie hoch kann Ihre Positivitätsrate steigen, bevor es keine zusätzlichen Nutzeffekte mehr gibt? Elf zu eins.
Mitfühlende Kommunikation im Gesundheitswesen
Wenn man in einer schnelllebigen Branche wie dem Handel arbeitet, können die Strategien der Mitfühlenden Kommunikation die eigene Fähigkeit steigern, mit dem Kunden in Resonanz zu treten und ihm Empathie zu zeigen. Das gilt auch für das Gesundheitswesen, besonders in Krankenhäusern, wo ich, Andy, den größten Teil meines Berufslebens verbringe. In dieser Umgebung, wo sich alles um Menschen dreht, kann der Alltagsstress so groß sein, dass es sehr kontraproduktiv wirkt, sich die Zeit zum langsamen Sprechen zu nehmen.
Ich muss oft geradezu rennen, wenn ich zwischen dem Krankenhaus, den Hörsälen und Seminarräumen und der Kantine unterwegs bin – Letzteres nur, falls ich Zeit zum Essen habe. Wenn man es eilig hat, denkt man an die nächste Aufgabe, nicht daran, was der Gesprächspartner sagt. Das untergräbt die zwischenmenschlichen Beziehungen. Wenn man aber seinem Personal nicht zuhört, kann es zu Behandlungsfehlern kommen, die letztlich sogar das Leben der Patienten gefährden. Wir müssen langsamer werden, auch wenn wir die Zeit dafür nicht haben, sonst stirbt womöglich jemand.
Mangelhafte Kommunikationsfähigkeit ist in den ärztlichen Berufen häufig. Das fängt schon bei den Befragungen während der Aufnahmeprüfungen für das Medizinstudium an den amerikanischen Universitäten an, und ich erlebe es ständig bei den Bewerbungsgesprächen für Stellen in meinem Forschungsteam. Die Bewerber gehören oft entweder zu denen, die zu viel reden, oder zu denen, die kaum ein Wort herausbringen. Weil ich auf Mitarbeiter angewiesen bin, die schnell und intensiv auf andere eingehen können, sehe ich mir ihr nonverbales Kommunikationsverhalten genau an.
Die Vielsprecher legen sofort los, geben mir eine Zusammenfassung ihres Lebenslaufs und reden manchmal sogar über das Wetter oder beschweren sich über eine andere Komponente des Bewerbungsverfahrens. Ich unterbreche sie nicht, sondern sage nur irgendwann: »Gut, das Gespräch ist beendet.« Ein solcher Bewerber gibt mir keine Möglichkeit, irgendeine Beziehung zu ihm aufzubauen, und das kostet ihn die Chance einer Anstellung bei mir.
Die Wortkargen verhalten sich ganz anders. Ich stelle ihnen wichtige Fragen, etwa: »Wie könnte man Ihrer Meinung nach die Gesundheitsvorsorge an diesem Krankenhaus verbessern?« Sie antworten: »Das ist ziemlich kompliziert.« Ich sitze da und warte auf die Fortsetzung, aber mehr kommt nicht. Oder ich frage einen Bewerber nach einem Projekt, an dem er gerade arbeitet und das auch für meine Forschung relevant sein könnte. Man sollte meinen, er freue sich, über seine Arbeit sprechen zu können, aber die ganze Antwort lautet: »Es ist wirklich interessant.« Ich muss also jemandem jedes Wort aus der Nase ziehen, der sich um eine Anstellung bewirbt, die intensive zwischenmenschliche Dialoge mit Patienten und Krankenhauspersonal erfordert!
In beiden Fällen ist die Ursache des Problems gewöhnlich, dass der Bewerber sehr nervös ist. Angstgefühle lassen manche Menschen redselig werden und andere erstarren. 17 Mark und ich haben daher Mitfühlende-Kommunikations-Programme entwickelt, die Berufsanfängern im Gesundheitssektor zeigen, wie man sich entspannt, angemessenen Augenkontakt herstellt (viele Bewerber können es nicht) und so weit Meister der Situation ist, dass man einen sinnvollen Dialog zustande bringt.
Forscher der University of Southern Mississippi in Hattiesburg bedienen sich einer Strategie, die der Mitfühlenden Kommunikation sehr ähnelt. Sie verbessern die Bewerbungskompetenz von Studierenden im Hauptstudium mit der Strategie »Innehalten – Überlegen – Sprechen«. Wenn man ihnen eine Frage stellt, identifizieren sie die Schlüsselworte darin, nehmen Augenkontakt auf und geben eine konzentrierte Antwort. 18
Außerdem haben wir im Rahmen der Mitfühlenden Kommunikation mit der Entwicklung eines Stressabbauprogramms für Chirurgen an einer bekannten kalifornischen Klinik begonnen. Chirurgie ist ein extrem belastendes Fach mit hoher Burnout-Rate, aber in jedem Beruf ist Stress ein Faktor, der die Leistung vermindert. Jeder, bei dessen Arbeit es um Leben und Tod geht – Feuerwehrleute, das Personal in der Notaufnahme, sogar ein Klempner, der mitten in der Nacht gerufen wird, um ein Haus vor der Überflutung zu retten –, muss äußerst ruhig
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