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Die Kreatur

Die Kreatur

Titel: Die Kreatur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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oder wenigstens laut schrien.
    Einer der Männer war enthauptet, entmannt und zerstückelt eingetroffen. Die Mannschaft von Crosswoods hatte die Einzelteile mit gehässiger Schadenfreude zusammengesetzt, den Kopf so angebracht, dass er nach hinten schaute, und für die Genitalien einen lustigen neuen Platz gefunden.
    Als der Lastwagen näher kam, begann die versammelte Mannschaft, die Toten begeistert zu verhöhnen, sie mit spöttischem Gelächter zu bedenken und sie mit lauten Rufen anzufeuern.
    Epsilons, die in der starren Gesellschaftsordnung auf der untersten Stufe standen, war es nicht gestattet, andere Angehörige ihrer eigenen Rasse zu verachten, sondern ausschließlich Männer und Frauen mit nur einem Herzen, die behaupteten, Gottes Kinder zu sein, aber nicht einmal fähig waren, ihr Schmerzempfinden abzustellen, und die erstaunlich leicht starben. Mit Hohngeschrei und gehässigem Gelächter verliehen diese primitivsten Erzeugnisse der Tanks ihrem Abscheu Ausdruck und machten somit ihre Überlegenheit geltend.
    Als der Lastwagen anhielt, blickte die Mannschaft aufgeregt zu Nick auf, der genau in der Mitte stand. Als Gamma unter Epsilons musste er ihnen als Beispiel vorangehen, obwohl sie selbst und nicht etwa er sich dieses Zeremoniell ausgedacht und diese Rituale entwickelt hatten.
    Aus seinem Eimer schöpfte er eine stinkende Masse. In einer
Mülldeponie hatte man stets verfaultes Obst und Gemüse zur Hand, Schmutz in unzähligen Varianten, hier etwas Verdorbenes und dort etwas Ranziges. Im Lauf des Tages hatte er besonders ekliges Zeug zusammengetragen. Jetzt schleuderte er mit einem Ausruf der Verachtung die erste Hand voll auf einen der Kadaver auf der Ladefläche.
    Das Geräusch, mit dem die eklige Masse ihr Ziel traf, entlockte den Epsilons Jubel. Sie folgten Nicks Beispiel, schöpften widerliche Klumpen aus ihren Eimern und ließen sie auf die Toten hageln, die aufrecht an die Pfähle gefesselt waren.
    Während die Leichen diesen Hagel von Geschossen über sich ergehen ließen, wurden die Jubelrufe der gehässigen Meute gemeiner, grimmiger und lauter und zunehmend weniger deutlich artikuliert. Das Gelächter wurde zu schrill, um auch nur noch die geringste Fröhlichkeit auszudrücken, und dann wurde es so erbittert, dass man es gar nicht mehr für ein Lachen halten konnte.
    Als die Epsilons ihre Munition verschossen hatten, warfen sie erst die leeren Eimer und stürzten sich dann selbst auf den Lastwagen und zerrten leidenschaftlich an den Fesseln, mit denen die Kadaver an die Pfähle gebunden waren. Die besudelten, tröpfelnden Leichen, die sie losgebunden hatten, stießen sie vom Lastwagen in eine nahe gelegene flache Senke im Müllfeld, die als Massengrab dienen würde.
    Nick Frigg kletterte zwar nicht gemeinsam mit seiner kreischenden Mannschaft zu den Schandpfählen auf der Ladefläche hinauf, doch der Zorn und der Hass seiner Leute erregten ihn und entflammten seinen eigenen Groll gegen diese angeblich von Gott geschaffenen Leute, die einen freien Willen, Würde und Hoffnung für sich beanspruchten. Er feuerte die Bewohner von Crosswoods an, schleuderte sein fettiges Haar durch die Luft, schüttelte seine geballten Fäuste und spürte, wie ihm der Gedanke Auftrieb gab, dass seinesgleichen sich in absehbarer Zukunft in all seiner unmenschlichen Grausamkeit
offenbaren und der selbstzufriedenen Alten Rasse zeigen würde, wie schnell man ihr den freien Willen nehmen konnte, wie brutal ihre Würde zerstört und wie restlos ihre jämmerliche Hoffnung für alle Zeiten ausgerottet werden konnte.
    Jetzt kamen die symbolischen Ermordungen.
    Sobald die fünf Kadaver vom Lastwagen geworfen waren, stürmten die Epsilons mitsamt dem Fahrer unter lautem Gebrüll zum Massengrab.
    Sie sehnten sich danach zu töten, verzehrten sich danach zu töten, hatten ihr Leben lang stets ein Bedürfnis zu töten, ein intensives Bedürfnis, das sie regelrecht quälte, und doch war es ihnen verboten, ihrem Zorn freien Lauf zu lassen, solange ihr Schöpfer ihnen die Erlaubnis nicht erteilte. Das Kapital ihrer Wut vermehrte sich tagtäglich um den Zins und den Zinseszins, den ihnen die Frustration ihres Lebens in Ketten eintrug, bis sie so davon erfüllt waren, dass jeder Einzelne von ihnen ein wahrer Hort der Wut war.
    Bei den symbolischen Tötungen konnten sie wenigstens einen Bruchteil ihrer Wut abbauen. Sie stakten und stapften, stampften und traten, sie zermalmten mit ihren Absätzen, sie schlangen einander die Arme um die

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