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Die Kreatur

Die Kreatur

Titel: Die Kreatur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Bett oder bei einem Sarg der Fall gewesen wäre. Der Entwurf des Gegenstandes gab ihr keinen Hinweis darauf, aber schließlich entschied sie aufgrund reiner Intuition, das Kopfende müsse an der Seite sein, die am weitesten von der Tür entfernt war.
    Erika beugte sich vor. Sie beugte sich tiefer und immer tiefer hinunter, brachte ihr Gesicht dicht an die Oberseite des Behälters, lugte gebannt in den bernsteinfarbenen Dunst, rückte noch näher und hoffte, wenigstens einen vagen Hinweis auf die Konturen oder die Konsistenz des verschwommenen Gebildes in seinem Innern zu erhalten.
    Als ihre Lippen keine fünf Zentimeter mehr vom Glas
entfernt waren, sagte sie leise: »Hallo, hallo, hallo, du da drinnen. «
    Diesmal bewegte es sich ganz eindeutig.

44
    Nick mit der Hundenase stand am Rand der Grube und atmete tief den Gestank ein, den ihm eine leichte, gleichsam aus der untergehenden Sonne hervorbrechende Brise in die Nase wehte.
    Vor mehr als einer Stunde hatte der letzte Laster des Tages seine Ladung ausgekippt, und die Mülldeponie Crosswoods hatte ihre Tore bis zum Morgengrauen geschlossen. Jetzt war sie eine Welt für sich, ein Universum, das von einem Sicherheitszaun umgeben war.
    In der kommenden Nachtwürde es Nick Friggs Mitarbeitern freistehen, zu sein, wer sie waren und was sie waren. Sie konnten tun, was sie wollten, ohne sich Sorgen machen zu müssen, ein Lastwagenfahrer der Alten Rasse könnte ein Benehmen an ihnen sehen, das ihre aufgesetzte Pose als normale Müllmänner Lügen strafte.
    In der Westgrube unter ihm rammten Mitarbeiter in dem Bereich, wo die Beerdigungen stattfinden würden, Sturmlaternen an langen Stangen in das Abfallfeld. Nach Anbruch der Nacht würden sie die Öllampen am oberen Ende jedes Pfahls anzünden.
    In Anbetracht ihres geschärften Sehvermögens brauchten Nick und seine Leute nicht so viel Licht, aber für diese Zeremonielle schufen Sturmlaternen die perfekte Stimmung. Sogar die Angehörigen der Neuen Rasse, sogar Gammas wie Nick und sogar unwürdige Epsilons wie die Mannschaft, der
er vorstand, konnten sich für eine gute Inszenierung und dramaturgisches Können begeistern.
    Vielleicht sogar vor allem die Epsilons. Sie waren natürlich intelligenter als Tiere, aber in gewisser Weise ähnelten sie Tieren, insbesondere in ihrer Einfalt und in ihrer leichten Erregbarkeit.
    Manchmal kam es Nick Frigg so vor, als würden diese Epsilons, je länger sie hier in Crosswoods lebten und so gut wie keinen Kontakt zu anderen Gammas außer ihm hatten und überhaupt nicht mit Betas oder Alphas in Berührung kamen, zusehends einfältiger und animalischer, ganz so, als könnten sie, sowie sie keinen Kontakt zu Angehörigen der höheren Schichten der Neuen Rasse hatten, die ihnen als Vorbilder dienten, selbst den kärglichen Wissensstand und die bescheidenen Verhaltensnormen nicht beibehalten, die während ihrer Zeit in den Tanks durch Downloads in ihre Gehirne gelangt waren.
    Nach den Bestattungen würde die Belegschaft feiern, sehr viel trinken und Sex miteinander haben. Sie würden sich hungrig auf das Essen stürzen, die Zähne in die Nahrung graben und sie gierig verschlingen. Der Schnaps würde direkt von der Flasche in den Mund fließen, unvermischt und unverdünnt, um seine Wirkung zu maximieren und zu beschleunigen. Der Sexwürde erst eifrig und selbstsüchtig betrieben werden, dann beharrlich und zornig, dann brutal und grimmig, und jedem Verlangen würde nachgegeben, jede Empfindung ausgelebt werden.
    Sie würden Linderung ihrer Einsamkeit finden, ihrer Bedeutungslosigkeit. Aber die Linderung stellte sich nur währenddessen ein, ob beim Essen, beim Trinken oder beim Sex. Hinterher würde das Leid zurückkehren und noch unerträglicher sein als zuvor. Aber das vergaßen sie jedes Mal wieder. Weil sie es vergessen mussten .
    Im Augenblick befanden sich Gunny Alecto und andere
Kollegen im Kühlraum, um die fünf menschlichen Leichen und die drei toten Schiefgegangenen auf zwei Tieflader mit Vierradantrieb zu packen, die sie zum Schauplatz des Zeremoniells transportieren würden. Die Kadaver der Alten Rasse würden auf den einen Laster geladen werden, die Schiefgegangenen auf den anderen.
    Die Toten der Alten Rasse würden mit weniger Respekt befördert werden als die Schiefgegangenen; genau genommen würde es an jeglichem Respekt ihnen gegenüber fehlen. Ihre Leichen würden grotesken Erniedrigungen ausgesetzt werden.
    In der Klassenordnung der Neuen Rasse hatten die Epsilons

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